Frankfurt am Main, 20. Mai 2022
Die steigenden Langfristzinsen in den USA haben die Kurse im Software-Sektor unter Druck gesetzt, gegenüber dem Höchstwert vom November 2021 sind sie um 27 Prozent zurückgegangen. Aber „die Fundamentaldaten des Sektors erfreuen sich bester Gesundheit und die Branche spricht klar adressierbare Märkte mit starkem Wachstum an“, schreibt Brice Prunas, Portfoliomanager bei ODDO BHF AM, in einem aktuellen Marktkommentar. Investitionswellen im Bereich Digitalisierung, öffentlicher Cloud und Cybersicherheit stünden erst am Anfang.
„Zu den attraktivsten Segmenten dürften weiterhin Cybersicherheit, DevOps Analytik, Observability und nicht zuletzt Kooperationssoftware gehören“, schreibt der Investmentexperte. Regelmäßige Umsätze seien gesichert, da sich die Geschäftsmodelle immer mehr weg von Lizenz- oder Wartungsmodellen und hin zu Abo-Modellen oder Software-as-a-Service entwickelten. Außerdem zeichne die Branche aus, dass Investitionsausgaben und Betriebskapitalbedarf vergleichsweise gering und operative Margen hoch seien. Das generiere einen Cashflow weit über Marktniveau. Damit würden Softwareunternehmen zunehmend auch für Private-Equity-Firmen attraktiv.
Private-Equity-Fonds zahlen Aufschläge
Für die nächsten Jahre erwartet Prunas eine Phase der Konsolidierung. Schon jetzt habe eine Übernahmewelle begonnen. „Ende Januar gab Citrix die geplante Übernahme von Vista und EverGreen Coast Capital für 16,5 Milliarden US-Dollar bekannt, eine der größten Transaktionen der letzten vier Jahre.“ Das bietet Chancen für Investoren. Bei der Akquisition von Anaplan, einem US-Anbieter von Planungslösungen, durch Thoma Bravo wurde ein Aufschlag von fast 30 Prozent auf den letzten Börsenkurs gezahlt. Die neue Phase der Konsolidierung ist von mehreren Akteuren geprägt, die an Übernahmen interessiert sind, so Prunas. Softwareanbieter mit fragmentierter Konzernstruktur dürften versuchen durch Konsolidierung ihr Profil zu straffen, um eine Führungsrolle in einem bestimmten Bereich einzunehmen. Bei anderen Anbietern basiert dem Experten zufolge das Geschäftsmodell vollständig oder teilweise auf externem Wachstum, das eingekauft wird, um schnellen Zugang zu wachsenden Märkten und bestimmten Technologien zu erlangen. Auch Hersteller sogenannter Legacy-Software, die sich neu aufstellen müssen, seien an Übernahmen interessiert, und selbst Halbleiterunternehmen dürften aus finanziellen oder strategischen Überlegungen in Software investieren wollen.
Aussichtsreicher Markt
Im Wesentlichen sei die jüngste Übernahmewelle im US-Softwaresektor aber von Private-Equity-Fonds getrieben worden. Seit längerem konzentrierten Beteiligungsfonds einen Großteil ihrer Investitionen auf den Softwaresektor. Das zeigt die Chancen des Marktes. „Die Aussichten und die Fundamentaldaten des Sektors sind ausgezeichnet und gestatten es Beteiligungsfonds, auch nach dem Ende der Niedrigzinsphase attraktives IRR Potenzial zu finden“, fasst Prunas zusammen. Insbesondere die aktuellen Bewertungen böten einen guten Einstiegspunkt für Fonds, die den Sektor gut kennen: „Die Bewertungsniveaus werden damit für Beteiligungsfonds deutlich attraktiver, denn diese haben mehr Zeit für die Wertschöpfung.“
In den letzten Jahren sind viele Unternehmen des Software-Sektors an die Börse gegangen. Prunas spricht von einer „IPO-Welle von bislang beispielloser Dimension“. Nicht alle diese Unternehmen wurden in gleicher Weise gewürdigt, einige mussten ihr Geschäftsmodell von einem Lizenzmodell zu einem Software-as-Service Modell umstellen. Auch deshalb seien einige der Software-Firmen unterbewertet.