Das Investment: Ökoworld: „Ich trage einen Wachstumstrend auf der Nase“

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 27.10.2014. Ein Gespräch mit Alexander Funk (38), Mitgeschäftsführer im Management-Team des ethisch-ökologischen Aktienfonds Ökovision Classic, über unbewusste Nachhaltigkeit im Alltag, ethische Fitness und Bewegung im Portfolio.

DAS INVESTMENT.com: Laut US-Klimabehörde NOAA war der September weltweit der mildeste seit Beginn der Aufzeichnungen vor über 130 Jahren. Der Klimawandel lässt grüßen. Doch bisher nehmen die Emissionen von Kohlendioxid dramatisch zu statt ab. Ist das im Kyoto-Protokoll festgeschriebene Klimaziel von zwei Grad überhaupt noch einzuhalten?

Alexander Funk: Nein, ist es nicht. Vier Grad sind wahrscheinlicher.

Man hat das Gefühl, es bewegt sich nicht viel in Sachen Klimaschutz. Es ist immer dasselbe: Alle sind sich einig, es muss etwas passieren, aber Zugeständnisse will keiner machen. Das ist auch das Ergebnis des New Yorker Klimagipfels, der im September stattfand. Hat ökologische Nachhaltigkeit überhaupt noch eine Chance?

Ja, auf jeden Fall. Denn unabhängig davon, was die Regierungen machen, gibt es eine Vielzahl von Unternehmen, die sich in diesem Bereich tummeln und viel positiv mit ihren Produkten bewegen.

Die meisten Menschen sind sich gar nicht bewusst, mit wie vielen ethisch und sozial korrekten Marken und Unternehmen sie im Alltag schon ganz selbstverständlich zu tun haben und sich somit unbewusst ökoverhalten.

Zum Beispiel?

Laufschuhe, Fahrräder – der Komponentenhersteller Shimano etwa zählt zu den zehn größten Positionen im Fonds – fairer Kaffee, Biomüsli, Schokolade, Duschgel oder ökologisch korrekte Zahnbürsten. Die Liste ist lang. Vieles ist in unserem täglichen Leben bereits integriert.

Wir achten nur nicht darauf oder sind uns dessen nicht bewusst, da traditionell mit dem Begriff Öko eine isolierte Nische in Verbindung gebracht wird. Dabei ist Öko Teil des nachhaltigen Wirtschaftsprinzips.

Ein Beispiel aus dem Portfolio?

Die österreichische Firma Austriamicrosystems, AMS. Sie stellt Sensoren her, die unter anderem auch in Smartphones verbaut werden. Sie kennen das: Wenn es dunkel wird und man telefoniert, verdunkelt sich automatisch auch das Display ihres iPhones.

Die Sensoren dafür kommen von AMS. 20 Prozent seiner Umsätze erwirtschaftet das Unternehmen in diesem Geschäftsfeld. Weitere 20 bis 25 Prozent der Umsätze entfallen auf die Automobilindustrie.

Mit der Hilfe von Sensoren wird beispielsweise auch das Einparken erleichtert oder die Gefahrenerkennung gesteuert.

Und das lohnt sich auch für Investoren?

Ja, das lohnt sich auf jeden Fall. In den vergangenen drei Jahren hat der Fonds ein Plus von 45 Prozent gemacht. Viele nachhaltige Themen haben starke Wachstumstrends ausgebildet.

Was sind das für Themen?

Das sind unter anderem Elektromobilität, umweltfreundlicher Transport, Stadtentwicklung, Energieeffizienz, Energieerzeugung, Wasserversorgung, Bildung und Gesundheit. Ich trage beispielsweise einen Wachstumstrend auf der Nase.

Eine Brille?

Genau. Das gehört zum Thema Gesundheit, der mit 14,9 Prozent derzeit zweitgrößte Sektor im Portfolio. Das Thema wird von der demografischen stark getrieben. Die Menschen werden immer älter und es gibt immer mehr Senioren.

Die wollen fit bleiben und ein gutes modernes Leben führen. Zu dem Bereich zählen neben Herstellern von Sehhilfen auch Produzenten von Hörhilfen, Knie- und Hüftgelenken oder Pflegeeinrichtungen. Der Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx bezeichnet das passenderweise als Downaging.

Wir investieren auch in ethische Fitness wie Elektrofahrräder. Die werden immer öfter von Senioren genutzt. In der demografischen Entwicklung und Wende geht es um Downaging statt Vergreisung. Ein erfreulicher Trend und ein wahnsinniger Wachstumsfaktor.

Wie genau sind Sie da investiert?

Zu den zehn größten Positionen im Portfolio zählt beispielsweise die Schweizer Unternehmensgruppe Sonova Holding, einer der weltweit größten Hersteller von Hörsystemen. Außerdem haben wir beispielsweise drei Krankenhaus-betreiber im Portfolio und den japanischen Windelhersteller Unicharm.

Wie bitte? Einen Windelhersteller?

Ja, in Japan ist die Überalterung der Gesellschaft schon deutlich weiter fortgeschritten als in Deutschland. 2012 wurden in Japan zum ersten Mal mehr Windeln für Erwachsene verkauft als für Kinder.

Da entsteht aber doch richtig viel Müll. Ist das aus ökologischer Sicht kein Problem?

Doch, grundsätzlich schon. Aber was wäre die Alternative? Stoffwindeln?. Man kann sich vorstellen, wie unangenehm diese im täglichen Handling sind und wiehoch die Waschtemperatur sein müsste, um die Windeln unter verschwenderischen Einsatzvon Energie, Wasser und Waschmittel wieder keimfrei zu bekommen.

Es ist letztlich immer wieder auch ein Abwägen und eine Einzelfallentscheidung für den unabhängigen Ökovision-Anlageausschuss. In diesem Fall überwiegt ganz klar die Verbesserung der Lebensqualität.

Dieses Abwägen rettet uns davor, zu Öko-Junkies zu werden, die zum Nachteil der Menschen handeln. Es geht nicht darum, die Bequemlichkeit im Alltag einzuschränken oder auf zeitgemäße Produkte zu verzichten. Ökologie und Wohlstand schließen sich nicht aus.

In diesen Recht unsicheren Zeiten steht Risikomanagement bei Investoren an oberster Stelle. Wie setzen Sie das beim Ökovision Classic um?

Das Risikomanagement installieren wir auf zwei Ebenen: in der Nachhaltigkeitsanalyse mit unserem unabhängigen Anlageausschuss und der Finanzmarktanalyse. Beide sind strikt voneinander getrennt. Damit haben wir ideale Risikofilter aus zwei völlig unterschiedlichen Welten.

Im Portfoliomanagement schauen wir uns die Firmen sehr detailliert an, das Management, die Bilanz und die Produkte des Unternehmens. Wir achten auf ausreichende Streuung. So gewichten wir beispielsweise kein Thema mit mehr als 20 Prozent des Portfolios.

Da können wir im worst case zwar auch mal etwas Performance verpassen, aber dadurch haben wir kein zu großes Klumpenrisiko im Portfolio.

Was genau trägt die Nachhaltigkeitsanalyse zum Risikomanagement bei?

Seit Auflegung des Ökovision Classic im Mai 1996 hatten wir kein einziges Reputationsrisiko im Fonds: Keine BP, keine Mattel, keine Tepco. Das nachhaltige Risikomanagement besteht vor allem darin, keine Aktien von risikobehafteten Branchen oder Unternehmen zu kaufen.

Und auf der Finanzseite?

Wie die Finanzanalyse als Risikomanagement wirkt, sieht man sehr gut beim Thema Erneuerbaren Energien. Im Jahr 2010 sind wir dort komplett ausgestiegen. Viele Stars von früher sind auf Pennystock-Niveau gerutscht oder insolvent.

Die Zeichen dafür haben wir frühzeitig erkannt. Da handeln wir als aktive Manager sehr konsequent. Bei uns ist Bewegung im Portfolio. Unternehmen oder Branchen, die nicht performen, nehmen wir sofort raus.

Sie bleiben aber im Anlageuniversum und können in besseren Zeiten wieder hervorgeholt werden. Erneuerbare Energien waren bis vor zwei Jahren noch komplett uninteressant für unsere Investments.

Wodurch hat sich das wieder gedreht?

Seitdem gab es eine Reihe positiver Ereignisse. Die Unternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Ende 2012 haben wir erste Zeichen einer zunehmenden Aktivität bei den Unternehmen erkannt.

Aktivität bedeutet, zunehmende Projektaufträge, die zu Ordereingängen und somit zu Umsatzerlösen führten. Allerdings spielte sich diese Renaissance nicht im deutschen Markt ab, sondern andere Märkte preschten nach vorne.

Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt etwa, die Volksrepublik China, ist ein enormer Wachstumsmarkt. Der Solarmarkt in China entwickelt sich zum Marktführer im Sinne installierter Kapazitäten. Aber auch Japan und die USA stehen in der ersten Reihe.

Fukushima lässt grüßen.

Genau, der ökologische GAU der Atomkatastrophe in Fukushima führte zu einem Umdenken in der japanischen Energieversorgung. Dadurch entwickelte sich der japanische Markt für Solaranlagen zu einem Wachstumsmotor für die jeweiligen Firmen.

In den USA sorgten attraktive Steuer- und Leasingmodelle für einen Aufschwung. Zudem steigerten sich die Unternehmen vom reinen Herstellern für Solarmodule zu Projektierungsunternehmen. Komplette Solarparks wurden errichtet und anschließend veräußert.

Beispielsweise an Star-Investor Warren Buffet.

Er investierte über eine seiner Tochtergesellschaften in einen fertig gestellten Solarpark von Sunpower.

Ein eindeutig positives Zeichen.

Genau. Es lohnt sich. Für Buffett war es eine reine Investitionsentscheidung. Nachhaltigkeit hat dabei keine Rolle gespielt. Die Verzinsung ist attraktiv, das Umfeld stabil und die Erträge kalkulierbar. Ein Paradebeispiel für Ökonomie durch Ökologie.

Inzwischen sind Sie also wieder in Erneuerbare Energien investiert?

Ja, Canadian Solar beispielsweise zählt zu den zehn größten Positionen im Portfolio. Insgesamt macht der Sektor derzeit 11,8 Prozent des Portfolios aus. Ein Hightlight für saubere Energieerzeugung und deren Verbrauch liefert uns auch der Visionär Elon Musk unter anderem mit seinen Firmen Tesla und Solarcity.

Sein Konzept: In Schnellladestationen kann das Elektroauto kostenlos betankt werden. Die Supercharger sind gespeist durch Sonnenenergie mit Lösungen von Solarcity. Sein neuestes Vorhaben ist es eine Gigafabrik für die Batterien zu entwickeln.

Noch sind Elektroautos nicht besonders weitverbreitet.

Darum ist das ein guter Plan. Denn die Batterie eines Elektroautos ist das Herzstück und bislang das kostenintensivste Teil. Die Gigafabrik könnte den Durchbruch bringen, die Sonnenenergie zu Hause kostengünstig zu speichern und zu verbrauchen. Auch wenn die Sonne nicht mehr scheint.

Die Erneuerbaren Energien sind ein Trend, der in logischer Konsequenz nicht mehr zu stoppen ist. Die Zukunft wird uns noch viele Innovationen hin zu einer sauberen Energieentwicklung bringen.

Von: Astrid Lipsky

Quelle: DAS INVESTMENT.

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