Das Investment: Euro fällt nach Renzi-Rücktritt auf 20-Monats-Tief

sjb_werbung_das_investment_300_200Devisenmarkthändler sehen den zwischenzeitlichen Rutsch des Euro auf ein 20-Monats-Tief zum Dollar am Montagmorgen als möglichen Anfang einer Abwärtsbewegung bis auf die Parität. Der Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten könnte erneute Turbulenzen für Europa bedeuten.

Matteo Renzi hat angekündigt, am Montag im Tagesverlauf seinen Rücktritt beim italienischen Präsidenten einzureichen. Der Euro verlor bis zu 1,5 Prozent auf 1,0506 Dollar, und näherte sich dem Tief vom März 2015 von 1,0458 Dollar, was der niedrigste Wert seit Januar 2003 war. Um 9:53 Uhr notierte die Gemeinschaftswährung bei 1,0644 Dollar noch 0,2 Prozent niedriger.

Die Wahrscheinlichkeit einer Abschwächung der europäischen Gemeinschaftswährung auf einen Dollar innerhalb der nächsten neun Monate wird bei mehr als 50 Prozent gesehen, verglichen mit 45 Prozent am Freitag und lediglich 16 Prozent vor einem Monat, wie Optionspreise signalisieren.

Wechselkurs des Euro in US-Dollar

Monatliche Entwicklung des Wechselkurses des Euro gegenüber dem US-Dollar von November 2015 bis November 2016

Neun der 53 von Bloomberg befragten Ökonomen prognostizieren, dass der Euro Ende 2017 einen Dollar oder weniger wert sein wird, verglichen mit zwei Ökonomen vor einem Monat. Die Deutsche Bank rechnet mit 95 Cent; Goldman Sachs Group Inc. hat die Euro-Parität zu einem ihrer Top-Handelsgeschäfte für 2017 gemacht. Société Générale und National Australia Bank erwarten, dass dies bis April eintreten kann.

„Parität klare Möglichkeit“
„Die Parität ist eine klare Möglichkeit zwischen jetzt und den französischen Wahlen im nächsten Jahr, aber das muss auch im Zusammenhang mit der erwarteten zusätzlichen US-Dollar-Stärke gesehen werden“, sagte Ray Attrill, Co-Leiter Devisen weltweit bei National Australia Bank in Sydney.

Für Italien „ist der Schlüsselfaktor in dieser Woche, ob eine Technokraten-Regierung rasch gebildet werden kann. Wenn nicht, werden die Probleme im Bankensektor in den Vordergrund treten, und das könnte zusätzlichen Abwärtsdruck für den Euro bedeuten“, sagte er.

Die diversen europäischen Wahlen im nächsten Jahr „werden den Euro unter Druck halten“, erwartet Daisuke Karakama, Chef-Marktökonom der Mizuho Bank in Tokio. Der Euro könne in den ersten drei Monaten des nächsten Jahres bis auf 1,02 Dollar sinken, aber die Parität sei unwahrscheinlich, nachdem diese selbst auf dem Gipfel der europäischen Schuldenkrise nicht erreicht wurde, argumentiert Karakama.

Wechselkurs des Euro in US-Dollar
Jährliche Entwicklung des Wechselkurses des Euro gegenüber dem US-Dollar von 1999 bis 2016

„Wenn die Wahlergebnisse in Frankreich und Deutschland das Risiko eines Ausscheidens dieser Länder aus der EU erhöhen würden, könnte der Euro kollabieren, aber wir sind noch nicht einmal so weit, über solch ein Szenario zu reden“, so Karakama weiter.

Sieg der Populististen
Renzi ist das jüngste politische Opfer einer Populismus-Welle in den Industrieländern, nach Großbritanniens Entscheidung für einen Austritt aus der Europäischen Union und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Denn das italienische Referendum zur Verfassungsreform hatte sich zu einer De-Facto-Vertrauensabstimmung über die Regierung Renzi entwickelt.

Von ihrem negativen Ergebnis dürfte die Fünf-Sterne-Bewegung  profitieren: Umfragen sehen die Eurokritiker derzeit bei Neuwahlen vorn. Laut EMG würde sie bei einer Stichwahl mit 53 zu 47 Prozent gegen Renzis Demokratische Partei und mit 57 zu 43 Prozent gegen einen Mitte-Rechts-Block gewinnen.

Austritt aus dem Euro?
Fünf Sterne hat bereits Neuwahlen gefordert, sollte Renzi bei dem Referendum scheitern. Die Bewegung möchte selbst ein Referendum für den Austritt Italiens aus dem Euroraum auf den Weg bringen, obwohl das nach einer Umfrage aus dem vergangenen Monat nur 15,2 Prozent der Italiener befürworten.

Renzi sagte, er stehe für Unterstützung bei der Bildung einer Übergangsregierung nicht zur Verfügung. Sein möglicher Nachfolger in einer Übergangsregierung könnten Finanzminister Pier Carlo Padoan, Senatssprecher Pietro Grasso und Kulturminister Dario Franceschini sein. Die etablierten Parteien hatten bereits Notfallpläne für den Fall des Scheiterns von Renzi vorbereitet.

Quelle: Das Investment

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