Die Immobilie: Sind Immobilienfonds Schattenbanken?

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Die EBA-Leitlinie und ihre Auswirkungen auf Kapitalanlagen: Wenn ab dem 1. Januar 2017 die Bestimmungen der EBA-Leitlinie für Schattenbanken in Kraft treten, kann dies auch Immobilieninvestments betreffen, die über Investmentfonds und Verbriefungsvehikel eingegangen werden. Ein Gastbeitrag von Ulrich Keunecke, Partner bei der KPMG Law.

Schattenbanken und Schattenbankensysteme gelten als eine der Ursachen für die Finanzkrise und rücken zunehmend in den Fokus der Regulierung. Infolge der Finanzkrise wurden zunächst die Banken stärker reguliert. Diese, nun strengeren Kapitalanforderungen ausgesetzt, sind dementsprechend in der Darlehensvergabe zurückhaltender geworden. Die Lücke wird unter anderem von Kreditfonds und Crowdfunding-Unternehmen gefüllt. Damit indessen wächst unter Branchenkennern zugleich die Sorge, dass eine Zunahme unregulierter Kreditvergabe in eine erneute Krise führen könnte. Das Schattenbankensystem war wesentlich an der US-Immobilienblase beteiligt, die 2007 platzte und in die weltweite Finanzkrise mündete: Jahrelang waren günstige Hypothekendarlehen ausgereicht worden, die sodann in Anleihen verpackt und an Banken und andere institutionelle Investoren verkauft wurden. Vor diesem Hintergrund wird aufgrund der möglichen intensiven Verbindungen mit Schattenbanken und den ihnen innewohnenden Risiken eine entsprechende Ansteckungsgefahr auch auf die regulierten Finanzmärkte gesehen.

Auf der EU-Ebene hat sich die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority – EBA) dieses Themas angenommen und im Juni 2016 die „Leitlinien über Obergrenzen für Risikopositionen gegenüber Schattenbankunternehmen“ veröffentlicht. Um diesen Leitlinien nachzukommen, müssen die zuständigen Behörden und Finanzinstitute nach EU-Recht alle erforderlichen Anstrengungen unternehmen, um diesen Leitlinien nachzukommen, oder erläutern, warum sie sich dagegen entscheiden („Comply or Explain“).

In den Leitlinien hat die EBA die aus ihrer Sicht angemessenen Aufsichtspraktiken innerhalb des Europäischen Finanzaufsichtssystems festgelegt, und wie das Unionsrecht in einem bestimmten Bereich anzuwenden ist. Die zuständigen Behörden sollen die an sie gerichteten Leitlinien in geeigneter Weise in ihre Aufsichtspraktiken integrieren. Für die Bundesrepublik Deutschland wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dies durch ein Rundschreiben umsetzen, das im Juni 2016 zur Konsultation gestellt wurde. Die Regelungen gelten sodann ohne weiteren Übergangszeitraum ab dem 1. Januar 2017.

Das im Entwurf vorliegende BaFin-Rundschreiben spiegelt im Wesentlichen den Inhalt der EBA-Leitlinie wortgetreu. Der Anwendungsbereich des Rundschreibens wird sich auf sämtliche Kreditinstitute erstrecken mit Ausnahme der bedeutenden beaufsichtigten Unternehmen im Sinne der EU-Verordnung zur Einrichtung eines Rahmenwerks für die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen zuständigen Behörden und den nationalen benannten Behörden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM-Rahmenverordnung). Diese bedeutenden Unternehmen werden direkt durch die Europäische Zentralbank (EZB) beaufsichtigt und unterliegen daher direkt den von der EZB als EU-Institution angewendeten EBA-Leitlinien. Zudem gilt das BaFin-Rundschreiben für alle Finanzdienstleistungsinstitute der Gruppen I, II und V.

Das Rundschreiben gibt die Methodik vor, nach der Institute aufgrund ihrer internen Richtlinien und Verfahren das aus Risikopositionen gegenüber Schattenbankunternehmen erwachsende Konzentrationsrisiko erfassen und steuern sollen. Insbesondere enthält das Rundschreiben Kriterien für die Ermittlung und Festsetzung einer geeigneten Gesamtobergrenze für Risikopositionen gegenüber Schattenbankunternehmen, die außerhalb eines Regelungsrahmens Banktätigkeiten ausüben, sowie von Obergrenzen für einzelne Risikopositionen gegenüber solchen Schattenbankunternehmen.

Wann wird die Immobilienanlage zur Schattenbank?
Der Begriff der Schattenbanken aus der EBA-Leitlinie ist weitreichend und wird durch ausdrückliche Ausnahmen eingegrenzt. Danach sind Schattenbanken alle Akteure und Aktivitäten auf den Finanzmärkten, die bankähnliche Funktionen insbesondere im Kreditvergabeprozess wahrnehmen, ohne selbst ein reguliertes Kreditinstitut zu sein. Bankähnliche oder vergleichbare Geschäfte, die bisher nicht reguliert sind, sollen damit zumindest indirekt reguliert werden, wenn sie Zugang zu bereits regulierten Marktteilnehmern erhalten. Auswirkungen hat die EBA-Leitlinie damit nicht zuletzt auf Verbriefungsvehikel und Alternative Investmentfonds (AIF).

Diese weitreichende Definition von Schattenbanken stellt die Praxis vor nicht minder weitreichende Herausforderungen. Statt eines abschließenden Katalogs relevanter Unternehmen oder Rechtsformen sieht die EBA-Leitlinie eine zweistufige Ermittlung von Schattenbanken vor.

Die erste Stufe eröffnet eine im Hinblick auf bestimmte Aktivitäten unbegrenzte Ebene. Genannt werden bestimmte Bankaktivitäten wie zum Beispiel das Einlage- und Kreditgeschäft oder Bürgschaften. Sodann finden sich auf der zweiten Stufe ausgewählte Ausnahmen, die, auch wenn sie die auf der ersten Stufe genannten Aktivitäten betreiben, nicht unter die Schattenbankdefinition fallen. Alle übrigen Unternehmen, die eine der in dem vorgegeben Handlungskatalog genannten Aktivitäten verfolgen, sind Schattenbanken. Davon erfasst sind etwa alle Zweckgesellschaften, die nicht in die bankaufsichtsrechtliche Überwachung auf konsolidierter Ebene einbezogen sind, sowie Alternative Investmentfonds (AIF) in der Form von Debt Funds sowie wenn sie in beträchtlichem Maße Leverage aufnehmen oder Darlehen erwerben oder ausreichen können. Dagegen sind Vehikel, denen aufgrund der entsprechenden EU-Regulierungen nicht die schattenbankspezifischen Risiken zuerkannt werden, aus der Schattenbankendefinition ausdrücklich ausgenommen. Hierzu zählen etwa der European Long Term Investment Funds (ELTIF) und der European Venture Capital Funds (EuVeCa).

Bei der Herleitung der Begriffsbedeutung der Schattenbank ist jedoch weiter auszuholen. Dass beispielsweise regulierte Investmentfonds in den Schattenbankenbegriff einbezogen sind, wird dem Ziel der EBA-Leitlinie nicht gerecht. Laut ihrem Grünbuch vom März 2012 beabsichtigt die EU-Kommission vor allem solche Vehikel zu regulieren, die durch die Aufnahme von Krediten gehebelt sind, die Fristentransformation betreiben oder die bei massiven Rückgaben die Stabilität des Finanzsystems gefährden können. Bei näherer Betrachtung betrifft dies aber allenfalls Investmentfonds, die für verstärkte Rückgaben der Anleger anfällig sind und die gleichwohl keine geeigneten Mechanismen zur Liquiditätssteuerung implementiert haben. Dies ist bei europäischen regulierten offenen und bei geschlossenen AIF bereits strukturimmanent nicht der Fall. Diese Fondstypen weisen daher typischerweise keinerlei Risiken auf, die mit Schattenbanken assoziiert werden.

Allerdings ist in der finalisierten und verabschiedeten Leitlinie zumindest bezüglich der Anwendbarkeit etwa auf Immobilien-, Infrastruktur- und Private Equity-AIF insoweit ein wichtiger Schritt getan, da diese typsicherweise nicht im Sinne der Leitlinie „beträchtlichen“ Leverage aufnehmen und damit ebenso wie die ELTIFs nicht als Schattenbank gelten sollten.

Macht die Innenfinanzierung eine Struktur zur Schattenbank?
Gerade bei Immobilienfonds werden aus steuerlichen Gründen Darlehen von der Fondsgesellschaft an die vom Fonds gehaltenen Immobiliengesellschaften ausgereicht – so genannte Gesellschafterdarlehen. Rein wirtschaftlich werden Finanzmittel also als Fremdmittel und nicht als Eigenkapital ausgereicht. Eine Außenwirkung gegenüber nicht zum Fonds gehörenden Dritten – etwa Banken – ist damit nicht verbunden. Werden nun innerhalb eines Fonds solche Gesellschafterdarlehen ausgereicht, stellt sich die Frage, ob solche typischerweise zur Verbesserung der Finanzierungsstruktur und zur Renditeoptimierung eingesetzten Gestaltungen ohne Außenwirkung außerhalb des jeweiligen Fonds, einen Alternativen Investmentfonds (AIF) zur Schattenbank werden lassen. Dem bloßen Wortlaut der EBA-Leitlinie folgend wäre ein solcher AIF, wenn er ein Darlehen an eine von ihm gehaltene Gesellschaft ausreicht, eine Schattenbank. Denn Schattenbanken sind insoweit alle Unternehmen, die „gemäß den betreffenden Vertragsbedingungen des Fonds oder der Satzung Kredite bereitstellen dürfen oder Finanzierungen Dritter erwerben dürfen, die in der Bilanz des Unternehmens ausgewiesen werden“. Eine Unterscheidung zwischen der Darlehensvergabe an gegenüber dem Fonds außenstehende Darlehensnehmer und fondsinternen Finanzierungsstrukturen ist danach nicht vorgesehen.

Dem Ziel der EBA-Leitlinie, nicht regulierte Marktteilnehmer, von denen aufgrund ihrer bankähnlichen Aktivitäten ein entsprechendes Risiko ausgeht, einzufangen, wird man mit einem solchen Verständnis nicht gerecht. Die Leitlinie ist darauf ausgerichtet, systemische Finanzmarktrisiken zu kontrollieren. Wird eine fondsinterne Finanzierung nicht über Eigenkapital, sondern über Gesellschafterdarlehen gestaltet, werden daraus keine entsprechenden Finanzmarkt- oder sonstigen Risiken generiert, so dass Gesellschafterdarlehensstrukturen außerhalb der Betrachtung stehen sollten.

Bei genauer Betrachtung scheint auch die EBA-Leitlinie dieser Herangehensweise zu folgen: Die Leitlinie stellt ausdrücklich fest, dass als Schattenbanken solche Unternehmen gelten, die „Finanzierungen Dritter erwerben dürfen“. Der Fokus liegt hier klar auf einer Außenwirkung gegenüber Dritten. Diesen Argumentationsweg fortschreitend ist auch bei der Darlehensvergabe – und nicht nur bei dem Erwerb von Darlehen – maßgeblich, ob das Darlehen gegenüber einem wirtschaftlich dem Fonds gegenüber Dritten gewährt wird – dann Schattenbank – oder es sich nur um eine fondsinterne Finanzierungsstruktur handelt – dann keine Schattenbank. Eine solche Umsetzung würde dem Gedanken der EBA-Leitlinie gerecht werden.

Die BaFin als deutsche Aufsichtsbehörde hat sich zu diesem Punkt bisher nicht geäußert. Nachdem der deutsche Gesetzgeber auch von AIF ausgereichte Gesellschafterdarlehen einer ausdrücklichen Regelung unterzogen hat bleibt abzuwarten, ob die BaFin daraus Kriterien ableitet, die die oben genannte Auslegung der EBA-Leitlinie modifiziert.

Auch Verbriefungsgesellschaften sind Schattenbanken
Die für Fonds genannten Überlegungen beziehungsweise der zugrunde liegende Gedanke, allein spezifische Risiken zu vermeiden und nicht schlechterdings jedwedes Vehikel zu erfassen, sollten auch bei Verbriefungsvehikeln zu einer einschränkenden Auslegung führen. Der europäische Gesetzgeber hat die EBA in der sogenannten Kapitaladäquanzverordnung (Capital Requirements Regulation, kurz CRR) aufgefordert, eine etwaige Betroffenheit der Realwirtschaft zu berücksichtigen: „In developing those guidelines, EBA shall consider whether the introduction of additional limits would have a material detrimental impact on the risk profile of institutions established in the Union, on the provision of credit to the real economy or on the stability and orderly functioning of financial markets.”

Hierbei sollte auch in die Überlegungen einbezogen werden, dass die EU mit ihren jüngsten Bemühungen einer Kapitalmarktunion unter anderem das Ziel verfolgt, bei Anlegern angehäufte Liquidität wieder dem Markt zuzuführen.

Zusätzliche Kontrollen bei Anlagen in Schattenbanken zu implementieren
Die Schattenbankvehikel selbst werden durch die EBA Leitlinie nicht unmittelbar adressiert. Adressatenkreis sind vielmehr bereits regulierte Institute. Diese sollen durch die Schaffung von jeweils internen Management- und Überwachungsprozessen sowie die Einführung von spezifischen Obergrenzen gegenüber Schattenbanken in ihren Aktivitäten mit dem Schattenbanksektor eingeschränkt werden.

Neue interne Prozesse und Managementanforderungen
Die EBA-Leitlinie verlangt von den Instituten, die in Schattenbanken investieren, eine eingehende Auseinandersetzung mit der Identifizierung, Steuerung und Überwachung von Engagements gegenüber Schattenbanken. Insbesondere werden qualitative Voraussetzungen an die internen Prozesse und erforderlichen Kontrollmechanismen aufgestellt. Ferner muss das Management aktiv eingebunden sein.

Anlagegrenzen für Anlagen in Schattenbankenprodukte
Für Anlagen in Schattenbanken sind Anlagegrenzen festzusetzen. Gemäß dem Principal Approach sind durch Institute neben einem Gesamtlimit gegenüber sämtlichen Schattenbanken auch individuelle Einzellimite festzulegen. Die Höhe der jeweiligen Einzellimite für eine Schattenbank soll vom jeweiligen Informationslevel abhängen. Die abzufragenden Informationen beziehen sich unter anderem auf den Beaufsichtigungsgrad der Schattenbank, Finanzinformationen, Finanzsituation, Portfolio sowie die Anfälligkeit in Bezug auf Asset-Price- und Kreditvolatität. Um überhaupt Einzellimite festlegen zu können, sind also schon insoweit von den beteiligten Schattenbanken hinreichende Informationen und ein entsprechend hohes Transparenzlevel erforderlich.

Liegen die im Principal Approach erforderlichen Informationen nicht oder nicht hinreichend vor und ist er daher nicht auf alle Forderungen anwendbar, eröffnet die EBA-Leitlinie mit dem Fallback Approach eine Auffangmöglichkeit. Sofern die grundsätzlichen Anforderungen an die internen Prozesse erfüllt werden, sind alle intransparenten Schattenbank-Exposures einem fiktiven Sammel-Kreditnehmer mit einem bestimmten Gesamtlimit der anrechenbaren Eigenmittel zuzuordnen. Da sich der Fallback Approach gegenüber dem Principal Approach nachteilig auf die möglichen Gesamtinvestments in Schattenbankenexposures auswirken kann, wird im Ergebnis Druck auf die Schattenbanken ausgeübt, transparenter zu werden.

Konsequenzen
Bei Beteiligungen an Investments, die als Schattenbanken qualifizieren könnten, wie etwa Immobilienfonds, sind die EBA-Leitlinien insbesondere in ihrer Auslegung der Definition der Schattenbank zu prüfen. Dabei sollte der Begriff der Schattenbank auf diejenigen Vehikel ausgerichtet werden, die die von ihr zu Recht angemerkten Risiken auslösen können. Fondsinterne Finanzierungsstrukturen, wie etwa Gesellschafterdarlehen sollten dementsprechend außer Acht bleiben. Liegt eine Investition in eine Schattenbank vor, sind die internen organisatorischen Anforderungen an das Halten einer solchen Beteiligung einzuhalten und entsprechende Organisationsstrukturen sind vorzuhalten. Die betroffenen Schattenbankvehikel wiederum müssen die aus der EBA-Leitlinie resultierenden Reportinganforderungen erfüllen, um Erwerbsmöglichkeitsbeschränkungen bei Investoren weitest möglich zu reduzieren.

Quelle: Die Immobilie

Siehe auch

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