Trotz jüngster Goldpreisanstiege raten einige von DAS INVESTMENT.com befragte Experten vom gelben Edelmetall ab. Nicht so Ronald-Peter Stöferle. Warum der Managing Partner der Vermögensverwaltung Incrementum mit einem Bullenmarkt bei Gold und Goldminen-Aktien rechnet und welche Papiere er selbst ins Portfolio holt.
DAS INVESTMENT.com: Nach massiven Verlusten im vergangenen Jahr geht es mit dem Goldpreis seit Jahresanfang wieder nach oben. Übliche Marktausschläge oder der Beginn einer Erholungsphase?
Ronald-Peter Stöferle: Ich bin der festen Überzeugung, dass die Korrektur des Goldpreises im Dezember ihr Ende fand und wir uns wieder in einem Bullenmarkt befinden. Was sind nun die Gründe für meinen Optimismus: Es ist eine Melange aus zunehmenden Rezessionsängsten, Abwertungssorgen in China, dem immer lauter werdenden Gerede hinsichtlich Negativzinsen und einem damit verbundenen Bargeldverbot. Übergeordnet natürlich auch das sukzessive steigende Überschuldungsniveau und die damit verbundenen verzweifelten Versuche seitens der Notenbanken – whatever it takes – höhere Inflationsraten herbeizudrucken. Gold war historisch gesehen die beste Put-Option auf solch exzessive Inflationierungsbemühungen.
Auch die Nachfrage nach Gold ist stark gestiegen. Wie erklären Sie sich das?
Stöferle: Kurzfristig sehen wir stark gestiegene Nachfrage seitens westlicher Finanzinvestoren, dies erkennt man an den höchsten ETF-Zuflüssen seit mehr als 5 Jahren. Andererseits ist es uns stets wichtig zu betonen, dass die physische Nachfrage aus Asien mittlerweile zentral ist. 14 der 20 Länder mit der höchsten Pro-Kopf-Nachfrage liegen auf dem größten Kontinent der Welt. Hier häuften die Chinesen im Zeitraum von 2000 bis 2014 575 Tonnen an und halten mittlerweile mit 868 Tonnen vor Indien (843t) die weltweit höchsten Reserven.
Ich denke, dass die traditionell hohe Goldaffinität sowie der steigende Wohlstand die Nachfrage von asiatischer Seite langfristig nicht abreißen lassen werden. Gerade in China ist das Sparvolumen sehr hoch und Gold eine ausgezeichnete Anlagealternative, um den überhitzten Aktien- und Immobilienmärkten den Rücken zu kehren und auf Inflationsschutz zu setzen. Krisenzeiten sowie die Sorge vor einer massiven Abwertung des Renminbi werden diese Tendenz eher verstärken als abschwächen.
In der derzeitigen Diskussion über die Bargeld-Obergrenzen sehen einige Marktbeobachter bereits den ersten Schritt zu einer Bargeld-Abschaffung. Ohne Bargeld wären Sparer aber dem drohenden Negativzins der Banken schutzlos ausgeliefert, so ihre Argumentation. Damit bliebe Gold der einzige Ausweg, um der drohenden Enteignung der Bürger zu entkommen. Können Sie diese Argumentation nachvollziehen?
Stöferle: Definitiv! Ein Bargeldverbot ist die nächste wesentliche Episode der finanziellen Repression. Die sukzessive Abschaffung des Bargeldes und die damit verbundene Implementierung von Negativzinsen stellt eine konsequente Fortführung der falschen Geldpolitik dar.
Die Bargeldkritik hat aber noch einen weiteren Hintergrund: Banken sind aufgrund der mittlerweile minimalen Mindestreservesätze „latent illiquide“. Einlagen stellen die Basis der fraktionellen und massiv gehebelten Kreditgeldpyramide dar. Ein Bank Run in Folge eines plötzlichen Vertrauensverlustes würde die Kreditpyramide rasch zum Einstürzen bringen. Ein konsequentes Bargeldverbot ist deshalb das einzig wirksame Werkzeug um die Notausgänge aus dem Papiergeldsystem zu versperren.
Könnten die Diskussionen über Bargeld-Obergrenzen beziehungsweise -Abschaffung mit ein Grund für steigende Goldnachfrage gewesen sein?
Stöferle: Auf jeden Fall. Alternativen wie Gold oder Kryptowährungen könnten hiervon natürlich profitieren, sofern sie nicht auch im Rahmen der finanziellen Repression „reguliert“ beziehungsweise verboten werden. Auch Goldminen profitieren vom aktuellen Goldrausch: Die Kurse der Goldminen-Aktien haben sich in den letzten Tagen sogar verdoppelt. Sind diese Aktien nun fair bewertet oder ist da noch Luft nach oben?
Stöferle: Im Vorjahr habe ich häufig betont, dass Minenaktien das größte „Contrarian-Investment“ überhaupt darstellen. Kein weiterer Sektor wurde seitens der Investoren dermaßen verabscheut. Dies hat sich nun gewendet und langsam wird erkannt, dass viele Unternehmen im Zuge der Krise ihre Hausaufgaben gemacht haben. Ich denke, die kreative Zerstörung innerhalb der Branche war langfristig äußerst gesund für den Sektor. Es wurden neue Prioritäten gesetzt, die Rentabilität, Kapitaldisziplin und Shareholder Value in den Vordergrund rückten. Zudem sehen wir radikale Produktivitätsverbesserungen und gestärkte Bilanzen.
Der Markt scheint jedoch noch nicht ausreichend realisiert zu haben, dass zahlreiche Minengesellschaften ihre Margen zuletzt deutlich verbessert haben. Nachdem die massiven Abschreibungen und Wertberichtigungen einmalige Maßnahmen waren, könnte dies auch einen erhöhten Hebel nach oben bedeuten. Ich bin deshalb der festen Überzeugung, dass Goldaktien im Moment ein klar asymmetrisches Auszahlungsprofil aufweisen.
Können Goldproduzenten auf dem aktuellen Preisniveau profitabel arbeiten?
Stöferle: Absolut. Insgesamt sind die Förderkosten in den vergangenen Jahren deutlich gefallen, unrentable Projekte wurden auf Eis gelegt und abgeschrieben. Die größten Kostensenkungen haben im Explorationsbereich stattgefunden. Die Explorationsausgaben wurden gedrittelt. Langfristig wird dies massive Konsequenzen auf die Förderung haben.
Ist die Konsolidierungswelle auf dem Goldminen-Markt schon vorbei? Und sind Minengesellschaften, die die Goldpreiseinbrüche des vergangenen Jahres überstanden haben, mittlerweile besser aufgestellt als vor den Preiseinbrüchen?
Stöferle: Wir gehen davon aus, dass sich die Übernahmetätigkeit in den nächsten Monaten wieder beschleunigen wird. Aufgrund der rigiden Kostensenkungsprogramme wurde einerseits die Exploration vernachlässigt, andererseits wurden zahlreiche Projekte abgeschrieben oder veräußert. Infolge dessen haben sich die Reserven der großen Produzenten im Vorjahr durchschnittlich um 14 Prozent verringert. Insofern rechnen wir damit, dass die Produzenten ihre schrumpfenden Reserven mittels Übernahmen und Fusionen auffüllen werden. Größte Profiteure dieser Entwicklung werden wohl Junior-Produzenten und vor allem ausfinanzierte Developer sein. Ein Gros der Übernahmen wird in Mining-Jurisdiktionen erfolgen, die geringe politische Risiken aufweisen.
Was sind derzeit die Hauptprobleme der Minengesellschaften?
Stöferle: Ein wesentliches Problem besteht darin, dass der Sektor auf beinahe einmalige Art und Weise politischem Risiko ausgesetzt ist: Sobald man Milliarden von Dollar in eine Mine investiert hat, befindet man sich potenziell in Geiselhaft der lokalen Politik, die Steuern nach Belieben eintreiben oder gar die Aktiva beschlagnahmen kann. Insofern ist für den Investor die Wahl der richtigen Jurisdiktion mittlerweile eine der essentiellsten Entscheidungskriterien bei Goldaktien-Investments.
Was sind derzeit Ihre Favoriten unter den Minengesellschaften?
Stöferle: Zu unseren Favoriten zählen aktuell Mandalay Resources, Premier Gold, Detour Gold, Goldcorp,. Zudem bauen wir im Moment auch sorgfältig Positionen in Junior-Minern auf, welche natürlich eine erheblich höhere Volatilität aufweisen.
Zur Person: Ronald-Peter Stöferle ist Managing Partner der Vermögensverwaltungsgesellschaft Incrementum in Liechtenstein. Er hat 2014 den „Austrian Economics Golden Opportunities Fund” lanciert, einen vermögensverwaltenden Fonds, der in inflationssensitive Assetklassen investiert. Im Juni 2015 hat er seinen mittlerweile 9. „In Gold we Trust”-Report veröffentlicht, der hier geladen werden kann. Zudem hat er gemeinsam mit Mark Valek und dem renommierten Wirtschaftsphilosophen Rahim Taghizadegan das Buch „Österreichische Schule für Anleger – Austrian Investing zwischen Inflation und Deflation“ publiziert. Stöferle ist zudem Vortragender an der Wiener Börseakademie sowie Lektor am Institut für Wertewirtschaft in Wien.
Von: Svetlana Kerschner
Quelle: DAS INVESTMENT.