Die Grünen heben das Thema Share Deals auf die Tagesordnung der Jamaika-Verhandlungen. Das Grunderwerbsteuer-Schlupfloch soll geschlossen werden. Der Immobilienverband ZIA hält dagegen: Share Deals dürfen politisch nicht verteufelt werden. Mögliche Änderungen könnten zudem gegen das Grundgesetz verstoßen.„Die Paradise Paper-Enthüllungen über die Steuertricks der Investmentgesellschaft Phoenix Spree zeigen erneut, dass Share-Deals auf die Tagesordnung gehören“, so Lisa Paus, Finanzexpertin der grünen Bundestagsfraktion, gegenüber der Immobilien Zeitung. „Das Beispiel veranschaulicht, wie die 95-Prozent-Regelung durch Scheinfirmen unterlaufen wird.“
Der Hintergrund: Die Berliner Immobiliengesellschaft Phoenix Spree besitzt laut Paradise Papers rund 1.700 Wohnungen und unterhalte Briefkastenfirmen auf Jersey, um Steuern zu vermeiden. Zudem nutzt die Immobilienfirma demnach in großem Stil sogenannte Share Deals, um keine Grunderwerbsteuer zahlen zu müssen. Dabei werden nicht die Immobilien selbst veräußert, sondern Anteile der Eigentümergesellschaft, der die Objekte gehören. Erwirbt der Käufer weniger als 95 Prozent an einer solchen Objektgesellschaft, fällt keine Grunderwerbsteuer an.
Bei Millionentransaktionen müssten Investoren darum oft keinen Cent an den Staat entrichten, während alle anderen brav die Grunderwerbsteuer zahlen. „Das ist weder den ehrlichen Steuerzahlern noch den Mietern, die unter steigenden Mietpreisen und Renditedruck leiden, zu vermitteln“, schimpft Paus gegenüber der Immobilien Zeitung: „Es ist uns wichtig diese Ungerechtigkeit zu beseitigen.“ Deshalb setzen Grünen das Thema bei den Koalitionsverhandlungen auf die Tagesordnung. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Beendigung der Steuerbefreiung von der Grunderwerbsteuer großer Immobilienverkäufe in Form von Share-Deals in den Koalitionsvertrag aufgenommen wird“, so Paus. Die Schwelle, bei der keine Grunderwerbsteuer anfällt, solle deutlich auf 50 bis 75 Prozent gesenkt werden.
Share Deals dürfen politisch nicht verteufelt werden, hält der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) dagegen: „Share Deals sind ein wichtiges Instrument unserer Branche, damit etwa ein Grundstück innerhalb einer Projektentwicklung nicht doppelt mit Grunderwerbsteuerzahlungen belastet wird. Darüber hinaus sind RETT-Blocker wichtig, damit Immobilien-Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns nicht grunderwerbsteuerpflichtig werden. Diese Tatbestände werden politisch nicht berücksichtigt“, erklärt ZIA-Präsident Andreas Mattner. Stattdessen sprechen einzelne Politiker von Steuertrickserei. „Share Deals sind gesetzlich legitimiert – aus gutem Grund. Eine Trickserei findet nicht statt“, so Mattner.
„Die Diskussion im Rahmen der Grunderwerbsteuer-Reform geht vollständig in die falsche Richtung. Die Steuereinnahmen der Länder liegen angesichts der teilweise starken Erhöhungen der Steuersätze in den vergangenen zehn Jahren auf einem historisch hohen Niveau. Doch statt über Erleichterungen für Immobilienkäufer und -entwickler zu diskutieren, wollen einzelne Länder ihre Einnahmen zu Lasten von Mietern und Käufern noch weiter erhöhen“, so Mattners Kollege Hans Volkert Volckens, Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Steuerrecht.
14 von 16 Bundesländern haben den Grunderwerbsteuersatz seit 2007 von ursprünglich 3,5 auf bis zu 6,5 Prozent erhöht. „Wenn wir jetzt zulassen, dass Grundstücke beispielsweise für den Mietwohnungsbau doppelt belastet werden, trifft das letztlich die Mieter. Die Auswirkungen für die deutsche Wirtschaft, die ein bedeutender Immobilienbestandshalter für die eigene Nutzung ist, sind nicht einmal absehbar. Sollte jede Umstrukturierung nun grunderwerbsteuerpflichtig werden, trifft das die gesamte Industrie mitten ins Herz“, so Volckens.
Außerdem birgt das Schließen des größten deutschen Steuerschlupflochs „verfassungsrechtliche Risiken“, wie aus einem internen Bericht „zu Steuergestaltungen bei der Grunderwerbsteuer“ an die Finanzministerkonferenz hervorgeht, heißt es in der Wirtschaftswoche
.In dem Papier analysieren die Steuerabteilungsleiter von Bund und Ländern auf 19 Seiten die rechtlichen Probleme im Kampf gegen Steuertricks bei Immobilienkäufen darstellen. Der Plan der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die steuerbefreiende 95-Prozent-Schwelle auf 75 oder gar 50 Prozent zu senken, könnte demnach gleich mehrfach gegen das Grundgesetz verstoßen, so die Steuerexperten. Auch könnte dann die Grunderwerbsteuer dem Bund und nicht mehr den Ländern zustehen. Bereits seit gut einem Jahr versucht eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern, die Steuerlücke zu schließen.
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Quelle: Das Investment