Mike Biggs, Michael Lai und Wiliam Mejia sind Schwellenländer-Spezialisten beim Vermögensverwalter GAM. Das Experten-Trio erklärt, was Deutschlands Investoren aus Chinas Wachstumsschwäche lernen sollten
DAS INVESTMENT: Die Weltwirtschaft lahmt, Zweifel an Chinas Aufschwung haben Hochkonjunktur. Nicht zuletzt das Wirtschaften auf Pump bereitet Sorgen. Teilen Sie die Bedenken?
Mike Biggs: Nein. Aus meiner Sicht kommt es darauf an, wie sich die Schuldenaufnahme einer Volkswirtschaft entwickelt. Nachdem die chinesische Regierung infolge der Finanzkrise 2009 ein gewaltiges Konjunkturprogramm aufgenommen hatte, ist die Neuverschuldung kontinuierlich gesunken. Damit einher ging eine schrumpfende Binnennachfrage, die das Wirtschaftswachstum gedämpft hat. Deswegen äußerten Investoren in den zurückliegenden fünf Jahren immer wieder ihre Angst vor einer harten Landung der chinesischen Konjunktur.
Die Chinas Regierung aber unbedingt verhindern will?
Biggs: Ja, die Administration in Peking ist solchen Bedenken jedes Mal mit einem vorübergehenden Anheben der Kreditaufnahme entgegengetreten, wodurch sie die Wachstumszahlen jeweils wieder stimulieren konnte.
Mike Biggs unterstützt als Investmentstratege den GAM Star Emerging Market Rates:
GAM Star Emerging Market Rates A USD Acc
ISIN: IE0031142098
Performance 1 Jahr: 4,7%
Volatilität 1 Jahr: 3,6%
Der GAM Star Emerging Market Rates kann von starken wie auch kriselnden Schwellenländern profitieren
Michael Lai: Bislang hat die Regierung alles im Griff und die notwendige Balance zwischen sinkender Schuldenaufnahme und Wirtschaftswachstum sehr gut hinbekommen. Zudem ermutigen uns die Reformen öffentlicher Unternehmen. China hat dort sowohl im Finanzsektor als auch auf dem Weg zu mehr Binnenwirtschaft Fortschritte gemacht. Während Überkapazitäten in bislang vorherrschenden Industrien wie dem Schiffsbau und der Stahlproduktion abgebaut werden, profitieren Einzelhandel und Hersteller zyklischer Konsumgüter.
Die Wachstumszahlen sinken damit allerdings weiter?
Lai: Ja, unterm Strich lässt sich festhalten, dass in diesem Jahr die Reformen einen etwas höheren Stellenwert als das Wachstum besitzen. Nichtsdestotrotz zeigt das erfolgreiche Umsetzen der Maßnahmen, wie robust Chinas Wirtschaft tatsächlich ist. Außerdem gehört die chinesische Währung Renminbi seit Oktober offiziell zum Währungskorb des IWF und steht damit nun auf einer Stufe mit Euro und US-Dollar. Der bevorstehende Generationenwechsel im Zentralkomitee der kommunistischen Partei spricht ebenfalls dafür, dass die chinesische Führung dem Umsetzen von Strukturreformen die weiterhin erforderliche Priorität verleiht.
Und wie dramatisch fallen die Folgen für die übrigen Schwellenländer aus?
Wiliam Mejia: Der beschriebene Wandel weg von der Exportwirtschaft bringt insbesondere Rohstoff exportierenden Schwellenländern auch aufgrund der sinkenden Öl- und Rohstoffnachfrage einigen Gegenwind. Das gilt ebenso für die erfolgten Abwertungen des Renminbi, da dies Chinas Wirtschaft noch wettbewerbsfähiger macht. Andererseits gibt es in den Schwellenmärkten aber sehr wohl Gewinner wie Airlines, Transportunternehmen und Chemiekonzerne, deren Erträge wegen der sinkenden Kosten steigen. Die wachsenden Profite in diesen Sektoren sind wiederum Chinas Investmentbanken zugutegekommen.
Apropos Gewinner und Verlierer. Wie richten Sie als Fondsmanager Ihre Portfolios auf diese Gemengelage aus und schützen sie vor Rückschlägen?
Lai: Die seit 2010 kontinuierlichen Maß- nahmen der Regierung, die Schulden nicht ausufern zu lassen, sondern als Wachstumstreiber abzulösen, um eine Krise wie in Japan in den 80er Jahren zu verhindern, bieten uns Investment-Chancen. So macht der Dienstleistungssektor inzwischen gut die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts aus, vor fünf Jahren waren es lediglich 35 Prozent. Wir wählen Unternehmen aufgrund ihrer Ergebnisse aus, folgen also einem Bottom-up-Ansatz. Dabei beachten wir, dass die Gesellschaften nur in begrenztem Maß vom allgemeinen Wirtschaftswachstum abhängig sind.
William Mejia managt mit dem GAM Star Emerging Alpha, einen AbsoluteReturn-Fonds, der in Aktien aus Schwellenländern investiert:
GAM Star (Lux) – Emerging Alpha C
ISIN: LU0435115307
Performance 1 Jahr: -8,8%
Volatilität 1 Jahr: 4,1%
Der GAM Star Emerging Alpha soll möglichst widerstandsfähig gegen Börsenturbulenzen sein
Haben Sie ein Beispiel parat?
Lai: Ja, ein gutes Beispiel ist Tencent, Chinas größtes und meistbenutztes Internetportal, das schon seit Jahren zu unseren Top-Positionen zählt. Das Unternehmen hat neuartige Funktionen und Kundendienste entwickelt, die vergleichbare Angebote deutlich übertreffen und Tencent einen Vorsprung vor westlichen Wettbewerbern bescheren.
Mejia: Den GAM Star Emerging Alpha managen wir so, dass der Fonds sich möglichst unabhängig vom Marktgeschehen entwickelt. Dazu setzen wir sowohl auf steigende als auch auf fallende Aktienkurse in Schwellenländern rund um den Globus. Trotz dieser marktneutralen Ausrichtung wollen auch wir die Aktien, denen wir Kursgewinne zutrauen, also die Long-Positionen, möglichst defensiv auswählen. Deshalb bevorzugen wir ebenfalls Unternehmen, die unabhängig vom Umfeld Profite machen und wachsen können, weil sie beispielsweise eine große Freiheit bei der Preisgestaltung haben.
Und wie finden Sie die Kandidaten mit den zu hohen Börsenkursen?
Mejia: Der entscheidende Faktor für die Kursentwicklung sind auch dort die Gewinne. Wir wollen diejenigen Unternehmen auswählen, die negativ überraschen und an den Erwartungen der Analysten scheitern. Die Short-Positionen machen etwa 45 Prozent des Portfolios aus. Zurzeit sind dies insbesondere Ölförderer und Stahlproduzenten, denen eine schwache Nachfrage nach Rohstoffen zu schaffen macht. Bei Minenunternehmen halten wir uns allerdings zurück, da die Aktienkurse bereits ausverkauft scheinen.
Michael Lai lenkt den Aktienfonds GAM Star China. Zu seinem Anlageuniversum gehören Titel aus dem Reich der Mitte sowie Hongkong:
GAM Star China Equity – USD (Acc)
ISIN: IE00B1W3WR42
Performance 1 Jahr: -8,2%
Volatilität 1 Jahr: 20,9%
Mit dem GAM Star China setzen Anleger auf steigende Börsenkurse in der Volksrepublik
Biggs: Mit dem GAM Star Emerging Market Rates können wir ebenfalls auf sinkende Kurse setzen. Wir investieren in Schwellenland-Bonds sowohl in harter als auch lokaler Währung und in Währungen selbst. Aktuell gehören etwa türkische Anleihen zu unseren Short-Positionen, da wir das Land als besonders krisenanfällig einschätzen. Wegen des mäßigen Nachfragewachstums in China erwarten wir außerdem, dass HK-Dollar und Südkoreanischer Won nachgeben. Dagegen sehen wir Anleihen und Währungen in Brasilien und Russland im Aufschwung. Zuversichtlich sind wir zudem für indische und malaysische Titel. Diese Länder sollten besonders von dem anziehenden Wachstum in den Emerging Markets profitieren.
Quelle: Das Investment