Der Staatsanleihenmarkt von heute ist historisch mit nichts vergleichbar. Nie zuvor haben Händler so viel dafür bezahlt Anleihen im Volumen von Billionen Dollar zu halten und so wenig dafür bekommen. Erstaunliche Zahlen aus 500 Jahren aufgezeichneter Geschichte. Bondmarkt-Experte Jack Malvey hat bis 1871 in der Vergangenheit geforscht und konnte keinen Zeitraum finden, in dem die globalen Renditen auch nur annähernd so niedrig waren wie heute. Noch weiter ging Bill Gross, der per Twitter äußerte, die Renditen seien derzeit die niedrigsten in „500 Jahren aufgezeichneter Geschichte.“
Bescheidenes Wirtschaftswachstum, negative Zinsen und außerordentliche Käufe der Zentralbanken haben dafür gesorgt, dass Staatsanleihen bei Investoren gefragt bleiben, obwohl die Rendite von Papieren im Volumen von über 8 Billionen Dollar unter null gesunken ist. Investoren verzichten auf jegliche Sicherheitsmarge und treiben die Kurse immer höher.
Damit wächst die Sorge, dass die schier unersättliche Nachfrage die Investoren blind gemacht hat für mögliche Gefahren, die zu schmerzhaften Verlusten führen können – zumal die US-Notenbank Federal Reserve auf Kurs ist, die Zinsen zu erhöhen.
„Das macht den Markt absolut anfälliger“, warnt Torsten Slok, internationaler Chefökonom bei der Deutsche Bank in New York.
Über die Blase am Bondmarkt hinaus liefert die Historie einige Hinweise. Die Rendite 10-jähriger US-Treasuries liegt mit 1,62 Prozent inzwischen unter der Dividendenrendite der Aktien im S&P 500 Index von 2,17 Prozent. Damit sind die Bonds in Relation zu Aktien seit fünf Monaten überteuert. Das ist erst das dritte Mal in den letzten 50 Jahren passiert und nach den letzten zwei Malen erlitten Treasuries die größten jemals verzeichneten Jahresverluste: 2009 waren es 3,7 Prozent und 2013 3,4 Prozent, wie aus Index-Daten von Bank of America hervorgeht.
Viel steht auf dem Spiel: Die durchschnittliche Rendite für 10-jährige Bonds in den USA, Japan, Deutschland und Großbritannien – mit einem Volumen an ausstehenden Staatsanleihen von über 25 Billionen Dollar – ist in der vergangenen Woche nach Daten von Bank of New York Mellon auf 0,69 Prozent gesunken. Das ist der niedrigste bislang verzeichnete Wert und liegt deutlich unter den durchschnittlich fünf Prozent Rendite über den Zeitraum der letzten 145 Jahre.
Bei derart niedrigen Renditen lassen sich Käufer keinen Raum für Irrtümer. In den USA liegt die Laufzeitprämie, die den Renditeunterschied zwischen langfristigen und kurzfristigen Anleihen zum Ausdruck bringt, mittlerweile bei minus 0,47 Prozentpunkten für 10-jährige Treasuries. Die Prämie sollte eigentlich im positiven Bereich liegen und tat das auch in fast jedem der letzten 50 Jahre. Aber seit Jahresanfang wurde aus dem Aufschlag ein Abschlag, was signalisiert, dass Investoren kein Risiko am Horizont ausmachen, das die Renditen höher treiben könnte. Gleiches gilt für Japan, Deutschland und Großbritannien wo die Benchmark-Renditen in der vergangenen Woche auf Allzeittiefs gesunken sind und die Laufzeitprämie ebenfalls negativ wurde.
Die „Laufzeitprämie sollte eigentlich fast niemals negativ sein, aber wir befinden uns in einer neuen Normalität“, sagt Stanley Sun, Stratege bei Nomura Holdings in New York.
Für einige Bondmarkt-Experten ist das ein Grund, Alarm zu schlagen. Gross, Manager des Janus Global Unconstrained Bond Fund im Volumen von 1,3 Milliarden Dollar, sagte, die ultraniedrigen Bondrenditen weltweit seien eine „Supernova, die eines Tages explodieren wird“.
Malvey, globaler Chef-Marktstratege bei Bank of New York Mellon, ist optimistischer, gibt aber zu, dass „die Möglichkeit unbeabsichtigter Folgen nicht ausgeschlossen werden kann“.
Was auch immer geschehen wird, eines ist klar: Einen Bondmarkt wie diesen hat es noch nie gegeben.
Von: Bloomberg
Quelle: DAS INVESTMENT.