Schwellenland-Experte Stefan Böttcher von Charlemagne Capital berichtet hier von 3 ungewöhnlichen Thesen eines argentinischen Finanzexperten, über die Aussichten an Aktien- und Rentenmärkten und Argentiens bevorstehendes Comeback als MSCI Global Emerging Market.
Postkarte aus Buenos Aires – Das Analysegespräch hatte noch nicht begonnen, da bedurfte es seitens meines Gegenübers bereits eine Klarstellung:
Es gebe drei Missverständnisse bezüglich Argentiniens, erklärte mir mein Gesprächspartner:
1.) Argentinier essen Soja (NEIN. Argentinien ist weltweit der größte Produzent und Exporteur von Soja, aber es ist fast ausschließlich für den Export bestimmt)
2.) Argentinien ist ein armes Land (NEIN. Es wird geschätzt, dass Argentinier über 200 Milliarden US-Dollar an Ersparnissen außerhalb des Landes halten; das sind über 50 Prozent des Bruttoinlandprodukts
3.) Argentinier tanzen Tango (NEIN. – Wirklich?)
Es war mittlerweile das neunte Unternehmensgespräch des Tages. Wir trafen uns im Palacio Duhau in Recoleta, dem vielleicht schönsten Stadtteil von Buenos Aires. Mein Gesprächspartner war der Finanzvorstand eines der größten Immobilienunternehmen des Landes.
Wie bei allen meinen Gesprächsterminen an diesen Tagen war auch in diesem Analyse-Meeting Euphorie und Aufbruchsstimmung zu spüren.
Die neue Regierung unter Präsident Mauricio Macri ist gerade mal 50 Tage im Amt und hat bereits alle Erwartungen weit übertroffen. Nach zwölf Jahren der Kirchner-Regierungen, vier Jahre Nestor und nach dessen Tod seiner Ehefrau Christina liegt Argentinien (ökonomisch) am Boden.
Die Wirtschaft befindet sich in der Rezession, die Inflationsrate bewegt sich bei um die 30 Prozent, die Währungsreserven sind aufgebraucht und Argentinien bleibt der Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten nach dem Bankrott von 2001 weiterhin verwehrt. Ausländische Investoren vermeiden das Land schon seit Jahren.
Keine „Kamikaze-Subventionspolitik“ mehr
Nun jedoch wird alles anders – besser! Das ist jedenfalls der allgemeine Tenor. Macri hat es in kürzester Zeit geschafft, ein Team von internationalen Experten zu bilden. Die Resultate sind beeindruckend! Die Liberalisierung des argentinischen Pesos und die damit einhergehende überfällige Abwertung des offiziellen Wechselkurses um circa 40 Prozent wurden bereits in der ersten Woche seiner Amtszeit beschlossen und umgesetzt. Des Weiteren wurden Exportzölle auf Getreide drastisch reduziert oder sogar teilweise vollkommen eliminiert, um den Export wieder voranzutreiben – bereits nach einem Monat stiegen die Währungsreserven!
Der Staatshaushalt bleibt ein Problem – das Defizit wird in diesem Jahr auf 6,5 Prozent geschätzt. „Christina“ (Kirchner) hatte das Land mit ihrer Kamikaze-Subventionspolitik quasi in die erneute Pleite getrieben. Etwa 80 Prozent der Haushalte hatten beispielsweise eine monatliche Stromrechnung von 2 US-Dollar! Auch hier hat die neue Regierung reagiert und im ersten Schritt die Strompreise um das 8-Fache erhöht. Weitere Anhebungen werden folgen. Die Kapitalmärkte sind begeistert – argentinische Bonds verzeichneten in den letzten Wochen einen starken Anstieg. Der Aktienmarkt ist ebenfalls euphorisch.
Unserer Meinung nach dürfte sich diese positive Entwicklung über das Gesamtjahr fortsetzen. Wichtig wird hierbei die Einigung mit den sogenannten „Holdouts“ – einer Gruppe von internationalen (Hedge-) Fonds, die 7 Milliarden US-Dollar an nicht getilgten Schuldverschreibungen der argentinischen Regierung halten. Eine Einigung über die Zahlung wird schon in kürzester Zeit erwartet, mit der Konsequenz, dass der Regierung der baldige Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten ermöglicht wird – die Bondmärkte werden es begrüßen!
Aber auch der Aktienmarkt steht vor einer drastischen Entwicklung. Bisher war es internationalen Investoren nicht möglich, in lokale argentinische Aktien zu investieren. Investoren müssen den Umweg über in New York gelistete ADRs (American Depository Receipts – Zertifikate, die Aktien repräsentieren, die Red.) wählen und sind hierbei auf sehr wenige Titel beschränkt. Die Konvertibilität der Währung und einige steuerliche und strukturelle Maßnahmen werden schon in Kürze den Zugang zur Börse in Buenos Aires ermöglichen.
Somit ist eine Aufwertung des Marktes zum Status „MSCI Global Emerging Market“ nur eine Frage der Zeit. Die US-Investmentbank JP Morgan schätzt, dass allein passive Emerging-Markets-Fonds etwa 4 Milliarden US-Dollar in den Markt investieren müssten. Die Aussichten sind sehr vielversprechend, auch wenn die Wirtschaftsprobleme weiterhin sehr groß sind.
Der Charlemagne Magna New Frontiers Fonds ist für diese Entwicklung mit einer Gewichtung von über 10 Prozent des Fondsvermögens gut positioniert. Sobald der lokale Markt sich öffnet, dürften weitere Investitionen folgen.
Das Unternehmensinterview dauerte 90 Minuten und am Ende resümierten wir:
Argentinier werden auch in Zukunft nur in begrenztem Maße Soja konsumieren.
Bezüglich der signifikanten Ersparnisse im Ausland besteht vielleicht etwas Hoffnung, dass sie teilweise den Weg zurück nach Argentinien finden.
Ansonsten sind die potenziellen Entwicklungen für das drittgrößte Land Lateinamerikas extrem vielversprechend. Das Investorenteam bei Charlemagne erwartet: Argentinien tanzt bald wieder Tango!
GRAFIK: Alles zum Magna New Frontiers Fund – R
Von: Stefan Böttcher
Quelle: DAS INVESTMENT.