Das Investment: „Jeden Kunden auffordern, eine Bewertung abzugeben“

sjb_werbung_das_investment_300_200Kunden empfehlen gerne weiter, wenn sie gefragt werden. Bei der Kundenakquise wird viel Potenzial verschenkt, sagt Jörg Laubrinus. Was der Vertriebscoach Beratern sonst noch empfiehlt, verrät er im Interview mit DAS INVESTMENT.

DAS INVESTMENT: Wie hat sich der Schlüssel zum Neukunden verändert?

Jörg Laubrinus: Früher gab es die klassischen Wege der Direktakquise: hinfahren – klingeln, dann kamen Anrufe und Mailings mit Rückantwortmöglichkeiten hinzu, gefolgt von Einladungen zu Veranstaltungen.

Das alles ist alt, wird aber immer noch praktiziert. Relativ neu ist alles, was man mit „Online“ überschreiben könnte. Dazu gehört das Kaufen von Leads und Online-Werbung. Hier melden sich Interessenten irgendwo zu irgendeinem Thema und hinterlassen ihre Daten. Diese Datensätze werden gehandelt. Es ist ein eigener Markt, der funktioniert.

Sind unabhängige Berater in der Neukundengewinnung anderen Vertriebswegen wie Banken oder der AO unterlegen, weil sie weniger Ressourcen haben?

Der Vorteil der Ausschließlichkeitsorganisationen und Mehrfachagenten ist es, dass sie Werbemittel oftmals online und im Printbereich vom Unternehmen finanziert bekommen. Bei einer Organisation von 2.000 bis 8.000 Menschen relativieren sich die Kosten von 100.000 bis 300.000 Euro. Ein einzelner Makler kann die Qualität und den Aufwand so nicht leisten. Er muss als Unternehmer selbst entscheiden, welche Agentur er beauftragt und wie viel er für welche Art von Werbung investiert. Leider verfolgen das nicht alle Makler professionell in der Praxis und verschenken damit Marktpotenzial.

Warum?

Das ist eine Kombination aus Nichtwissen und der Einstellung, die Notwendigkeit sei gar nicht da, weil „es doch läuft“. Noch. Dabei steigen immer mehr Kollegen aus dem Markt aus. Die Anforderungen an die Vermittler in Fragen der Protokollierung, der systematischen Vorgehensweise, der Bereitstellung von Unterlagen oder der Speicherung sind enorm. Dazu muss ich entweder Kosten für Personal aufbringen oder ich habe entgangene Einnahmen, weil ich mich um alles selbst kümmere. Es gibt keine Alternative: Ich muss mein Unternehmen unternehmerisch für die Zukunft aufstellen, oder ich habe keine mehr.

Haben sich Techniken oder Kundeneinstellungen zum Empfehlungsmarketing dazu geändert?

Empfehlungen sind keine Frage des Alters desjenigen, der Empfehlungen geben soll, sondern desjenigen, der die Frage anspricht. Ich kann den Text der DVAG oder von Roger Rankel oder einen eigenen nutzen, der funktioniert. Man muss es einfach machen. Jeder Makler kennt das Thema, jeder sagt, das ist der einfachste Weg zum Neukunden mit einer exorbitant hohen Abschlussquote. Und die Kosten sind im Vergleich zu Leads wesentlich geringer. Aber viele machen es einfach nicht. Sie meinen, sie haben genug Termine.

Das bezweifeln Sie?

Wer die Empfehlungsfrage konsequent stellt, braucht keine Leads. Eine Beispielrechnung aus meiner Seminarpraxis: Ich frage, wie viel Kundentermine haben Sie im Jahr? Zwischen 200 und 300. Ist ja toll. Wie viel Namen bekommt man, wenn man systematisch die Empfehlungsfrage anspricht? Im Schnitt 2,4 qualifizierte Namen pro Termin. Manche bekommen zehn bis 20. Dann sind das also im Schnitt 600 Empfehlungen im Jahr. Lassen Sie jeden zweiten Termin stattfinden – also 300. Die Abschlussquote bei Neukunden liegt bei den meisten bei 80 Prozent. Dann hätten wir 250 Abschlüsse. Und was verdient man pro Abschluss? Da heißt es, im Minimum 1.000 Euro. Das bedeutet 250.000 Euro pro Jahr durch systematisches Fragen nach Empfehlungen. Kann ich es mir als Unternehmer leisten, auf diese sichere Einnahme zu verzichten? Es wird enorm viel Potenzial verschenkt. Dabei empfehlen Kunden gerne weiter, wenn sie gefragt werden.

Wie lanciert man passive Empfehlungen?

Damit der Kunde von sich aus einem Bekannten einen Makler empfiehlt, muss der Kunde begeistert sein, seine Erwartungen an die Beratung müssen massiv übertroffen worden sein. Es gibt einige Wege dafür, speziell passive Empfehlungen zu erhalten. Man kann seine Visitenkarten beim Kunden lassen und entsprechend anregen: „Wenn Sie Bekannte oder Kollegen treffen…“ – ob dann etwas passiert, kann ich als Vermittler nicht mehr beeinflussen. Man kann das ansonsten auch mit einem Gewinnspiel oder einem Wettbewerb verbinden – etwa eine Flasche Wein pro Empfehlung. Nüchtern betrachtet kaufe ich mir so Empfehlungen vom Kunden – das lohnt sich aber.

Welche Rolle spielen Bewertungsportale für Vermittler?

Portale sollten Vermittler unbedingt nutzten. Auch wenn sie Geld kosten. Wenn ich heute nicht in einem Portal vertreten bin und mich nicht bewerten und messen lasse und auch keinen qualifizierten Internetauftritt habe, dann signalisiere ich einem Neukunden: Es darf niemand wissen, wer ich bin und was ich mache. Möchte der Interessent dann, dass sich so ein Mensch um seine Finanzen kümmert? Ich würde jedem meiner Kunden auffordern, mich bei einem Portal zu bewerten und aktiv hinterher sein, dass er es das auch wirklich macht.

Wie findet ein Vermittler das richtige Maß zwischen Neukundenakquise und Bestandspflege?

Beides ist wichtig. Neukundengewinnung ist täglich von jedem im Unternehmen zu leisten – im Innen- wie im Außendienst. Bestehende Kunden ehren und füttern mit Infos und Betreuung ist ebenfalls zu tun. Solange als Vermittler meine Vertragsdichte im Bestand nicht ganzheitlich ist, kann ich nicht „mein Kunde“ sagen. Ich würde daher die ganzheitliche Kundenberatung stets in einer Hand lassen. Eine hohe Vertragsdichte ist ein sicheres Einnahmenmodell für die Zukunft. Das Verhältnis Neukunde zu Bestandskunde hängt dann jeweils vom Betrieb ab. Für eine One-Man-Show liegt die Grenze wohl bei 250 bis maximal 300 Kunden. Mehr kann er nicht sinnvoll betreuen.

Wie kommt man zu einer neuen Zielgruppe? Inwieweit muss man sich als Berater dieser assimilieren?

Der Trend zur Zielgruppenfokussierung ist vereinzelt, aber immer häufiger zu spüren. Etwa im gleichen Verhältnis, wie leuchtend gelbe und rote Sakkos von der DKM verschwinden. Ja, diese Unternehmer werden immer mehr. Die Herausforderung für die meisten Kollegen: es ist ein Problem, zu Umsatz auch mal Nein zu sagen. Die meisten lassen alles wie ist es ist. Die anderen richten sich auf die strategische Zielgruppe aus, mit der sie nachhaltig ihre geschäftlichen Ziele und Erwartungen erfüllen können. Sie überlegen, wo diese Zielgruppe zu finden ist und wie man bei ihr vorgeht. Berater müssen dabei eine Affinität zur Zielgruppe haben, sonst tun sie sich schwer. Das lässt sich zu einem gewissen Grad zu erlernen.

Welche Zielgruppen haben Vermittler vernachlässigt, wo ist hier noch Potenzial in Deutschland?

Eigentlich sind alle abgegrast. Selbst evangelische Pfarrer, diese werden von der Bruderhilfe beraten. Manche haben sich auf Witwen spezialisiert. In Berlin kenne ich einen Berater, der kümmert sich exklusiv um den Verband der Simultandolmetscher. Er bekommt alle neuen Dolmetscher quasi frei Haus geliefert. Ich wüsste aber nicht, dass sich jemand auf IT, auf Online-Dienstleister als Zielklientel spezialisiert hätte. Das halte ich für eine interessante, lukrative und wachsende Zielgruppe, die seit mehr als zehn Jahren an Bedeutung gewinnt.

Wie transparent sollte ein Vermittler mit seiner Provision beim Kunden sein?

Ein spannendes Thema mit rechtlichen Grundlagen, die sich verändern. Die Provision steht im Zusammenhang mit einer Leistung, die der Kunde erhält und empfindet. Habe ich das Gefühl, es stimmt nicht, reagiere ich extrem auf eine Zahl wie 3.000 Euro Provision. Wenn ich aber von einem freundlichen Berater exzellenten Service und eine exzellente Dienstleistung bekomme, habe ich auch das Gefühl, einen adäquaten Gegenwert für die Leistung zu bezahlen. Der Kunde in Deutschland ist das allerdings nicht gewohnt. Ehrlich gesagt halte ich das Thema Provisionsoffenlegung, unabhängig von rechtlichen Voraussetzungen, aber für obsolet, es wird ja in anderen Sparten auch nicht gemacht. Der Autoverkäufer oder die Leute bei Rewe sagen mir auch nicht, was sie an meinem Einkauf verdienen.

Von: Oliver Lepold

Quelle: DAS INVESTMENT.

Siehe auch

FondsProfessionell: FFB-Chef: “Wir bleiben Teil von Fidelity”

Fidelity sucht einen Käufer für die FIL Fondsbank (FFB), hieß es im Sommer 2023. Doch das ist Geschichte, sagt FFB-Geschäftsführer Jan Schepanek im Interview mit FONDS professionell. Im Gespräch erläutert er, wie es zu dieser Entscheidung kam – und welche Pläne er mit der Fondsplattform hat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert