Pictet | Frankfurt, 16.02.2022.
Das Metaversum eröffnet eine ganz neue Welt von Anlagemöglichkeiten in den Bereichen Social Media, E-Commerce, Fernunterricht und Telearbeit.
Lust auf einen kleinen Spaziergang an der Seine an einem lauen Sommertag? Nun ist aber Winter und Sie wohnen nicht in Paris – doch das ist kein Hinderungsgrund. Willkommen in der Welt des Metaversums, einem Phänomen, das die digitale Welt auf den Kopf stellt und gerade sehr gehypt wird. Im Metaversum verschmelzen die physische und die digitale Welt über Virtual und Augmented Reality (VR und AR). Es ist ein Ort, der Sie eintauchen lässt in eine geteilte virtuelle Umgebung, die nach unserer Einschätzung in den nächsten fünf bis zehn Jahren das Internet 3.0 ablösen wird.
Während sich im letzten Jahrzehnt alles um die Digitalisierung drehte, könnte das nächste ganz im Zeichen des Metaversums stehen. Besonders bei der Generation Z – die zwischen Ende der 1990er und Anfang der 2010er geboren wurde und heute ein Drittel der Weltbevölkerung ausmacht – erfreut sich dieses Konzept zunehmender Beliebtheit. Wer zu dieser Altersgruppe gehört, ist ein echter Digital Native und in virtuellen Umgebungen zuhause. Möglich machen dies digitale Streaming- und Social-Media-Plattformen wie Instagram und Snapchat sowie Videospiele wie Fortnite und Roblox, wo eigene Avatare erstellt werden können.
Abb. 1 – Meta-Chance
Der globale Metaversum-Markt könnte bis Mitte der 2020er-Jahre auf rund 800 Mrd. US-Dollar wachsen, so Bloomberg (Abb. 1). Das ist eine grosse Chance für die Digitalindustrie – und für alle, die in sie investieren. So gross, dass sich die Muttergesellschaft von Facebook schon in „Meta“ umbenannt hat. In der Vision des Unternehmens vom Metaversum der Zukunft gibt es digitale Avatare, VR-Brillen und immersive Erlebnisse in sozialen Netzwerken, Gaming und Fitness, mit zusätzlichen Möglichkeiten der Monetarisierung über E-Commerce.
Allerdings ist das Metaversum definitiv kein Modell, bei dem es einen einzigen Gewinner gibt, der alles für sich beansprucht, niemand kann es alleine aufbauen. Viele andere grosse Unternehmen, darunter Google, Microsoft und Apple, prüfen ebenfalls, wie sie ihr Produktangebot ausweiten können. Die National Football League (NFL) hat einen virtuellen Store im Roblox-Universum eröffnet, und Adobe arbeitet an einem neuen Design-Tool, das die Erstellung individueller 3D-Objekte in der virtuellen Welt ermöglichen soll.
Interoperabilität
Wir sehen grob vier Schlüsselbereiche, die uns den Zugang zum Metaversum ermöglichen und die ein starkes Potenzial für weiteres Wachstum und Entwicklung aufweisen:
- Hardware: VR-Headsets und -Brillen versetzen uns in eine immersive, dreidimensionale digitale Umgebung. Über Smartphones wiederum können wir auf AR zugreifen, wo digitale Grafiken über die Realität gelegt werden. Intelligente AR-Brillen und -Headsets können uns mithilfe von Sensoren mit dem Metaversum verbinden, auch wenn sie aufgrund der Komplexität der erforderlichen Optiktechnologie nicht so fortschrittlich sind wie VR-Headsets.
- Software: Die virtuelle Welt umfasst alle Aspekte menschlicher Aktivität – u.a. Socialising, Shoppen, Bildung und Arbeit von jedem Ort aus – mithilfe von Software. Gaming und Online-Unterhaltung bieten momentan das beste Erlebnis im Metaversum, mit Games wie den virtuellen Welten von Fortnite. Es gibt auch immer mehr Möglichkeiten, das virtuelle Erlebnis mithilfe von In-Game-Geld sowie virtuellen Waren, Kunst, Immobilien usw. selbst zu gestalten und zu monetarisieren.
- Cloud: Wir brauchen immer leistungsfähigere Computer (für die immer komplexere Halbleiter benötigt werden), um die Software auszuführen, die den Zutritt zum Metaversum ermöglicht. Auch Rechenzentren sind unverzichtbar und die grossen Rechenzentrumsanbieter sind für den technologischen Fortschritt im Metaversum bestens aufgestellt.
- Infrastruktur: Eine bessere Funktionsfähigkeit unserer Netze, eine höhere Bandbreite und eine geringere Latenz erhöhen die Zuverlässigkeit des Metaversums und vor allem die Interoperabilität. Um Interoperabilität zu gewährleisten, müssen Unternehmen ihre Plattformen für Meta, Microsoft oder Apple öffnen. Geschlossene Bereiche, sogenannte „Walled Gardens“, haben hier nichts mehr verloren.
Schub durch die Pandemie
VR-Technologie wurde den ursprünglichen Erwartungen zunächst nicht gerecht. Mit der Covid-19-Pandemie erhielt das Metaversum auf einmal wieder neue Impulse. Da rund 3,9 Milliarden Menschen gezwungen waren, zuhause zu bleiben, wurden Socialising, Unterhaltung, Shoppen, Arbeiten und Sport fast über Nacht digital. Hinzu kamen neue technologische Fortschritte. VR/AR ermöglichte den Menschen, sich zu verbinden – mithilfe von Technologie, die ein Gefühl von Unmittelbarkeit und immersivem Erleben vermittelt, viel stärker, als wenn man sich einfach nur eine Website anschaut oder über ein Smartphone kommuniziert.
Weltweit sind die Ausgaben für VR- und AR-Headsets im Jahr 2020 um rund ein Viertel auf ca. 12 Mrd. US-Dollar gestiegen.1 Und das ist erst der Anfang. Branchenschätzungen zufolge dürfte die jährliche Wachstumsrate (CAGR) für diese Technologie laut Citi Research auf 40–50% zwischen 2020 und 2025 steigen.
Das wiederum dürfte dem E-Commerce einen gewaltigen Schub geben. Der Einzelhandel gibt bereits über 1 Milliarde US-Dollar jährlich für VR- und AR-Lösungen aus, und der VR/AR Association zufolge sind die Ausgaben jedes Jahr um 240% gestiegen.
Die Attraktivität der VR- und AR-Technologie für den Einzelhandel beruht darauf, dass sie Produkte auf einem Bildschirm realer machen kann – mit Bildern, die gedreht, vergrössert und interaktiv erlebt werden können. Traditionelle Einzelhändler wie Macy’s und Adidas gehören zu der wachsenden Zahl an Unternehmen, die sich das Potenzial virtueller Ankleiden zunutze machen wollen. Weitere Einsatzgebiete sind virtuelle Probefahrten mit Autos und Vorschauen von Ferienunterkünften.
Am anderen Ende der Skala entstehen durch das Metaversum neue Arten nicht greifbarer Produkte, die nur in der digitalen Welt einen Wert haben. Am gängigsten sind nicht fungible Token (NFT), also digitale Assets, bei denen es sich um Fotos, Videos und Audiomaterial handeln kann können.
Damit all das möglich wird, muss die digitale Infrastruktur verbessert werden. Die Technologie erfordert eine höhere Bandbreite (Datenmenge, die in einer bestimmten Zeit von einem Punkt zu einem anderen übertragen werden kann), eine geringe Latenz und eine hohe Zuverlässigkeit. Die wachsenden Anforderungen an Geräte, die für das Metaversum relevant sind, könnten Innovation und Investitionen in diesem Bereich fördern.
Die grösste Herausforderung wird die Interoperabilität sein. Das heisst, nahtlos von einer Welt in eine andere zu wechseln und dabei die virtuelle Identität zu behalten, egal in welcher Welt man sich gerade aufhält. Das plattformübergreifende Crossplay zwischen Konsolen und PCs funktioniert bereits und ist somit der beste Beweis, dass es funktionieren kann.
Wir sind überzeugt, dass sich daraus eine grosse Bandbreite an digitalen Investmentchancen ergibt. Sektoren wie E-Commerce, Gaming, Social Media, E-Health und Fitness, Online-Bildung, Online-Unterhaltung und Collaboration-Plattformen dürften von der Ausweitung des Metaversums profitieren und die Monetarisierung durch bessere Bindungsraten, Benutzererlebnisse und Kundentreue verbessern.
Die Digitalisierung unserer Welt scheint erst am Anfang zu stehen. Indem wir in das Metaversum investieren, können wir Teil der Transformation werden.
Pictet Asset Management
Neue Mainzer Strasse 1
60311 Frankfurt