Die große Überraschung 2017 war der Euro: Die Gemeinschaftswährung legte auf 1,20 zu. Viele MArktbeobachter sind in ihren Prognosen umgeschwenkt und zeigen sich jetzt bullisch für den Euro. Wir meinen: Bis 2025 könnte der Euro auf 1,80 Dollar steigen. 2018 dürfte der Dollar allerdings erst mal ein Stück aufholen, sagt Stephan Albrech von der Albrech und Cie. Vermögensverwaltung.
Währungsprognosen sind eine ziemlich heikle Sache, denn im Grunde gibt es kaum Bezugsgrößen, an denen man sich einigermaßen verlässlich orientieren kann. Während für den Aktienmarkt Größen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis zur Verfügung stehen – ohne deshalb perfekt zu sein – fehlen solche Parameter im Billionen schweren Devisenmarkt fast komplett. Woran also soll man sich orientieren? Drei Möglichkeiten sehen wir: erstens zyklische Bewegungen am Devisenmarkt, zweitens die technische Analyse dieses Marktes und drittens die Positionierung der Spekulanten an den Terminbörsen.
Zum Euro-Dollar-Zyklus: Das Währungspaar Euro/Dollar wechselt in Abständen von sieben bis neun Jahren die grundlegende Richtung. Demnach verzeichnete der Euro 1985, 2001 und wohl 2017 ein jeweils mehrjähriges Tief, von dem aus sich die Gemeinschaftswährung teils im Wert verdoppelte. Nimmt man das Tief von 1,04 Dollar im Jahr 2017 als Ausgangspunkt, erscheint ein Euro-Stand von 1,80 US-Dollar bis zum Jahr 2025 keinesfalls als abwegig.
Quelle: Prorealtime.de / Stephan Albrech
Zur aktuellen Euro-Stärke: Wegen fehlender verlässlicher Parameter nutzen viele Akteure am Devisenmarkt die technische Analyse als Orientierungshilfe. Unser langfristiger Optimismus in Sachen Euro basiert auf dem Chartbild der vergangenen 30 Jahre (s.Grafik), wobei jede Kerze einen Monat darstellt. Mehreres ist darauf zu erkennen: Erstens lassen sich die Tiefpunkte von 1985, 2001 und 2017 zu einer aufsteigenden Linie verbinden, was bedeutet: Die Gemeinschaftswährung befindet sich gegenüber dem US-Dollar in einem langfristigen Aufwärtstrend.
Zweitens ähnelt der aktuelle Anstieg (rechte blaue Ellipse) fast aufs Haar dem Beginn der Euro-Hausse in den Jahren 2001/02 (blaue Ellipse in der Bildmitte). Aber: Die fallende Linie in der rechten Bildhälfte, die im Jahr 2008 ihren Anfang nahm, stellt (zunächst) ebenso ein Hindernis für den Euro dar wie die Waagerechte, die sich durch die Tiefpunkte der Jahre 2009 bis 2012 ziehen lässt. Beide Linien, die letztlich von den Euro-Verkäufern geschaffen wurden, treffen sich bei 1,25 US-Dollar, wo wir mit einem gewissen Widerstand rechnen.
Quelle: Prorealtime.de / Stephan Albrech
Zu den Terminbörsen: Zur Erwartung, dass es rund um die Marke von 1,25 Dollar eine zeitweilige Korrektur geben wird, passt die rekordverdächtige Positionierung der großen, meldepflichtigen Spekulanten an den Terminbörsen. Sie sind so bullisch für den Euro wie noch nie seit dem Jahr 2000, sodass wir uns fragen: Wer ist denn jetzt noch übrig, um den Euro-Kurs weiter zu treiben? Gut, China kann immer ein paar hundert Milliarden auf den Markt werfen, doch der extreme Optimismus der sogenannten Large Specs ist kurzfristig eher ein Kontra-Indikator als eine Stütze für den Euro.
Interessanterweise zeigt der Zoom-Blick auf den Euro – jede Kerze stellt eine Woche dar –, dass sich nicht nur die Abwärtslinie aus 2009 und der waagerechte Widerstand bei rund 1,25 Dollar treffen. Wird diese Marke erreicht, sind auch knapp zwei Drittel des Absturzes des Euro von 1,4 auf 1,04 Dollar gutgemacht. Nach unserer Erfahrung erlahmt der Kaufdruck nach einem Rücklauf um zwei Drittel meist, bevor er sich erneut sammelt.
Fazit: Wir erwarten, dass der Euro zwischen Frühjahr und Herbst auf 1,15 bis 1,18 Dollar sinkt, bevor er den langfristigen Aufwärtstrend erneut aufnehmen kann.
Von: Stephan Albrech
Quelle: Das Investment