Vertrieb in Banken und Sparkassen zieht deutlich an – Kunden fragen Sachwertebeteiligungen nach – einige Großbanken noch zurückhaltend. Jahrelang zählten die Banken zu den stärksten Verkäufern von geschlossenen Beteiligungsmodellen. Nach Pleiten und Misserfolgen mancher Anbieter hatten sie aber den Vertrieb von Alternativen Investment Fonds (AIFs) weitgehend eingestellt – obwohl die Fonds der neuen Generation dem neuen Kapitalanlagegesetzbuch unterliegen und staatlich reguliert werden. Inzwischen jedoch erkennen die Banken wieder die Notwendigkeit der Sachwertmodelle für ihre vermögenden Kunden.
Zunehmendes Vertriebs-Interesse an AIF
Ob auf Veranstaltungen wie dem Sachwerte-Kolloquium kürzlich in München oder im Vier-Augen-Gespräch – die Anbieter geschlossener AIF berichten zunehmend über ein gesteigertes Vertriebs-Interesse von Banken und Sparkassen. Dahinter steckt mehr als nur eine Wahrnehmung. Andreas Mense ist als Multiplikator verschiedener Vertriebsplattformen seit 15 Jahren nah dran an den Bankenpartnern. Aktuell verantwortet er in einer Kooperation zwischen der PVA Pacta Vermögens-Anlage und der Sachwertefonds-Plattform eFonds den gesamten Bankenvertrieb. Er berichtet von einem kontinuierlichen Wachstum bei den Volks- und Raiffeisenbanken: „Die Absatzentwicklung in den Instituten der genossenschaftlichen Finanzgruppe hat 2016 im Vergleich zu 2015 um 43 Prozent zugenommen – und im ersten Quartal 2017 noch einmal um 52 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2016.“
Dabei fällt jedoch auf, dass vor allem diejenigen Banken aktiv sind, die den geschlossenen Sachwertebeteiligungen auch in Krisenzeiten die Treue gehalten haben. Die Zahl der aktiven Banken ist zwar ebenfalls gestiegen, mit 2 Prozent im Jahr 2016 und 10 Prozent im ersten Quartal 2107 jedoch deutlich schwächer.
Auflärung trägt Früchte
„Jede einzelne der rund 970 Genossenschaftsbanken ist komplett eigenständig in ihren Vertriebsentscheidungen. Daher muss jeder einzelne Vorstand von den Vorteilen der Sachwerte überzeugt werden“, sagt Mense. Der Begriff geschlossene Fonds ist zudem in zahlreichen Kreditinstituten noch immer negativ besetzt, obwohl die Regulierung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch die Qualität der Anbieter und der Produkte spürbar gesteigert hat. Doch die Aufklärung der Vertriebsberater trägt Früchte. „Seit Einführung des KAGB hat die Zahl der Bankenpartner angezogen. Pacta hat Vertriebsvereinbarungen mit rund 300 Banken geschlossen, von denen 100 aktiv ihre Kunden ansprechen“, berichtet Mense.
Mut macht Mense auch die Tatsache, dass tendenziell größere Institute den Vertrieb wieder aufgenommen haben. Sie bieten ihren Kunden in der Hauptsache AIF mit Immobilien an, aber auch Angebote mit Flugzeugen und Erneuerbare-Energien-Anlagen bekommen wieder eine Chance im Beratungsgespräch mit vermögenden Kunden.
In den Sparkassen ist die Entwicklung ähnlich positiv. „Ich kann den Trend bestätigen“, sagt Jochen Schenk, Vorstand der Real I.S. AG, einer Tochter der Bayerischen Landesbank. Er hat festgestellt, dass die Vermögensberater in den Sparkassen die Notwendigkeit der geschlossenen AIF als Alternative zu den offenen Immobilienfonds erkennen. Was fehlt, ist ein einheitlicher Prozess, um zum Beispiel die Beratung der Kunden haftungsfrei zu dokumentieren. „Darüber machen sich 400 Sparkassen derzeit ihre Gedanken“, sagt Schenk. Er geht davon aus, dass spätestens im kommenden Jahr im Zuge der Vorschriften unter dem Dach der MIFID-II-Regeln ein IT-gestützter Beratungsprozess vorliegt, der für alle Sparkassen verbindlich ist, und der ihnen den Vertrieb der geschlossenen Sachwertemodelle erleichtert.
Andreas Heibrock, Geschäftsführer der Patrizia Grundinvest, zählt sowohl Genossenschaftsbanken als auch Sparkassen zu seinen Vertriebspartnern. Er belegt den positiven Trend mit Zahlen: „Unseren ersten geschlossenen Immobilienfonds haben wir Anfang 2016 mit rund 50 Vertriebspartnern platziert. Inzwischen hat sich ihre Zahl bei unserem aktuellen Fonds mehr als verdreifacht.“
Konkurrenz belebt das Geschäft
Bei der Gewinnung zusätzlicher Bankenpartner profitiert Heibrock von der Konkurrenz zwischen Genossenschaftsbanken und Sparkassen. „Deren größte Sorge ist, dass ein Kunde wechselt.“ Hat sein Unternehmen ein Kreditinstitut von der Notwendigkeit und Qualität einer Sachwertebeteiligung überzeugt, folgt als nächster Schritt der Besuch bei der benachbarten Bank, um dort darüber zu berichten.
Heibrock hat festgestellt, dass er in der Regel gar keine große Überzeugungsarbeit leisten muss, denn die Kunden fordern aktiv Alternativen zu den niedrig verzinsten Anlagen des Kapitalmarktes. Die offenen Immobilienfonds eignen sich auf Grund ihrer relativ niedrigen Renditen dazu nur bedingt, zumal viele Fonds derzeit keine frischen Gelder annehmen oder nur geringe Kontingente auf die Kreditinstitute verteilen, die schnell ausgeschöpft sind. „Wenn die Banken keine Sachwerte liefern können, wandern die Kundengelder in Crowdfunding-Produkte ab“, berichtet Heibrock.
Obwohl sich auch die Großbanken dieser Gefahr bewusst sind, betrachten sie die Sachwertbeteiligungen differenziert. „Für die Hypovereinsbank sind geschlossene Fonds weiter Bestandteil des strategischen Geschäftsmodells“, erklärt Sebastian Zehrer, Unternehmenskommunikation und Business Development bei der HVB-Tochter WealthCap. Sie platziert ihre Angebote in erster Linie über das Filialnetz der HVB – aber nicht nur. „Bei den Volks- und Raiffeisenbanken registrieren wir ein steigendes Interesse an den geschlossenen AIF“, so Zehrer. „Das sehen wir an eigenen Veranstaltungen und am Interesse an neuen Produkten.“
Anja Kautz ist beim Bankhaus Lampe als Leiterin Beteiligungsmodelle zuständig für die Auswahl der Sachwertemodelle für Kapitalanleger. Sie berichtet von kontinuierlichen Umsatzsteigerungen seit zehn Jahren. Einzige Ausnahme war das Jahr 2013, als es auf Grund der Einführung des KAGB kaum Angebote am Markt gab. „Wir haben jedes Jahr im Schnitt fünf bis sieben verschiedene Fonds im Vertrieb“, berichtet Kautz, vorwiegend mit deutschen und ausländischen Immobilien, aber auch mit Private-Equity-Investitionen. Für die Zukunft plant das Bankhaus Lampe jedoch eine Ergänzung der Strategie, entweder mit eigenen AIF oder zumindest exklusiven Fonds, die es nicht auch bei anderen Banken oder Sparkassen gibt.
Auch Zurückhaltung im Markt
Die Deutsche Bank indes gibt sich zurückhaltend. Den bislang letzten Fonds aus dem eigenen Hause mit einem gemischten Sachwerteportfolio hat sie nach wenigen Tagen gestoppt. „Die Kunden hatten kein Interesse“, begründete die Bank damals ihren Schritt. Seitdem spielen geschlossene AIF im Geschäft mit Privatkunden keine Rolle mehr. Die Bank will erst geklärt wissen, welche Konsequenzen sich aus der Umsetzung der MIFID-II-Vorschriften für den Vertrieb ergeben.
Keine Zukunft sieht die Commerzbank in den Alternativen Investment Fonds. „Bereits seit 2011 hat die Commerzbank geschlossene Fonds ausschließlich an Privatkunden mit einem liquiden Anlagevermögen von über 250.000 Euro vertrieben. „Seit dem 1. Oktober 2016 werden geschlossene Fonds von uns im Privatkundengeschäft überhaupt nicht mehr angeboten“, antwortet die Commerzbank auf eine entsprechende Anfrage. „Wir haben diese Entscheidungen in erster Linie aus Reputationsgründen getroffen und damit bewusst auf Erträge verzichtet.“
Autor: Markus Gotzi
Quelle: DAS INVESTMENT.