Allianz | Frankfurt, 21.11.2014.
Die Nachricht kam aus Fernost und sie traf die Märkte ziemlich unvorbereitet, selbst in Europa: Japan ist wieder in die Rezession zurückgefallen. Besonders überraschend ist dies nicht: Schulden und Zentralbankliquidität alleine zaubern noch keinen Konjunkturboom herbei. 50% der Wirtschaft sind Psychologie: Warum sollten die japanischen Verbraucher ihr Verhalten ändern, wenn sich sonst nichts ändert, und sie nur die alt bekannten Stimuli sehen, die schon über die letzten mehr als 20 Jahre nichts geholfen haben?
Bleibt zu hoffen, dass dies auch im Euroland gehört wird. Dort entwickelt sich die Wirtschaft ebenfalls alles andere als prächtig, wie das am Freitag der Vorwoche veröffentlichte Bruttoinlandprodukt zeigt. Interessant dabei ist nur: Die Länder, die den Reformpfad beschritten haben, legten am deutlichsten zu. Allen voran Griechenland (!), gefolgt von Spanien.
Italien und Frankreich müssen ihre Hausaufgaben noch erledigen und im Falle Deutschlands dürften die Wirtschaftsweisen Recht behalten: Sie haben schon seit geraumer Zeit mehr Reformfreude eingefordert. Entsprechend hätte auch hier das Wachstum kräftiger ausfallen können.
Über einen stabileren Wachstumspfad können sich allerdings die USA freuen. Die jüngsten Protokolle der Fed ließen das noch nicht ganz so erkennen, aber die US-Währungshüter könnten ihr Hauptaugenmerk langsam vom Arbeitsmarkt weg und hin zur Inflation lenken. Die Daten gäben es her. Die Arbeitskosten sind im Steigen begriffen.
In der Gesamtsicht zeigt sich, dass die Konjunktur über die letzten Monate hinweg deutlich von der negativen Seite überrascht hat: Die Analysten hatten mehr erwartet als sich realisierte. Die Überraschungsindikatoren zeigen daher nach unten. Dabei kam es allerdings zu sehr heterogenen Entwicklungen: Während die Industriestaaten zum Teil deutlich negativ überraschten (vgl. Grafik der Woche), konnten die aufstrebenden Staaten die Erwartungen erfüllen, oder sogar deutlich übererfüllen, wie im Falle der Emerging Markets Asien und der Region des Nahen und Mittleren Ostens. Was für die Wachstumsdaten gilt, gilt. auch für die Inflationserwartungen:
Die Preisentwicklung bleibt seit einiger Zeit hinter den Erwartungen zurück. Dabei gehen wir davon aus, dass der Revisionszyklus der Analysten bzgl. der Wachstumserwartungen bald zum Ende kommt. In der kommenden Woche sollte das Hauptaugenmerk auch weiter auf dem Wirtschaftswachstum bleiben.
Wie also geht es ökonomisch auf den Kontinenten weiter? Für Deutschland macht der ifo-Konjunkturklimaindex am Montag den Auftakt. Ein weiterer Rückgang wäre ein merklich negatives Signal. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt für das 3. Quartal dürfte da weniger spannend werden, da es bereits die zweite Schätzung ist. Wichtiger sind da schon die EU-Wirtschaftsstimmung, das GfK-Konsumentenvertrauen für Deutschland und die Entwicklung der Geldmenge M3 für die Eurozone (jeweils am Donnerstag). Die Geldmengenentwicklung gewinnt zunehmend an Bedeutung, da sie als Indikator gewertet werden kann, dass die Liquiditätsbetankung durch die EZB über das Anspringen des Kreditmechanismus‘ zum Erfolg führt. Die angestrebte Ausweitung der EZB-Bilanz ist ja kein Selbstzweck. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die für Freitag anstehende Vorabschätz ung der EU-Verbraucherpreise. Kommt sie, oder kommt sie nicht, die Deflation, das bleibt hier die Frage. Für uns gilt unverändert: Sie kommt nicht, da Disinflation und Deflation nicht verwechselt werden sollten.
Für den US-amerikanischen Markt beginnt die Woche mit dem National Activity Index der Chicago Fed (Montag), setzt sich fort mit der zweiten Schätzung des BIPs vom 3. Quartal und dem Verbrauchervertrauen (beide Dienstag). Am Mittwoch dann stehen die Auftragseingänge und die Einkaufsmanagerindizes der Universitäten von Chicago und Michigan an.
Interessant wird der Dienstag auch für Japan: Die Protokolle der Bank of Japan stehen an. Von hier waren zuletzt Stimmen laut geworden, die Liquiditätsspritzen nicht noch weiter auszufahren. Da aber zu vermuten ist, dass die BoJ den BIP-Verlauf sehr gut vorab abschätzen konnte, ist allerdings eher wahrscheinlich, dass sich diese jetzt lieber vornehm zurück hält. Wichtig wird auch die Industrieproduktion, die am Freitag ansteht. Sie kann als Vorlaufindikator für das Wachstum im laufenden Quartal gesehen werden.
Eine einfache Woche steht uns da also nicht ins Haus, dies umso mehr als die Relative-Stärke-Indikatoren für die USA und Japan eine überkaufte Lage anzeigen. Für Europa bewegen sie sich allerdings im neutralen Bereich. Am Ende gilt, was schon Johann Wolfgang von Goethe meinte (wenn auch leicht abgewandelt): „Am Wachstum hängt, zum Wachstum drängt doch alles. Oh, wir Armen.“