Wird die Abgeltungssteuer zu einem festen Zeitpunkt abgeschafft, könnte es zu einem Ausverkauf an den Kapitalmärkten kommen. Welche Regelungen der Gesetzgeber treffen kann, damit das nicht passiert, erklären vier Steuerexperten in ihren Antworten zur Frage 6: Übergangsregelung.
Alle Fragen aus der Reihe „10 Fragen an Steuerexperten über die Abgeltungssteuer“:
Frage 1: Ist eine Abschaffung der Abgeltungssteuer noch in dieser Legislaturperiode denkbar?
Frage 2: Was haben Flüchtlingsproblematik & Co. mit der geplanten Abschaffung der Abgeltungssteuer zu tun?
Frage 3: Was wird der Hauptdiskussionspunkt bei der Frage um eine Abschaffung der Abgeltungssteuer sein?
Frage 4: Werden Sparer tatsächlich bis zu 45 Prozent an den Fiskus werden abführen müssen?
Frage 5: Was wird Steuergegenstand sein?
Frage 6: Was könnte der Gesetzgeber unternehmen, um einen Ausverkauf zum Stichtag der Steuererhöhung zu vermeiden?
Frage 7: Ist eine Wiedereinführung der Haltefrist denkbar?
Frage 8: Welche Freibeträge wären denkbar?
Frage 9: Wie würde sich eine Aufhebung des Werbungskostenverbots auf Freibeträge auswirken?
Frage 10: Ist die Benachteiligung der Beteiligungsfinanzierung gegenüber der Fremdfinanzierung durch höhere Steuern gerechtfertigt?
Frage: Sollte die Abgeltungssteuer zu einem festen Zeitpunkt, zum Beispiel dem 1. Januar 2017 abgeschafft werden, könnten Anleger versuchen, ihre Gewinne vor dem Stichtag zu realisieren, um weniger Steuern zahlen zu müssen. Das würde zu einem Ausverkauf auf dem Kapitalmarkt führen. Was könnte der Gesetzgeber dagegen unternehmen? Wie könnte sich die Übergangsregelung insgesamt gestalten?
Michael Bormann, Gründungspartner und Steuerexperte von bdp Bormann Demant & Partner
Das ist immer das Los einer so gravierenden Gesetzesänderung. Ende 2008 wurden die Anleger angehalten, noch Aktien zu kaufen, um noch die Spekulationsfrist nutzen zu können. Ein Stichtag muss die Gesetzesänderung ja haben. Ob wirklich ein Ausverkauf stattfindet, ist abzuwarten. Alternativ könnte die Änderung im Jahr rückwirkend zum 1.1. eingeführt werden. Dann geht bestimmt wieder der Streit über die Verfassungsmäßigkeit los. Wenn ein Anleger eine Position mit Gewinn verkauft, die er sonst noch nicht verkauft hätte, hat der Fiskus die Steuereinnahme, die er sonst noch nicht gehabt hätte. Dies könnte für die Steuereinnahmen auch einen Einmaleffekt ausmachen.
Ich sehe keine Übergangsregelung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Anleger, die Aktien noch vor dem Stichtag kaufen, dafür noch die Abgeltungssteuer konserviert bekommen.
>> Thomas Zacher, Fachanwalt für Steuerrecht und Gründungspartner der Kanzlei Zacher & Partner
>> Heiko Wunderlich, Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte
>> Ingo Kleutgens, Partner der Kanzlei Mayer Brown
Thomas Zacher, Fachanwalt für Steuerrecht und Gründungspartner der Kanzlei Zacher & Partner
Die Frage impliziert, dass Veräußerungsgewinne weiterhin steuerpflichtig blieben – ich vermute dies zwar, das muss aber nicht so sein. Wenn man dies annimmt, werden bei klugen (aber deshalb wahrscheinlich auch wieder nicht ganz unkomplizierten) Übergangsregeln die unter der Abgeltungsteuer erworbenen Anlagen noch für eine gewisse nachwirkende Frist zum „alten“ Steuersatz veräußert werden können.
Außerdem wird natürlich ein „günstiger“ Veräußerungszeitpunkt nicht nur durch steuerliche Aspekte bestimmt werden – bestimmte Automobilaktien würde ich zum Beispiel derzeit nicht veräußern, zumal eher ein Verlust entstehen dürfte. Bei Realisierung von Verlusten zur Verlustverrechnung wäre mir als Anleger sogar ein (künftiger) höherer Steuersatz lieber. Schließlich würde auch bei einem “Massenverkauf“ zu einem bestimmten Stichtag schnell wieder das Bedürfnis zur Wiederanlage bestehen. Ich meine daher, dieser Aspekt könnte unterstützt durch eine nicht zu enge Übergangsregelung durchaus verkraftbar sein.
>> Heiko Wunderlich, Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte
>> Ingo Kleutgens, Partner der Kanzlei Mayer Brown
Heiko Wunderlich, Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte
Es könnte theoretisch wieder eine Übergangsregelung für vor dem Stichtag angeschaffte Papiere geben, wie es sie auch bei Einführung der Abgeltungsteuer gab. Da ich persönlich jedoch eine Erhöhung des Steuersatzes nur bei Zinseinkünfte für vertretbar halte, gehe ich – jedenfalls für ein solches Szenario – auch nicht von großen Umschichtungen aus.
>> Ingo Kleutgens, Partner der Kanzlei Mayer Brown
Ingo Kleutgens, Partner der Kanzlei Mayer Brown
Um steuermotivierte Verkäufe kurz vor dem Stichtag zu vermeiden, könnte eine Übergangsregelung vorsehen, dass die Abgeltungssteuer für Käufe, die vor dem Stichtag erfolgt sind, noch für ein paar Jahre fort gilt.
Alle Fragen aus der Reihe „10 Fragen an Steuerexperten über die Abgeltungssteuer“:
Frage 1: Ist eine Abschaffung der Abgeltungssteuer noch in dieser Legislaturperiode denkbar?
Frage 2: Was haben Flüchtlingsproblematik & Co. mit der geplanten Abschaffung der Abgeltungssteuer zu tun?
Frage 3: Was wird der Hauptdiskussionspunkt bei der Frage um eine Abschaffung der Abgeltungssteuer sein?
Frage 4: Werden Sparer tatsächlich bis zu 45 Prozent an den Fiskus werden abführen müssen?
Frage 5: Was wird Steuergegenstand sein?
Frage 6: Was könnte der Gesetzgeber unternehmen, um einen Ausverkauf zum Stichtag der Steuererhöhung zu vermeiden?
Frage 7: Ist eine Wiedereinführung der Haltefrist denkbar?
Frage 8: Welche Freibeträge wären denkbar?
Frage 9: Wie würde sich eine Aufhebung des Werbungskostenverbots auf Freibeträge auswirken?
Frage 10: Ist die Benachteiligung der Beteiligungsfinanzierung gegenüber der Fremdfinanzierung durch höhere Steuern gerechtfertigt?
Von: Svetlana Kerschner
Quelle: DAS INVESTMENT.