Der Anteil passiver Fonds am gesamten Fondsvermögen wächst rasant. Es werde vielfach von einem „Marktanteil passiven Investierens von mittlerweile rund 20 Prozent gesprochen“, meint Gerd Kommer. Doch diese Zahl stimme nicht, sagt der Finanzanalyst und Buchautor – und rechnet nach.
In Diskussionen um die Entwicklung des Markts für passive Fondsprodukte werde häufig von einem Marktanteil von mittlerweile rund 20 Prozent gesprochen, meint der Finanzanalyst und Buchautor Gerd Kommer. Dabei werde dieser Anteil sowohl von ETF-Befürwortern als auch von ETF-Gegnern benutzt. Während die Befürworter den hohen Marktanteil als Indikator für den Erfolg des passiven Investierens betrachten, erwarten die Gegner, dass mit steigender ETF-Zahl auch die Markt-Inneffizienz steigt. Das würde aktiven Managern einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Indexfonds verschaffen.
Die 20 Prozent hinterfrage aber niemand, moniert Kommer in einer Kolumne für die Online-Publikation Der Neue Finanzberater. Kommer hat diese Zahl hinterfragt – und kommt zu einem ganz anderen Ergebnis.
Seine Argumentation: Die Zahl von 20 Prozent stamme aus dem US-amerikanischen Publikumsfondsmarkt. Im europäischen Fondsmarkt sei diese Zahl viel niedriger; im lateinamerikanischen oder asiatischen Markt spielten ETFs so gut wie keine Rolle.
Ein isolierter Blick auf den Publikumsfonds-Markt irreführend
Außerdem sei ein isolierter Blick auf den Publikumsfonds-Markt falsch. Denn im globalen Asset-Universum seien Publikumsfonds lediglich einer der vielen Vertriebskanäle für das Anleger-Kapital. Wer also den Anteil des passiven Investierens ermitteln will, müsse alle diese Kanäle berücksichtigen, da Anleger ihre Gelder laufend von einem Kanal in den nächsten verschieben.
In seinem Kommentar zählt Kommer zwölf solche Kanäle auf. Diese sind:
1. Publikumsfonds
2. Hedgefonds
3. Private und staatliche Pensionsfonds
4. Private-Equity-Fonds
5. Sovereign-Wealth-Fonds
6. Lebens- und Rentenversicherungen
7. Sonstige Spezialfonds von vermögenden Privathaushalten und Family Offices, Unternehmen, Banken und anderen
8. Direkte Geld- und Kapitalmarktinvestments von Privathaushalten, Unternehmen und Staat
9. Eigenkapitalanlagen in nicht-börsennotierte Unternehmen
10. Bankkredite an börsennotierte und nicht-börsennotierte Unternehmen
11. Investments in Wohnimmobilien durch Privathaushalte
12. Investments des Staates in die öffentliche Infrastruktur
„Die Grenzen zwischen diesen Kanälen sind durchlässig“, schreibt Kommer und führt als Beispiel einen Privathaushalt an, der sein Eigenheim verkauft, weil er Wohnimmobilien für überbewertet hält und die freigewordenen Mittel in ein Dax-ETF investiert. Um den weltweiten Anteil passiven Investierens zu ermitteln müsse man daher alle diese Vertriebskanäle betrachten.
Publikumsfonds machen nur einen geringen Anteil des weltweit verwalteten Vermögens aus
Und tut man das, ergibt sich ein ganz anderer Marktanteil für Indexfonds, so Kommer weiter. Denn der Publikumsfonds-Markt macht nur einen kleinen einstelligen Prozentsatz aller zwölf Vertriebskanäle aus. Nimmt man diese also als Grundlage, liegt der ETF-Anteil am weltweit verwalteten Vermögen laut Kommer unter 1 Prozent.
Von: Svetlana Kerschner
Quelle: Das Investment