SJB | Korschenbroich,01.10.2015. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat für finanzielle Einbußen in Deutschland gesorgt. Der Verlust liegt im Milliardenbereich, stellt eine Studie der Allianz fest. Andere europäische Länder hingegen profitieren von den niedrigen Zinsen.
Deutsche Haushalte mussten in den vergangenen sechs Jahren finanzielle Einbußen hinnehmen. Laut des Global Wealth Reports 2015 von der Allianz lag das kumulierte Minus durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank bei 29,8 Milliarden Euro, oder 367 Euro pro Kopf.
Die direkten Einkommenseffekte durch die Geldpolitik der EZB sind aber von Land zu Land in der Eurozone sehr unterschiedlich. Insgesamt profitierten die privaten Haushalte durch die niedrigen Zinsen für Kredite mehr, als sie auf der anderen Seite durch die niedrige Verzinsung von Bankeinlagen verloren.
Von 2010 bis 2015 beliefen sich die kumulativen Gewinne auf rund 130 Milliarden Euro, oder 400 Euro pro Kopf. Die größten Gewinner dabei waren Portugal, Griechenland und Spanien. Seit 2010 übersteigen in all diesen Ländern die Zinsgewinne etwa 1.200 Euro pro Kopf.
Vermögen wächst trotz negativer Einkommenseffekte
Trotz des negativen Zinseffekts auf die Einkommen ist das Brutto-Geldvermögen der Deutschen im vergangenen Jahr um 4,2 Prozent auf 5,2 Billionen Euro gestiegen. Ein Grund dafür ist eine „solide Sparleistung der Deutschen“, wie Michael Heise, Chef-Volkswirt der Allianz betont.
Seit dem Jahr 2007 hätten die Deutschen ihre Geldvermögensbildung unter den Euro-Zonen-Bürgern am stärksten gesteigert – vermutlich auch vor dem Hintergrund, wegen der Niedrigzinsphase mehr fürs Alter zurücklegen zu müssen.
Überhaupt noch mehr gespart als vor der Finanzkrise haben nach Analyse der Allianz nur noch die Niederländer. Alle anderen Euro-Bürger haben ihre Sparraten seit 2007 reduziert.
Versicherungen und Pensionen legen zu
Das beliebteste Sparprodukt der westeuropäischen Haushalte sind Versicherungen und Pensionen. Diese Anlageklassen verzeichneten im vergangen Jahr ein kräftiges Wachstum von 11,1 Prozent. Besondere Treiber in diesen Segmenten waren die Niederlande und Großbritannien.
In diesen Ländern genießt die private Altersvorsorge bereits einen hohen Stellenwert, der Anteil der Vermögensklasse am Portfolio belief sich Ende 2014 auf 66,0 Prozent beziehungsweise 59,2 Prozent. 45 Prozent der gesamten Forderungen gegenüber Versicherern und Pensionseinrichtungen der westeuropäischen Haushalte entfielen allein auf die Niederlande und Großbritannien.
Darüber hinaus dürften Bewertungsgewinne auf Bonds einen signifikanten Beitrag zu diesen überdurchschnittlich hohen Zuwachsraten geleistet haben. Mit Blick auf die Gesamtregion erreichte die Anlageklasse mit einem Anteil von 40 Prozent am Vermögensportfolio einen historischen Höchststand. Dies dürfte aber auch auf das zunehmende Bewusstsein, verstärkt eigenverantwortlich fürs Alter vorsorgen zu müssen, zurückzuführen zu sein.
Vorliebe für Sparkonten lässt Wohlstand unterdurchschnittlich wachsen
Angesichts ihrer Vorliebe für Sparkonten wächst das Vermögen der Deutschen jedoch im Vergleich unterdurchschnittlich. Weltweit legte das Brutto-Geldvermögen 2014 um gut sieben Prozent auf 135,7 Billionen Euro zu. Da die weltweiten privaten Schulden langsamer zunahmen, übertrifft das globale Netto-Vermögen erstmals die Marke von 100 Billionen Euro. (Bei den Berechnungen berücksichtigt die Allianz keine Immobilien-Vermögen.)
Seit Jahren stehen die Deutschen unter den weltweit Reichsten relativ weit unten auf Platz 18 mit einem Netto-Geldvermögen pro Kopf von 44.769 Euro. Das höchste Pro-Kopf-Vermögen besitzen die Schweizer mit fast 160.000 Euro vor den US-Amerikanern mit knapp 140.000 Euro.
Von: Oliver Alegiani
Quelle: DAS INVESTMENT.