Fidelity | Kronberg, 10.12.2014.
Andrew Wells, Global Chief Investment Officer für Anleihen bei Fidelity Worldwide Investment: Ausweitung der Zentralbankbilanzen dürfte die globalen Anleihemärkte stützen. Weltweite Unterschiede in der Geldpolitik führen zu einem Auseinanderdriften der Unternehmensanleihemärkte. Anleger sollten Zinsrisiken mit Diversifikation steuern.
,,Auch 2015 dürfte die Politik der großen Zentralbanken die Richtung an den Anleihemärkten vorgeben. Drei Trends kristallisieren sich dabei klar für uns heraus: Erstens dürfte sich die unter dem Strich zu erwartende Ausweitung der Zentralbankbilanzen weltweit als Stütze für die Rentenmärkte erweisen. Zweitens werden die Unternehmensanleihe- und Devisenmärkte wegen der divergierenden Geldpolitik weiter auseinanderlaufen. Und drittens werden sich Anleger wieder stärker Diversifikationsstrategien zuwenden.
Makroökonomisches Umfeld begünstigt inflationsgeschützte Anleihen
Ich gehe davon aus, dass die Geldpolitik global betrachtet auch 2015 eine Stütze für festverzinsliche Wertpapiere bleibt. Zwar wird die US-Notenbank voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte die Zinsen anheben. Insgesamt dürfte das Bilanzvolumen der Zentralbanken rund um den Globus aber weiter steigen – angeführt von der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bank of Japan. Im Zusammenspiel sollte das die Renditen weltweit in etwa auf aktuellem Niveau halten. Was den US-Markt betrifft, rechne ich damit, dass die Fed die Zinszügel nur ganz allmählich und mit einem Seitenblick auf die Reaktionen an den Anleihemärkten anziehen wird. Denn Zinserhöhungen, begleitet von einem aggressiven Hochschnellen der Renditen am längeren Ende und der Spreads von Unternehmensanleihen, gelten als Hemmschuh für die wirtschaftliche Entwicklung. Deshalb werden die politisch Verantwortlichen versuchen, die negativen Folgen möglicher Marktschwankungen so gering wie möglich zu halten. Die Inflation sollte auch im kommenden Jahr niedrig bleiben. Zunehmenden Lohndruck in den USA sehe ich indessen als das zentrale Risiko für diese Prognose. Angesichts der aufgeblähten Zentralbankenbilanzen sollten Anleger die Gefahr einer Kehrtwende bei der Inflation und in der Zentralbankpolitik allerdings nicht unterschätzen. Diese Kehrtwende werden die Märkte schon lange vor einer Beschleunigung des Preisauftriebs einpreisen – und genau darin besteht die Krux für Anleger. Wegen der niedrigen Inflationsprämien an den Märkten bieten sich gute Anlagechancen für inflationsgeschützte Anleihen.
Expansive Geldpolitik der EZB sollte Euro-Unternehmensanleihen Auftrieb verleihen
Künftig dürften die Unternehmensanleihemärkte weniger von den Fundamentaldaten und dafür stärker von technischen Faktoren getrieben werden. Da die Politik der Zentralbanken die Nachfrage seitens der Anleger schürt, ist der Markt anfällig für Stimmungsschwankungen. Ich erwarte deshalb, dass die Unternehmensanleihemärkte 2015 stärker auseinanderdriften. Bereits jetzt deuten sich größere Unterschiede zwischen den Spreads von Euro- und US-Dollar-Anleihen an. In Europa könnte die expansive Geldpolitik Unternehmensanleihen aus der Eurozone kräftigen Rückenwind verleihen. Zudem ist es sehr wahrscheinlich, dass weitere quantitative Lockerungsmaßnahmen auch den Kauf von Unternehmens- und Staatsanleihen einschließen werden. Für Anleger in Euro-Unternehmensanleihen stehen die Chancen auf eine weitere Spread-Verengung gut. Anders in den USA: Hier ist der Kreditzyklus bereits in eine spätere Phase eingetreten. Die zunehmenden Diskussionen über Zinserhöhungen dürften weiter auf die Stimmung drücken – allerdings nur vorübergehend. Denn die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass die Unternehmensanleihemärkte üblicherweise nur in den Anfangsphasen eines Zinserhöhungszyklus schwächeln. Die Spreads liegen derzeit über dem Niveau vor Beginn früherer Zinserhöhungszyklen. Deshalb sehe ich Potenzial für einen weiteren Rückgang der Risikoaufschläge im kommenden Jahr.
Investment-Grade-Unternehmensanleihen gleichen Durations- und Kreditrisiken aus
Der auffällige Renditeunterschied zwischen 2013 und 2014 hat gezeigt, wie tückisch es ist, Anlageentscheidungen basierend auf gesamtwirtschaftlichen Prognosen zu treffen. Deshalb sind Diversifikationsstrategien nach wie vor die beste Möglichkeit, um konsistente Renditen zu erzielen. Kritisch ist außerdem, die Duration zu verkürzen, da dies häufig zulasten eines höheren Kreditrisikos geht – auch das hat das Jahr 2014 gezeigt. Stattdessen sollten Anleger ihr Zinsrisiko vor allem mithilfe der Diversifikation steuern. Hier bietet sich unter anderem an, die Durationsquellen über verschiedene Märkte zu streuen, um von unterschiedlichen Konjunkturzyklen zu profitieren.
Chancen bieten etwa Investment-Grade-Unternehmensanleihen, denn sie gleichen Durations- und Kreditrisiken aus und ermöglichen eine ausgewogenere Rendite. Solange eine Rezession ausbleibt, werden Hochzinsanleihen jedoch besser abschneiden. Mit der Weitung der Spreads in diesem Segment seit dem Sommer sind die Bewertungen wieder deutlich attraktiver geworden. Auch Schwellenländeranleihen dürften 2015 von der Jagd nach Rendite profitieren. Interessant sind hier vor allem Renmimbi-Anleihen aus China. Bei Renditen jenseits von 4 Prozent und Investment-Grade-Qualität sind sie für Anleiheinvestoren eine hervorragende Möglichkeit, um das Portfoliorisiko breiter zu streuen.”
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