SJB | Korschenbroich, 17.06.2015. Zusammen mit Thorsten Becker und Arun Daniel betreut Vince Rivers den im Oktober 2014 gestarteten JO Hambro US Small Mid Cap Equity. Im Interview spricht der Nebenwerte-Experte über die deutlich verbesserte Stimmung in den USA, die Auswirkungen eines Zinsanstiegs und die neu entdeckte Liebe der Amerikaner zu gesunder Ernährung.
DER FONDS: Sind die USA fit für einen Zinsanstieg?
Vince Rivers: Sie sind kurz davor. Dort, wohin die Notenbank Fed schaut, bewegt sich etwas. Der wichtigste Faktor ist die Beschäftigung. Offiziell liegt die Arbeitslosenrate bei 5,4 Prozent. Jeder weiß, dass sie tatsächlich höher ist, aber sie ist definitiv deutlich niedriger als noch vor drei Jahren. Menschen, die sich vorübergehend mit einem schlecht bezahlten Job zufrieden geben mussten, bekommen wieder eher einen ähnlichen Job wie vor der Krise. Und die zunehmenden Einstellungen haben einen positiven psychologischen Effekt auf alle. Die Angst vor einem Jobverlust sinkt.
Wo zeigen sich noch Verbesserungen?
Ein zweiter Bereich ist der Wohnungsmarkt. Angesichts stark gestiegener Mieten, der besseren finanziellen Situation der privaten Haushalte und der niedrigen Zinsen nimmt die Zahl der Häuserkäufe wieder zu. Dritter Faktor sind die gesunkenen Energiekosten, die vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen direkt in ihrem Portemonnaie spüren.
Die Wachstumsdaten fürs erste Quartal waren aber nicht sonderlich überzeugend.
Das lag vor allem am sehr harten Winter. Die Wirtschaft ist auf dem Weg der Erholung, und die Fed wird reagieren, sobald die Zahlen stimmen. Ob das jetzt, im September, Dezember oder noch später ist, kann ich nicht abschätzen – halte es aber auch für weniger wichtig.
Wie wird sich der Zinsanstieg auf die US-Aktienmärkte auswirken?
Ich denke, ein Anstieg oder seine Ankündigung würde den Markt kurzfristig nach unten drehen lassen. Dann dürften die Marktteilnehmer sich aber schnell bewusst werden, dass der Grund für steigende Zinsen eine Erholung der Wirtschaft ist. Wenn die Wirtschaft wächst, die Inflation langsam steigt und auch die Zinsen nicht zu schnell zulegen, ist das ein gutes Umfeld für die Aktienmärkte. Entscheidend für die Wirtschaft und die Unternehmen sind dabei nicht die von der Fed gesteuerten kurzfristigen Zinsen, sondern die für zehnjährige Anleihen. Zudem sollten steigende Anleiherenditen dazu führen, dass Investoren ihr Kapital zum Teil aus Bonds in andere Anlageklassen umschichten, wahrscheinlich auch in Aktien.
Gilt das alles auch für Small Caps?
Kleine Unternehmen sind grundsätzlich nicht so stark vom Marktwachstum abhängig wie Large Caps. Sie haben genügend andere Möglichkeiten, ihr eigenes Wachstum zu stärken, etwa durch ein neues oder verbessertes Produkt. Wenn jedoch das Wachstum anzieht, wachsen Small Caps in der Regel schneller als der Gesamtmarkt und als die großen Standardwerte. Zusätzlich können sie ihre operative Marge vergrößern. Sie laufen normalerweise besser, wenn die Inflation und die Zinsraten steigen. 2015 – und vielleicht auch in den nächsten beiden Jahren – sollten Small Caps deshalb die Nase vorn haben.
Ihr Fonds hat einen Sektor-Ansatz. Was heißt das genau?
Wir haben keinen Top-down-Ansatz, über den wir die Sektor-Allokation festlegen. Wir drei Manager haben vielmehr die Sektoren unter uns aufgeteilt. Jeder sucht in seinem Bereich nach den wichtigsten Themen und schaut, welche Aktien davon profitieren, welche verlieren. Die Titelauswahl erfolgt dann jedoch Bottom-up. Wir kaufen eine Aktie nicht nur aufgrund des Themas, sondern aufgrund der überzeugenden Fundamentaldaten des Unternehmens und eines hohen Aufwärtspotenzials.
Haben Sie ein Beispiel?
Ein Beispiel für ein Thema ist der Ernährungswandel in den USA. Lange waren die Frischwaren-, Obst- und Gemüseabteilungen in Supermärkten in der hintersten Ecke versteckt. Jetzt sind sie in vielen Märkten nicht zu übersehen. Die Menschen schauen beim Einkaufen verstärkt auf die Inhaltsstoffe. Ein gesunder Lifestyle inklusive natürlicher Ernährung gewinnt immer mehr an Bedeutung.
Und wer profitiert davon?
Der Nahrungsmittelproduzent Whitewave Foods setzt voll auf diesen Trend. Er ist in der Lage, große Supermarktketten zu beliefern, und die Unternehmensdaten sind überzeugend. Ein anderes Thema, über das wir bereits gesprochen haben, ist der sich erholende Wohnungsmarkt. Hier investieren wir über ganz unterschiedliche Firmen. Wir haben das Hausbau-Unternehmen Lennar im Portfolio, aber auch den Baumaterial-Lieferanten Home Depot Supply und den Hypothekenversicherer First American Financial.
Von: Sabine Groth
Quelle: DAS INVESTMENT.