Mifid II hat Konsequenzen für die Altersvorsorge von Beratern. Wer Provisionen vereinnahmt, muss künftig im Gegenzug eine qualitätsverbessernde Dienstleistung für seine Kunden nachweisen. Im Interview erklärt Wesselin Kruschev, Managementberater der Unternehmensberatung Capco in Frankfurt/Main, wie groß das Rentenrisiko wirklich ist.
Herr Kruschev, wenn Mifid II in Kraft tritt, müssen laufende Provisionen durch regelmäßige Dienstleistungen gerechtfertigt werden. Was bedeutet das konkret?
Wesselin Kruschev: Hier muss ich etwas präzisieren. Die Voraussetzung, um weiterhin eine Bestandsprovision für einen Kunden zu erhalten, ist laut Mifid-II-Richtlinie eine Qualitätsverbesserung in der Beratung, keine laufende Dienstleistung. Bestandsprovisionen können also nur durch Leistungen gerechtfertigt werden, die die Qualität der Beratung steigern.
Was genau wäre denn eine Qualitätsverbesserung in der Beratung?
Kruschev: Eine laufende Betreuung allein bedeutet nicht automatisch Qualitätsverbesserung. Manche Kunden wollen ja gar nicht regelmäßig beraten werden. Zur Qualitätsverbesserung gehört zum Beispiel, dass Berater einen Zugang zu einer breiten Palette an Anlageprodukten bieten. Auch die Bereitstellung von Informationsinstrumenten, die dem Kunden einen Mehrwert verschaffen, gehört dazu. Das können zum Beispiel Online-Tools sein. Es ist allerdings noch nicht abschließend definiert, was genau als Informationsinstrument gilt. Das wird sich in der Praxis herausstellen.
Viele Berater betrachten Bestandsprovisionen als wichtigen Teil ihrer Altersvorsorge. Ist ihre Rente nun gefährdet?
Kruschev: Die Diskussion um die Zulässigkeit von Beraterprovisionen ist ja nicht neu. Richtig ist: Für Berater sind Provisionen eine zusätzliche Einkommensquelle, die sie teilweise auch nutzen können, um ihre Altersvorsorge aufzubauen. Wenn der gesetzliche Rahmen das nicht mehr hergibt, ist dieser Bestandteil für den Aufbau der Altersvorsorge nicht mehr da. Ich bezweifle aber, dass Berater sich auf Provisionen als alleinige Einkommensquelle im Ruhestand verlassen. Das wäre ziemlich unklug.
Zum Teil haben Berater ihre Bestände auch an Maklerpools verkauft und erhalten im Gegenzug weiterhin die Bestandsprovision, die für die nicht mehr von ihnen betreuten Kundendepots fließt. Sind diese Zahlungsströme künftig noch erlaubt?
Kruschev: Nein. Von einer Qualitätsverbesserung kann man bei solchen Arrangements nicht ausgehen. Das bedeutet ganz klar: Die Bestandsprovisionen für solche Berater dürfen künftig nicht mehr fließen. Diese Einkommensquelle entfällt.
Ist Beratern das mögliche Problem durch die Umstellung auf MiFID II bekannt?
Kruschev: Ich denke schon. Viele Maklerpools, aber auch Produktanbieter führen Informationsveranstaltungen zu Mifid II durch, diverse Medien veröffentlichen Material zu den Gesetzesänderungen. Die neuen Regelungen betreffen viele Aspekte des Berateralltags. Bestandsprovisionen sind natürlich ein Teil davon. Informationen dazu gibt es genug. Wer sich informiert hat, wird Bescheid wissen.
Was empfehlen Sie Beratern, die ihre Bestände noch nicht an einen Maklerpool ausgelagert haben, aber darüber nachdenken?
Kruschev: Ein Verkauf ist nur dann sinnvoll, wenn Berater bewusst auch auf Bestandsprovisionen zu verzichten bereit sind. Diese kann man natürlich auch im Verkaufspreis berücksichtigen, aber das ist etwas, was zwischen Käufer und Verkäufer zu regeln ist. Wenn man nicht beabsichtigt, aus dem Geschäft auszusteigen, ist ein Verkauf des Bestandes nicht sinnvoll.
Gibt es Alternativen zu Bestandsprovisionen, mit denen Berater sich trotz MiFID II fürs Alter absichern können?
Kruschev: Bestandsprovisionen sind ja noch nicht gänzlich Geschichte. Für jemanden, der aktiv arbeitet und seinen Kunden die geforderten Qualitätsverbesserungen anbietet, dürfte es kein Problem sein, auch in Zukunft Provisionen zu erhalten. Die Mifid-II-Regelung zielt auf die Fälle, in denen die Bestandsprovisionen ohne Gegenleistung des Beraters fließen.
Wie können Berater nun weiterhin Erträge aus ihrem Bestand generieren?
Kruschev: Grundsätzlich können Berater überall dort, wo sich Leistungen separat bepreisen lassen, Erträge aus ihrem Kundenbestand generieren. Berater sollten schauen, wo und wie sie ihren Kunden zusätzlichen Service bieten können: etwa dadurch, dass sie exklusive Informationsquellen zugänglich machen, die Risiken im Depot eines Kunden überwachen oder neue Produkte und Tools anbieten. Vieles, was über die übliche Kundenbetreuung hinausgeht, kann vom Kunden auch entsprechend honoriert werden. Letztlich geht es darum, Kunden einen Mehrwert in der Beratung zu bieten.
Wesselin Kruschev ist Managing Principal bei der auf Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmensberatung Capco in Frankfurt am Main. Er fokussiert sich unter anderem auf regulatorische Themen im Umfeld von Asset und Wealth Management.
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Autor: Fidelity International
Quelle: DAS INVESTMENT.