Wird die Abgeltungssteuer bald abgeschafft? Was kommt danach? Werden Kleinsparer ihre Gewinne tatsächlich mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz von bis zu 45 Prozent versteuern müssen? Wie sieht es mit Freibeträgen aus?
Diese und andere Fragen stellte DAS INVESTMENT.com vier hochkarätigen Steuerexperten. Hier die Antworten zur Frage 1: dem Zeitpunkt. Alle Fragen aus der Reihe „10 Fragen an Steuerexperten über die Abgeltungssteuer“:
Frage 1: Ist eine Abschaffung der Abgeltungssteuer noch in dieser Legislaturperiode denkbar?
Frage 2: Was haben Flüchtlingsproblematik & Co. mit der geplanten Abschaffung der Abgeltungssteuer zu tun?
Frage 3: Was wird der Hauptdiskussionspunkt bei der Frage um eine Abschaffung der Abgeltungssteuer sein?
Frage 4: Werden Sparer tatsächlich bis zu 45 Prozent an den Fiskus werden abführen müssen?
Frage 5: Was wird Steuergegenstand sein?
Frage 6: Was könnte der Gesetzgeber unternehmen, um einen Ausverkauf zum Stichtag der Steuererhöhung zu vermeiden?
Frage 7: Ist eine Wiedereinführung der Haltefrist denkbar?
Frage 8: Welche Freibeträge wären denkbar?
Frage 9: Wie würde sich eine Aufhebung des Werbungskostenverbots auf Freibeträge auswirken?
Frage 10: Ist die Benachteiligung der Beteiligungsfinanzierung gegenüber der Fremdfinanzierung durch höhere Steuern gerechtfertigt?
Frage: Die Abschaffung der Abgeltungssteuer ist nur noch eine Frage der Zeit. Während Schäuble und die Union diese erst in der nächsten Legislaturperiode in Angriff nehmen wollen, will die SPD bereits ab 2016 die Abgeltungssteuer in die Einkommenssteuer integrieren. Was ist aus Ihrer Sicht das wahrscheinlichste Szenario und warum?
Michael Bormann, Gründungspartner und Steuerexperte von bdp Bormann Demant & Partner
Die Abschaffung der Abgeltungssteuer wird erst in der nächsten Legislaturperiode kommen. Derzeit hat Deutschland andere Probleme, die es zu lösen gilt. Da wird sich die SPD nicht durchsetzen können, zumal dann irgendwann der Wahlkampf losgeht und die Koalition eher gegeneinander statt miteinander arbeiten wird.
Thomas Zacher, Fachanwalt für Steuerrecht und Gründungspartner der Kanzlei Zacher & Partner
Ich glaube, dass aus zwei Gründen die denkbare „Abschaffung der Abgeltungsteuer“ eher erst in der kommenden Legislaturperiode kommen wird. Zum einen spricht hierfür das mit der Fragestellung schon angedeutete negative politische Signal insbesondere für große Teile der klassischen Wählerschaft der Unionsparteien. Dazu kommt aber auch der beträchtliche handwerkliche Aufwand für ein entsprechendes in sich stimmiges Gesetz betreffend einen – erneuten – Systemwechsel in diesem Bereich. Wie die – leider viel zu häufigen – Wechsel in diesem Bereich in den letzten Jahren gezeigt haben, ergeben sich stets viele Detailprobleme, die sauber und in sich konsequent gelöst sein wollen. Aktuell gibt es sicher noch vordringlichere politische Probleme, die kurzfristig den vollen Einsatz des politischen und ministeriellen Apparates bedürfen.
Heiko Wunderlich, Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte
Meines Erachtens wird es 2016 noch keine grundsätzliche Änderung geben. Allenfalls eine Anhebung der Steuersätze, was ich vor der Wahl jedoch nicht für wahrscheinlich halte. Da der Finanzminister seine Ideen zur Abschaffung der Abgeltungsteuer mit dem verbesserten Informationsaustausch ab 2017 verknüpft, wird er wohl erst abwarten wollen, wie gut dieser in der Praxis tatsächlich funktioniert, obwohl die abgeltende Wirkung der Kapitalertragsteuer nicht unmittelbar damit verknüpft ist, falls nicht die Erhebung von Kapitalertragsteuer insgesamt abgeschafft wird.
Ingo Kleutgens, Partner der Kanzlei Mayer Brown
Ob die Abgeltungssteuer abgeschafft wird, kann derzeit schwer vorausgesagt werden. Die Beobachtungen zeigen, dass Politik und Finanzverwaltung hier nicht im Gleichklang sind. Während die Politik auf Gerechtigkeitskriterien abstellt, wird seitens der Finanzverwaltung die Praktikabilität der Abgeltungssteuer betont. Die Abgeltungssteuer hat sich aus Sicht der Finanzverwaltung bewährt und ist eine verlässliche und international anerkannte Einnahmequelle des Staates geworden.
Von: Svetlana Kerschner
Quelle: DAS INVESTMENT.
