SJB | Korschenbroich, 07.04.2015. Ein Plädoyer für einen Verbleib der gewerberechtlichen Regulierung von Martin Klein, Geschäftsführer des Votum Verband unabhängiger Finanzdienstleister.
Die Bafin hat die Aufgabe, ein funktionsfähiges stabiles und integres Finanzsystem zu gewährleisten. Ihr Schwerpunkt ist hierbei die Solvenzaufsicht, welche eine Zahlungsfähigkeit der Kreditinstitute, Versicherer und Finanzdienstleister gewährleisten soll. Gerade diese Solvenzaufsicht ist hinsichtlich der Vermittler nach § 34 f GewO nicht erforderlich, da diese sich bekanntlich weder Besitz noch Eigentum an dem Kapital, Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten ihrer Kunden verschaffen dürfen und können.
Die Frage ihrer Zahlungsfähigkeit ist daher anders als bei Banken nicht relevant. Auch hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung ist die Solvenz der freien Vermittler nicht von Bedeutung, da die Schadensersatzforderungen von Kunden über eine verpflichtende Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung abgedeckt ist.
Eine weitere maßgebliche Aufgabe der Bafin ist die allgemeine Marktaufsicht zur Verfolgung unerlaubter Finanzgeschäfte, insoweit sind sämtliche Marktakteure – auch die Vermittler nach § 34 f – bereits jetzt Gegenstand der Überwachung durch die Bafin, da diese allgemeine Marktaufsicht nicht vor ihren Türen halt macht. Sofern daher Verstöße von § 34 f Vermittlern und Überschreitungen ihrer Kompetenzen erfolgen, ist die Bafin bereits heute aufgefordert und befugt einzuschreiten.
Gleiche Regeln für Anlagevermittler und Bankmitarbeiter gelten bereits
Auch hinsichtlich der allgemeinen Verhaltensregelungen zum Schutz der Verbraucher ist eine Aufsicht der Bafin über die freien Finanzanlagenvermittler nicht erforderlich. Es gelten bereits heute für Finanzanlagevermittler die gleichen Regeln bei der Beratung ihrer Kunden, wie für Bankmitarbeiter. Die Finanzanlagenvermittlerverordnung hat insoweit das WpHG eins zu eins gespiegelt und es gibt keine Unterschiede hinsichtlich der Angemessenheits- und Geeignetheitsprüfung die ein Finanzanlagenvermittler durchzuführen hat, gegenüber der eines Bankmitarbeiters.
Die Aufsicht über die Einhaltung dieser verbraucherschützenden Regeln ist bei den freien Finanzanlagenvermittlern heute viel konkreter als bei den Bankinstituten. Jeder einzelne Anlagevermittler muss für seine Tätigkeit einen jährlichen Prüfbericht erstellen lassen, der sich mit der Qualität der durchgeführten Kundenberatungen konkret auseinandersetzt.
Eine solche Prüfung ist für jeden Bankmitarbeiter heute noch nicht Standard. Im Falle von Verstößen droht hier nicht nur die Maßnahmen der Gewerbeaufsicht, sondern es ist auch zu berücksichtigen, dass bei Häufung von Haftungsfällen der freie Finanzanlagenvermittler auch durch den Entzug des Versicherungsschutzes, seine Berufszulassung verlieren kann. Er ist daher einer doppelten Beobachtung ausgesetzt.
Die Bafin hat wichtigere Aufgaben zu erfüllen
Wer vor diesem Hintergrund fordert, dass die Bafin die Aufsicht über die derzeit über 40.000 registrierten freien Finanzanlagevermittler übernimmt, schwächt die Behörde und lenkt notwendige Kapazitäten von den dringend zu erfüllenden Aufgaben ab.
Felix Hufeld, der neue Präsident der Bafin hat anlässlich seines Amtsantritts am 1. März 2015 zutreffend bekundet, sich frühzeitig in die internationalen Themen auf europäischer und globaler Ebene einzubringen und die Aufsicht schlagkräftiger zu machen. Wer sich vor Augen führt, dass es den Banken ermöglicht wurde, mit den Libor einen der maßgeblichen Referenzzinssätze zu manipulieren und damit einen volkswirtschaftlichen Schaden von über 17 Milliarden Dollar zu verursachen, der erkennt, dass die Rolle der Bafin gerade im Zusammenhang mit der internationalen Aufsicht verstärkt werden muss.
Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass auch bei der Solvenzaufsicht über die deutschen Finanzdienstleistungsinstitute Nachholbedarf bestand und Banken durch den Staat gestützt werden mussten. Beispielhaft sei erwähnt, dass das Volumen der von der verstaatlichten Hypo Real Estate an eine Bad-Bank ausgelagerten Titel sich auf über 177 Milliarden Euro belief. Auch der Umstand, dass es der von der Bafin beaufsichtigten Infinus-Gruppe ermöglicht wurde, innerhalb der letzten 1,5 Jahre vor der Insolvenz über 1 Milliarde Euro bei Anlegern zu platzieren, wobei es sich nahezu ausschließlich um Schuldverschreibungen auf Gesellschaften der eigenen Unternehmensgruppe handelte, zeigt, dass die Aufsicht schlagkräftiger gestaltet werden muss.
Schadenspotenzial der Institute wesentlich größer als bei Vermittlern
Anstatt der Bafin daher unnötige Zusatzbelastungen aufzuerlegen, die sie auf Grund ihrer eigenen Organisationsform bisher in allen Regulierungsverfahren abgelehnt hat, gilt es sie in ihren Kernaufgaben zu stärken. Der Schaden der durch unzureichend überwachte Finanzdienstleistungsinstitute verursacht wird, übersteigt das Schadenspotenzial, welches vermeintlich durch die registrierten freien Finanzanlagenvermittler dargestellt wird, um ein vielfaches.
Die Forderung nach einer Aufsicht der Bafin über die freien Finanzanlagenvermittler, welche hier durch die Deutsche Kreditwirtschaft gestellt wird, vermittelt daher den unguten Eindruck, dass man sich durch diese Ablenkung der Bafin weiterhin ungestört eigenen höchst fraglichen Geschäftspraktiken widmen möchte. Es ist unerträglich, wenn der begründete Verdacht besteht, dass deutsche Banken ihren Kunden aktiv bei der Steuerhinterziehung Hilfe geleistet haben. Auch hier gilt es, seitens der Bafin durch allgemeine Verhaltensregelungen den Missbrauch auszuschließen.
Es sei abschließend angemerkt, dass jeder freie Finanzanlagenvermittler persönlich für ein etwaiges Fehlverhalten die Konsequenzen tragen muss. Dies ist so bei den von der Bafin überwachten Finanzdienstleistungsinstituten nicht zu beobachten. Selbst Vorgänge, die strafrechtlich als betrügerisch gewertet werden müssen, wie etwa der Libor Skandal, haben nicht dazu geführt, dass entsprechende Verfahren gegen die Verantwortlichen eröffnet wurden. Auch hier gilt es, ein Fehlverhalten auf persönlicher Ebene konsequenter zu ahnden.
Von: Martin Klein
Quelle: DAS INVESTMENT.