SJB | Korschenbroich, 23.10.2014. Nach kräftigen Zuwächsen in den Sommermonaten haben Solaraktien wie Canadian Solar, JA Solar und Trina Solar die Anleger jüngst massiv enttäuscht. Christofer Rathke, Berater des LSF Asian Solar & Wind, nennt die Hintergründe und wagt einen Blick ins Jahr 2016.
DER FONDS: Chinesische Solaraktien sind in den vergangenen Wochen massiv unter die Räder gekommen – obwohl Sie in Ihren jüngsten Marktkommentaren immer wieder die Chance auf eine ausgeprägte Jahresend-Rally hervorgehoben haben. Was ist passiert?
Christofer Rathke: Da sind – neben der allgemeinen Marktschwäche – einige Dinge zusammengekommen. Für Verunsicherung sorgte beispielsweise die ausgeprägte Stärke des Renminbi, die Exporte chinesischer Hersteller verteuert.
Belastet haben auch die im Jahresverlauf von 70 auf 60 Dollar-Cent pro Watt gesunkenen Verkaufspreise für kristalline Standard-Module und die Pleite des amerikanischen Solarausrüsters GT Advanced Technologies. Nicht zuletzt haben einige Hedgefonds die Situation zum wiederholten Male dazu genutzt, einige Werte aus der Solarbranche aggressiv leer zu verkaufen.
Mit anderen Worten: Die Rally fällt aus.
Das ist nicht gesagt. Immerhin hat der Verkaufsdruck von Seiten der Hedgefonds nachgelassen, das waren rein taktische Manöver. Zudem sieht es so aus, als ob die Modulpreise auf dem aktuellen Niveau einen Boden gefunden haben. Und bei näherer Betrachtung ist auch der starke Renminbi – wenn er denn so stark bleiben sollte – nicht wirklich ein Argument gegen die chinesischen Hersteller. Die größte Nachfrage kommt nämlich seit kurzem wieder aus dem Inland, weil die Regierung in Peking ein mehrmals verschobenes Förderprogramm nun endlich umsetzt. Deshalb bleibe ich für die Branche auf Sicht der kommenden zwei Jahre extrem zuversichtlich.
Auf der anderen Seite halten die USA an ihren Strafzöllen auf aus China importierte Module fest und haben diese jüngst sogar noch einmal verschärft.
Dort scheinen sich die Hardliner tatsächlich durchzusetzen, auch wenn diese Politik absolut widersinnig ist und auch bereits die Welthandelsorganisation WTO auf den Plan gerufen hat. Letztlich kann aber auch das den weltweiten Siegeszug der chinesischen Solarindustrie nicht stoppen. Das größte Wachstum und die größte Nachfrage werden nämlich aus ganz anderen Regionen kommen.
Woher denn?
Vor allem aus Asien. Dabei spielen Subventionen gar nicht die entscheidende Rolle. Sondern vor allem die akute, durch massiv gestiegene Emissionen verursachte Umweltkrise. Man kann heute die Luft über fast allen Großstädten in China und Indien kaum noch atmen. Dieser katastrophale Smog erzeugt einen Leidensdruck, der die Politik zu schnellem und radikalem Handeln zwingt. Hinzu kommt, dass gerade in Indien der jüngst stattgefundene Regimewechsel für die Geschichte des Landes einen historischen Wendepunkt markiert.
Vor allem aus Asien. Dabei spielen Subventionen gar nicht die entscheidende Rolle. Sondern vor allem die akute, durch massiv gestiegene Emissionen verursachte Umweltkrise. Man kann heute die Luft über fast allen Großstädten in China und Indien kaum noch atmen. Dieser katastrophale Smog erzeugt einen Leidensdruck, der die Politik zu schnellem und radikalem Handeln zwingt. Hinzu kommt, dass gerade in Indien der jüngst stattgefundene Regimewechsel für die Geschichte des Landes einen historischen Wendepunkt markiert.
Der neue Premier Narendra Modi soll es richten, wie so vieles?
Modi hat in all seinen Wahlreden immer wieder hervorgehoben, dass er Indien bis 2019 komplett elektrifizieren will. Das geht angesichts der beschriebenen Umweltprobleme eigentlich nur über Solarenergie, und als Gouverneur des Bundesstaats Gujarat hat Modi auf diesem Gebiet bereits Beeindruckendes geleistet. Die Grundvoraussetzungen für ein starkes Wachstum dieses Sektors sind übrigens in Indien deutlich besser als anderswo: Das liegt unter anderem daran, dass die durchschnittliche Sonneneinstrahlung mit etwa 1900 Stunden im Jahr an fast allen Standorten deutlich höher ausfällt als selbst in vielen Teilen Chinas. Darüber hinaus verteilt sie sich auch relativ gleichmäßig über das Jahr, es bedarf also keiner teuren Energiespeicher und Reservekraftwerke. Deshalb lohnt sich der Einsatz der Solarenergie in Indien auch ganz ohne Subventionen.
Welche Zuwachsraten prognostizieren Sie für die kommenden Jahre?
Das auf den indischen Solarmarkt spezialisierte Consulting-Unternehmen Bridge to India hat kürzlich einen Bericht veröffentlicht, in dem es in den nächsten zehn Jahren einen Zubau von bis zu 145 Gigawatt für realisierbar hält. Damit ließen sich 12 Prozent der indischen Stromversorgung abdecken. Mit unserer eigenen Prognose greifen wir noch etwas höher und erwarten in diesem Zeitraum etwa 200 Gigawatt. Allerdings gehen wir dabei auch von einer noch stärker steigenden Stromnachfrage aus. Hat Modi mit seiner Wirtschaftspolitik Erfolg, wächst schließlich der Stromverbrauch entsprechend schneller.
Und davon profitieren vor allem die chinesischen Hersteller?
In erster Linie, ja. Indiens Solarindustrie ist bereits jetzt damit überfordert, den eigenen Bedarf zu decken – von den ambitionierten Zielen der Regierung Modi ganz zu schweigen. Rechnet man die geplante Ausweitung der Kapazitäten in anderen Teilen der Welt hinzu, dürften in Anbetracht ihrer bilanziellen Situation ohnehin nur etwa 20 Hersteller voll an diesem neuen Wachstumszyklus partizipieren können. Und da sind die führenden chinesischen Anbieter Canadian Solar, JA Solar und Trina Solar definitiv dabei.
Mit welchen Auswirkungen auf den Aktienkurs?
Prognosen über einen längeren Zeitraum sind immer schwierig. Aber ich gehe davon aus, dass sich die Kurse der Marktführer und einiger anderer Firmen in den kommenden zwei Jahren mindestens verdreifachen.
Von: Egon Wachtendorf
Quelle: Das Investment.