Das Investment: Negativzinsen, Teil 2: So vermeiden Publikumsfonds Strafgebühren

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 15.11.2014.  Mindestens drei der fünf größten deutschen Depotbanken leiten die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) an die Investmentgesellschaften weiter und erheben Strafgebühren für den Cash-Anteil der Fonds. Für Fondsgesellschaften scheint das allerdings kein Problem zu sein – sie können der Sache sogar etwas Positives abgewinnen.

Erst war es ungewiss und „Gegenstand individueller Verhandlungen“, nun ist es offiziell: Nach BNY Mellon und State Street Bank erhebt nun auch die DZ Bank Negativzinsen auf das Guthaben von Fonds. Wer in seinen Produkten Euros hortet, soll dafür ab dem 15. November 0,25 Prozent pro Jahr zahlen, teilte die Bank vor wenigen Tagen ihren Kunden mit. Auch J.P. Morgan soll nach Informationen einer Fondsgesellschaft bereits Negativzinsen erhoben haben.

Als einzige der fünf größten Depotbanken stemmt sich die BNP Paribas gegen den Trend: Allerdings machen Publikumsfonds dort nur einen kleinen Teil des Depotbank-Geschäfts aus. Und was machen die Fondsanbieter? In Panik verfallen? Unrentable Fonds schließen? Oder zumindest über die EZB schimpfen? Nichts von alledem. Auf Nachfrage von DAS INVESTMENT.com zeigten sich die Sprecher der Gesellschaften gelassen – und hoben sogar die Vorteile, die ihnen der EZB-Zinsentscheid bringt, hervor.

“Lerneffekt bei den Anhängern des klassischen Sparbuchs“

„Die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank hat dazu geführt, dass der Zins für Tagesgeld, Festgeld und Sparbücher sehr niedrig ist und meist deutlich unterhalb der Inflationsrate liegt“, erklärt ein Sprecher der Deutsche Asset & Wealth Management (DeAWM, ehemals DWS), der Vermögensverwaltungs-Einheit der Deutschen Bank. „Dies wird unserer Meinung auf längere Sicht auch so bleiben“. Damit verliere das angelegte Geld von Jahr zu Jahr real an Wert – ein Argument, das für risikoreichere Anlageformen wie Aktien, aber auch für Publikumsfonds spreche.

Auch der Sprecher von Universal-Investment erwartet einen “Lerneffekt bei den Anhängern des klassischen Sparbuchs“. Wenn sie für ihr Erspartes nicht nur keine Zinsen bekommen, sondern sogar noch selbst Geld zahlen müssen, würden sie Aktien und Fonds als mittel- und langfristig bessere Alternative zum Vermögensaufbau entdecken, ist er überzeugt.

Belastungen „im Promillebereich“

Doch sind Fonds angesichts der Strafgebühren, die sie auf ihre Cash-Bestände zahlen müssen, wirklich die bessere Alternative? Das hängt unter anderem davon ab, ob sie die negativen Zinsen an die Anleger weitergeben werden – zum Beispiel in Form höherer Verwaltungsgebühren. „Nein“, erklärt Universal-Investment. Höhere Managementgebühren seien nicht geplant. Andere, von DAS INVESTMENT.com befragte Gesellschaften geben auf diese Frage keine so eindeutige Antwort. Allerdings erklärt DeAWM, dass die Belastungen durch einen negativen Zins für die Wertentwicklung der Fonds „im Promillebereich“ liegen.

Das bestätigt auch der Universal-Investment-Sprecher. Aktienfonds Deutschland haben laut BVI-Wertentwicklungsstatistik in den vergangenen zwölf Monaten eine Wertentwicklung von 7,5 Prozent erzielt, rechnet er vor. Bei einer durchschnittlichen Kasse-Quote von 5 Prozent und einem negativen Zinssatz von 0,1 Prozent sei der Einfluss auf die Wertentwicklung minimal und kaum zu beziffern. Bei rentenlastigen internationalen Mischfonds, die laut BVI-Statistik in den vergangenen zwölf Monaten eine durchschnittliche Performance von 3,1 Prozent erzielten, mindert ein negativer Zins bei einem Kasse-Bestand von ebenfalls 5 Prozent die Wertentwicklung um 0,1 Prozent. „In beiden Beispielen liegt der Wertzuwachs auch bei einem negativen Zins deutlich über Sparbuch & Co.“

Umschichten oder verhandeln

Doch wenn sie es klug einstellen, müssen die Fonds noch nicht einmal Einbußen von 0,1 Prozent in Kauf nehmen. „Aktuell verfolgen wir, falls möglich, aktive Ausweichstrategien“, erklärt ein Sprecher der Union Investment, die bereits von mehreren Depotbanken eine Benachrichtigung bezüglich negativer Zinsen erhalten hat. „Wir schichten Liquidität um oder optimieren diese beispielsweise durch die Anlage in Festgeld oder Geldmarktfonds“, so der Sprecher. Auch der DeAWM-Sprecher erwähnt „andere Instrumente“, die die Fondsmanager als Alternative zu Cash-Beständen einsetzen.

Universal-Investment geht noch weiter. Die Investmentgesellschaft lagert die Bar-Bestände ihrer Fonds einfach zu Banken aus, die noch keine negativen Zinsen erheben. Ob das rechtlich funktioniert? Schließlich ist die Depotbank für das gesamte Sondervermögen des Fonds zuständig. „Das geht“, meint der Universal-Investment-Sprecher. Der Fondsmanager eröffnet bei der Bank ein Konto, das auf den Fonds lautet. Das Konto zählt dann zum Sondervermögen, das die Depotbank betreut: Die Gesellschaft hat darauf keinen Zugriff. „Das ist ähnlich wie der Kauf von kurzlaufenden Anleihen oder Geldmarktfonds-Anteilen“.

Außerdem führt Universal-Investment Verhandlungen mit Depotbanken, um Strafzinsen zu vermeiden. Dass das funktionieren kann, zeigt das Beispiel von Frankfurt Trust. So berichtete „Euro am Sonntag“ über 70 Frankfurt-Trust-Fonds, die Strafgebühren an BNY Mellon hätten zahlen müssen. Frankfurt-Trust zähle zu den Gesellschaften, die am stärksten von den Negativzinsen betroffen seien, schrieb Euro am Sonntag.

Doch das war letzte Woche. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet: Nach Verhandlungen mit BNY Mellon hat die Gesellschaft nach eigenen Angaben die Strafzinsen erlassen bekommen.

Die Depotbanken führen die Strafgebühren auf die Negativzinsen der EZB zurück. „Zu Unrecht“, meint Thorsten Polleit, Chefvolkswirt beim Goldhändler Degussa. Warum die Geldpolitik der Notenbank keine Strafgebühren rechtfertigt, wie die Negativverzinsung sich auf Privatanleger auswirken wird und welche Anlageklassen – außer Gold – sich derzeit noch lohnen, erklärt der Experte im dritten Teil der Negativzins-Serie.

Von: Svetlana Kerschner

Quelle: DAS INVESTMENT.

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