Pressemitteilung Allianz Global Investors: Trumps Wahlsieg: Mehr Unsicherheit für eine ohnehin schon unsichere Welt

teaser_pm-allianz_300_200Allianz | Frankfurt, 09.11.2016.

Der zukünftige Präsident ist ein politischer Außenseiter, der gerne im Rampenlicht steht und den Status Quo auf den Kopf stellen möchte. Die Märkte mögen zwar einige seiner Ideen durchaus attraktiv finden, doch das Bedürfnis nach Zuverlässigkeit überwiegt – und die wird es mit ihm kaum geben.

Wesentliche Erkenntnisse

Solange Trumps Politik noch nicht klar ist, stellen seine Rhetorik in Bezug auf Handel, Einwanderung und internationale Zusammenarbeit eine Bedrohung für das Wirtschaftswachstum in den USA und weltweit dar.

Die Risikobereitschaft an den US-Märkten dürfte sinken und die Märkte von einer zunehmenden Volatilität und einer erhöhten Nachfrage nach Gold und amerikanischen Staatsanleihen geprägt sein; Krankenhausaktien könnten einbrechen.

Protektionismus wird zum größten Anlagethema werden, vor allem in Asien; wir erwarten bei asiatischen Anleihen eine Flucht in die Qualität.

Europäische Aktien könnten nun ironischerweise im Vergleich zu den USA zu einem Bollwerk der Stabilität werden; kurzfristig ist im Fixed-Income-Bereich mit Risikoaversion, sinkenden Renditen und einer Abflachung der Renditekurve zu rechnen.

So spalterisch und erbittert wie der Wahlkampf der letzten 20 Monate war wohl noch kaum einer in der Geschichte der USA – weshalb ihm auch die volle Aufmerksamkeit von Regierungen wie Bürgern weltweit sicher war.
Nach einem langem und harten Wahlkampf steht nun das Ergebnis endlich fest: Donald Trump ist der gewählte Präsident der Vereinigten Staaten. Für Millionen Menschen in den USA und im Rest der Welt ist dieses Ergebnis schockierend, und wenn der Paukenschlag verhallt ist, wird es zweifellos das Ansehen der USA in den Augen der Welt schmälern. Man muss gar nicht parteiisch sein, um zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln werden: Nach allem, was Trump im Wahlkampf gesagt und wie er sich verhalten hat, ist klar, dass der nächste Präsident der Vereinigten Staaten versuchen wird, die Weltordnung aufzumischen. Dafür braucht er nicht einmal die Unterstützung seiner eigenen Partei im Kongress (die er vielleicht auch tatsächlich nicht bekommt): Als Chef der Exekutive kann er eine ganze Menge tun, um die internationalen Beziehungen auf den Kopf zu stellen.
Das heißt, die geopolitischen Risiken sind gerade deutlich gestiegen, und es ist praktisch sicher, dass die Märkte kurzfristig entsprechend reagieren werden. Noch bedeutender für die Märkte ist aber vielleicht die Tatsache, dass Trump seinen Sieg nicht in einem Vakuum errungen hat. Er fällt in ein Jahr voller Überraschungen – Sie erinnern sich an den Brexit? – die nicht nur die konventionellen Auffassungen von der Globalisierung über den Haufen geworfen haben, sondern auch die alle Konventionen der Nachkriegszeit.

Die Anleger können nun zusätzliche Schwierigkeiten vermeiden, indem sie keine langfristigen Entscheidungen treffen, solange die Märkte in den nächsten Tagen dieses Ergebnis verdauen; wir haben erst jüngst erlebt, wie sich die Märkte nach massiven Ausschlägen innerhalb von 24 bis 48 Stunden wieder eingependelt haben. Natürlich müssen die Anlagerisiken gesteuert und Chancen genutzt werden. Deshalb wollen wir hier eine Einschätzung abgeben, welche Auswirkungen der Wahlausgang in den nächsten Wochen für Volkswirtschaften, Märkte und Anleger haben könnte.

Wirtschaftliche Auswirkungen für die USA

Trumps historischer Wahlsieg und seine Ablehnung des Status Quo haben weitreichende Auswirkungen für die US-Wirtschaft. Er hat eine ganz andere Weltsicht als viele Republikaner, doch wenn der republikanische Kongress nicht voll hinter ihm stehen sollte, kann er bestimmte Punkte auf seiner Agenda mit ein paar brachialen Maßnahmen voranbringen.

Die Anleger sollten drei Punkte beachten, wenn sie die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Trump-Wahlsiegs abwägen:

1. Trumps Opposition gegen das politische Establishment, kombiniert mit zahlreichen politischen Details, bringt eine deutliche Erhöhung der Ereignisrisiken mit sich – zumindest so lange, bis die Märkte mehr Klarheit darüber haben, wohin er das Land führen will. Seine extreme Rhetorik in Sachen Handel und internationaler Kooperation bedroht nicht nur das Wachstum der USA, sondern auch global.

2. Die Präsidentschaft von Donald Trump könnte der US-Wirtschaft Impulse geben, wenn man seine Vorschläge zu Unternehmenssteuerreform und Infrastruktur-ausgaben betrachtet.

3. Allerdings könnten Trumps Budgetvorschläge auch die Staatsverschuldung erheblich erhöhen, was wiederum langfristig wirtschaftlichen Gegenwind – und möglicherweise eine höhere Inflation und höhere Zinsen – bringen würde.

Auswirkungen für Anlagen in den USA

Aufgrund der Unwägbarkeiten und der Unberechenbarkeit Trumps erwarten wir eine Phase der Risikoaversion mit höherer Volatilität und einer stärkeren Nachfrage nach sicheren Anlagen wie Gold und US-Staatsanleihen.

Angesichts der wiederholten Ankündigung Trumps, „Obamacare“ ein Ende zu setzen, dürften Krankenhausaktien Kurseinbrüche erleben.

Wenn sich der erste Schock gelegt hat, können wir uns wahrscheinlich auf die von Trump geplanten Steuerreformen freuen und auf die Aussicht, dass einige der Republikaner im Kongress ein Gegengewicht zu den extremen Positionen Trumps bilden werden.

Später dann werden sich die Märkte dann wohl an die Deglobalisierungsrisiken anpassen, was die Aktienmärkte belasten könnte, sowie an die Inflationsrisiken, wovon die Anleihenmärkte betroffen wären. Vieles hängt jedoch davon ab, wie effektiv Trump einem Kongress, der zwar republikanisch dominiert ist, aber dennoch nicht ganz auf seiner Seite steht, seine Ideen verkaufen kann.

Auswirkungen für Anlagen in der Asien-Pazifik-Region

Nach Trumps Wahlsieg wird Protektionismus das beherrschende Anlagethema sein. Wir rechnen damit, dass die Handelsflüsse langfristig kollabieren und die Zölle steigen. Dies wird den exportabhängigen asiatischen Ländern weiter zusetzen.

Trump wird aus dem meisten asiatischen Ländern keine politische Unterstützung erhalten, auch wenn er mit dem philippinischen Präsidenten Duterte vieles gemein hat.

Von Amerikas Verbündeten wird Trump wahrscheinlich eine Kostenbeteiligung für die Sicherheitsgarantien der USA verlangen. Erhält er diese nicht, könnten die USA ihre Präsenz verringern und damit China Gelegenheit geben, die Muskeln spielen zu lassen. Wir erwarten einen massiven Anstieg der Verteidigungsausgaben in Asien – vor allem in Japan und Korea.

Bei asiatischen Anleihen, die die Abwärtsbewegung bei US-Staatsanleihen mitvollziehen werden, rechnen wir mit einer Flucht in die Qualität.

Die Befürchtung der Anleger, dass Trumps protektionistische Politik das Wachstum dämpfen wird, wird sich in sinkenden Aktienkursen niederschlagen, und entsprechend dürften sich auch die Spreads in Asien erweitern.

Auswirkungen für Anlagen in Europa

Wir glauben, dass sich die direkten Auswirkungen von Trumps Präsidentschaft auf europäische Unternehmen in Grenzen halten werden und Europa im Vergleich zu den USA – ironischerweise – zu einem Bollwerk der Stabilität werden könnte.

Der Wahlsieg Trumps dürfte Unternehmen Probleme bereiten, die einen hohen Anteil ihrer Gewinne in US-Dollar erzielen, da der US-Dollar angesichts der kurzfristigen Verunsicherung an Boden verlieren dürfte.

Der Markt für festverzinsliche Wertpapiere wird kurzfristig in eine Phase der Risikoaversion eintreten, was fallende Anleiherenditen und eine Abflachung der Renditekurve bedeutet.

Längerfristig werden die Renditen langfristiger

Anleihen steigen, weil die Märkte von Trump als Präsidenten umfangreiche Steuersenkungen und massive Infrastrukturausgaben erwarten.

Wie es mit der Welt weitergeht

Diese Wahl war gleichermaßen fesselnd und beunruhigend und hat unangenehme Fragen über die Zukunft aufgeworfen, die noch unbeantwortet sind. Persönlichkeiten und Herabwürdigungen – statt Politik und Ziele – standen größtenteils im Mittelpunkt, und Amerika ist in weiten Teilen tief gespalten. Dies deutet darauf hin, dass die Fähigkeit des Landes zur führenden Weltmacht in Frage stehen könnte, auch wenn noch Hoffnung besteht, dass die Stärke der amerikanischen Verfassung die Oberhand behält und für Ordnung sorgt.

Allerdings haben wir nach dem überraschenden Ausgang des Brexit-Referendums und angesichts des fast weltweit herrschenden Misstrauens gegenüber Politikern und Regierungen – die im kommenden Jahr in vier wichtigen Wahlen in Europa auf die Probe gestellt werden – den Eindruck, dass derzeit ein neues Thema Fuß fasst. Die politischen Trends machen derzeit erhebliche Verschiebungen durch, mit wachsenden Risiken durch Deglobalisierung, verstärkte Regulierung und die zunehmende Einmischung der Regierungen in Märkte und Unternehmen. Wachsende geopolitische Befürchtungen und Handelsspannungen untergraben das Vertrauen der Anleger und die Investitionspläne der Unternehmen, wodurch sich das ohnehin schon schwache globale Wachstum noch weiter abschwächen könnte.

Wir erwarten deshalb, dass unsere These anhaltender finanzieller Beschränkungen und anhaltend niedriger Zinsen gültig bleibt und dass die Anleger sich nun unter schwierigeren politischen und makroökonomischen Rahmenbedingungen nach akzeptablen risikobereinigten Renditen umsehen müssen. Dies macht wiederum deutlich, wie wichtig aktives Management ist, um Portfolios in ihrer Asset-Allokation flexibel zu halten, mit einem auf Überzeugung basierenden Anlageprozess und gründlichem globalem Research sowie Einblicken in jede einzelne zugrunde liegende Anlageentscheidung.

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