Das Investment: Ökoworld-Chef Alfred Platow im Gespräch „Schluss mit nachhaltig“

sjb_werbung_das_investment_300_200Alfred Platow hat die ökologische Geldanlage hierzulande miterfunden. Im Gespräch mit DAS INVESTMENT verrät der Ökoworld-Chef, wie grüne Investments selbst in Schwellenländern gelingen und warum das Klima auf der Schulbank gerettet werden kann.

DAS INVESTMENT: In Paris fand im Dezember 2015 eine internationale Klimakonferenz statt. Mehr als 190 Regierungsvertreter waren vor Ort, um Maßnahmen gegen die Erderwärmung zu vereinbaren. Herausgekommen ist wenig Konkretes. Was erwarten Sie von solchen Veranstaltungen?

Alfred Platow: Wenig. Es ist praktisch nur schwer vorstellbar, dabei weitreichende Maßnahmen zu vereinbaren. Dazu sind die Interessen der führenden Länder zu unterschiedlich. Das „Wunder von Paris“ halte ich als Resümee für maßlos überzogen. Aber immerhin: Zum ersten Mal gibt es einen Vertrag, der alle Staaten der Welt zum Klimaschutz verpflichtet.

Haben Sie einen Ansatz, die Interessen stärker in eine Richtung zu lenken?

Platow: Ja, Bildung im Einklang mit Wertorientierung. Unsere Generation ist systembedingt im Schulunterricht vom Kapitalismus ferngehalten worden. Das gilt auch für Politiker. Die einzige Chance liegt darin, dass Menschen, die Verantwortung tragen, sich in den Themen Steuern, Finanzen und Recht kundig machen und Einfluss auf die Wirtschaft nehmen. Es bedarf auch frühzeitiger praktischer Erfahrung, spätes und theoretisches Wissen aus einem Studium reicht nicht.

Wie will sich Ökoworld konkret für gesellschaftliche Aufklärung engagieren?

Platow: Das Hildener Helmholtz-Gymnasium beschäftigt sich intensiv mit einer Kooperation, die ich vorgeschlagen habe. Wenn alle bürokratischen Hürden genommen sind, werden wir ab dem Schuljahr 2016/2017 eine Lehrkraft bezahlen, die den Schülern der neunten bis elften Klasse bis zu zwölf Stunden pro Woche diese relevanten Themen näherbringt. Da meine vier Kinder ihr Abitur dort bereits erlangt haben, setze ich mich nicht dem Vorwurf aus, Einfluss auf ihre Zensuren zu nehmen.

Andere Unternehmen sind mit dem Sponsoring von Bildungseinrichtungen durchaus in die Kritik geraten.

Platow: Uns unterscheidet aber, dass wir weder die Lehrkraft bestimmen noch das Unterrichtsmaterial gestalten wollen. Ich bezweifle, dass andere Gesellschaften diesem nicht vom Marketing getriebenen Ansatz folgen werden.

Die Zahl der nachhaltigen Fondsangebote nimmt allerdings beständig zu. Wie können Sie sich abgrenzen?

Platow: Das Wort „nachhaltig“ wird inflationär verwendet und hat keinen bindenden Inhalt mehr. Wir wollen daher nicht mehr für diesen Marketing-Begriff stehen und werden ihn weniger nutzen. Er hat den Geruch, Menschen hinter das Licht zu führen, und das gilt aus meiner Sicht für rund 90 Prozent aller Parallelfonds auf dem deutschsprachigen Markt. Wir sind dagegen eine ethisch-ökologische und soziale Kapitalanlagegesellschaft. Der Unterschied hat sich im Herbst 2015 gezeigt, als Volkswagen Abgas-Manipulationen zugeben musste und danach erst aus vielen Portfolios verschwunden ist.

Sie führen das auf den Anlageausschuss zurück, der beim Ökoworld Ökovision die Vorauswahl der Aktien trifft?

Platow: Allerdings. Elf unabhängige Experten prüfen bei jedem Investment vorab, ob es ethisch-ökologischen Ansprüchen genügt. Dieser getrennte Investmentprozess ist verglichen mit anderen Fondsanbietern eine Besonderheit.

Bei ihrem Schwellenland-Fonds Growing Markets 2.0 überlassen Sie die Entscheidung aber ihrem Research?

Platow: Ja, wir müssen berücksichtigen, dass die Emerging Markets sich noch in frühen Entwicklungsstadien befinden. Wir wollen dort Unternehmen begleiten, die den richtigen Weg eingeschlagen haben. Bei den Ausschlusskriterien sind wir genauso streng wie beim Ökovision.

Der Fonds hat den Schwellenländer-Aktienindex deutlich hinter sich gelassen. Worauf basiert der Erfolg?

Platow: Wir investieren ausschließlich in Unternehmen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen in den Schwellenländern selbst anbieten. Damit sind diese Gesellschaften nicht von der Weltkonjunktur abhängig. Schwerpunkte sind Bildung, Gesundheit und Infrastruktur, alles übrigens ur-grüne Themen. Ein typisches Beispiel ist Tree House, ein börsennotierter indischer Bildungsträger mit Kindergärten und Vorschulen. Unsere Investments orientieren sich an den Grundbedürfnissen der Menschen. Ein weiterer Vorteil sind unsere Researcher, die neben Englisch auch Sprachen wie Portugiesisch beherrschen. Das bringt uns zusätzliche Informationen auf Augenhöhe und erlaubt eine genauere Analyse. Als Trendscouts finden wir Unternehmen, die unseren Wettbewerbern schlicht noch nicht bekannt sind.

Sie haben insgesamt sieben Fonds im Angebot. Werden Sie auch kleinere Themenfonds wie den Ökoworld Water for Life mit weniger als 20 Millionen Euro Fondsvolumen aufrechterhalten?

Platow: Ja, wir werden kein Portfolio auflösen. Ich persönlich bin sogar überzeugt davon, dass in den nächsten drei bis fünf Jahrzehnten der Water for Life der beste und ertragreichste Fonds sein wird.

Ihr Zugpferd Ökovision Classic feiert im Mai 2016 seinen 20. Geburtstag und verwaltet 535 Millionen Euro. Finden sich noch ausreichend kleine und mittelgroße Ziel-Unternehmen?

Platow: Reichlich. Wir haben vor drei Jahren Management-Software – mit rund einer Million Euro Kosten – eingerichtet, die unsere Geistesblitze und alle Research-Ergebnisse seit 1992 erfasst. Aus rund 2.500 Gesellschaften werden passend für die unterschiedlichen Fondsstrategien Titel ausgewählt, insgesamt etwa 250. Wir sind dabei an keinem der Unternehmen mit mehr als 3 Prozent beteiligt.

Ein Beispiel für eine gesellschaftliche Fehlentwicklung?

Platow: Beispiele für falsche Fortschritte gibt es reichlich. Während einerseits immer mehr SUV verkauft werden, gibt es hierzulande keinen kostenfreien öffentlichen Nahverkehr.

Im Vorjahr haben Sie in einem Zeitraum von nur dreieinhalb Monaten das Volumen des verwalteten Vermögens um nahezu 23 Prozent gesteigert. Wie kam dieser außergewöhnliche Zuwachs zustande?

Platow: Wir haben ähnlich wie nach der Atom-Katastrophe in Fukushima 2011 aufgrund politischer Ereignisse zeitweise besonders große Zuflüsse verzeichnet. Themen wie Griechenland, Flüchtlinge und Klimawandel spielten eine wesentliche Rolle. Außerdem nimmt der Vertrieb über genossenschaftliche Banken und Sparkassen zu und macht inzwischen rund die Hälfte der Zuflüsse aus. Von den aktuell etwa 750 Milliarden Euro Fondsvermögen stammen darüber hinaus circa 22 Prozent von Versicherungen, Tendenz ebenfalls steigend.

Von: Marc Radke

Quelle: DAS INVESTMENT.

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