SJB | Korschenbroich, 28.07.2015. „Derzeit sind viele weiß angestrichene Schwarze Schwäne unterwegs“, meint Martin Siegel. Warum der Chef der Investmentboutique Stabilitas mit einem baldigen Finanzmarkt-Crash rechnet und was das Verhalten der Aufsichtsbehörden mit dem Goldpreiseinbruch zu tun hat, erklärt er im Gespräch mit DAS INVESTMENT.com.
DAS INVESTMENT.com: Am Montag hat der Goldpreis ein Fünfjahrestief erreicht. Damit bleibt das Edelmetall auf Talfahrt, auch die Goldminenaktien stürzen nach unten. Sind die jüngsten Turbulenzen nur das Ergebnis von Spekulationen? Oder gibt es andere fundamentale Gründe?
Martin Siegel: Wäre der Goldpreis in den letzten Wochen auf ein neues Allzeithoch gestiegen, hätten die Journalisten keine Mühe gehabt, Gründe für den Anstieg zu nennen. Da die Interessen des IWF, der EZB und der Investmentbanken derzeit gleichgerichtet auf einen fallenden Goldpreis sind, kann sich der Goldpreis dem aktuellen Abwärtstrend nicht entziehen. Dass Verkaufsaktionen, wie die am frühen Montag im dünnen asiatischen Handel, die den 20. Juli, die den Goldpreis innerhalb von wenigen Minuten um über 50 US-Dollar pro Unze drücken, nicht von der Börsenaufsicht sanktioniert werden, wirft kein gutes Licht auf die sogenannten freien Märkte.
Geht es weiter abwärts mit Goldtiteln?
Siegel: Die Goldminenaktien befinden sich im freien Fall und haben bereits das Niveau von 2001 erreicht, als der Goldpreis die Aufwärtsbewegung bei einem Preis von 250 US-Dollar pro Unze startete. Für strategisch orientierte Investoren ergibt sich aus der aktuellen Bewertung der Goldminenaktien ein längerfristiges Gewinnpotenzial von mehreren Hundert Prozent.
Wo sehen Sie einen Boden für Gold? Und reicht der Preis für die Minengesellschaften aus, um wirtschaftlich zu fördern?
Siegel: Die ersten Goldminengesellschaften haben die Produktion bereits eingestellt oder gedrosselt. Viele Gesellschaften haben die Exploration aus Geldmangel eingestellt, so dass auslaufende Minen nicht mehr durch neue Minen ersetzt werden. Sollte der Goldpreis nicht zulegen, wird die Minenproduktion in den nächsten 5 Jahren weltweit deutlich einbrechen.
Was muss passieren damit Gold die Kurve bekommt?
Siegel: Derzeit sind viele weiß angestrichene Schwarze Schwäne unterwegs. Der nächste Schauer wird massive negative „Überraschungen“ für das Finanzsystem aufzeigen. Sämtliche Parameter, die zur Auslösung der Finanzkrise 2007 geführt haben, liegen heute auf einem schlimmeren Niveau. Das aktuelle Papierkreditgeldscheinsystem befindet sich in einer Auflösungskrise – vorübergehend ist dies für die Masse der Bevölkerung jedoch nicht wahrnehmbar.
Nach den jüngsten Entwicklungen: Wann rechnen Sie mit einem nachhaltigen Anstieg des Goldpreises?
Siegel: Überall sind Wolken aufgezogen und es ist nur eine Frage der Zeit bis die weißen Schwäne ihre wahre Farbe preisgeben müssen.
Würden Sie jetzt Gold kaufen oder lieber noch abwarten?
Siegel: Eine Versicherung kaufe ich am besten, wenn die Prämien niedrig sind.
Von: Oliver Alegiani
Quelle: DAS INVESTMENT.