Loys AG | Frankfurt am Main, 12.08.2020.
Die Einführung vieler zusätzlicher Regeln für den Finanzmarktsektor im Nachgang der amerikanischen Subprime-Krise hat den europäischen Finanzmärkten in den letzten Jahren schweren Schaden zugefügt. Gespeist aus einer in Politik-Eliten verbreiteten Verachtung der Finanzbranche, die ihrerseits aus Unkenntnis derselben sprießt, hat man sich in Brüssel seit Jahren bemüht, Finanzmarkt- und Bankgeschäfte an die enge Kandare zu nehmen.
Gerade auch in Deutschland hat dieses Vorgehen viel Beifall geerntet. Wenn man zusätzlich bedenkt, dass der deutsche Finanzminister nach wie vor beabsichtigt eine Transaktionssteuer auf Aktiengeschäfte einzuführen, dann weiß man wie Berlin in Sachen Finanzmarkt tickt.
Zur Verblüffung der EU sind aber die Folgen der vielen MiIFID-Direktiven desaströs ausgefallen. Besonders kleiner kapitalisierte börsennotierte Unternehmen werden inzwischen vom Finanzmarkt völlig vernachlässigt. Dazu muss man wissen, dass in Europa viel mehr kleine Unternehmen an der Börse notiert sind als etwa in den USA. Das Wohlstandsgefälle zwischen den Vereinigten Staaten und der EU hat in den letzten Jahren weiter zugenommen, weil der amerikanische Finanzmarkt geringer und vor allem klüger reguliert ist. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass europäische Richtlinien i.d.R. von Berufspolitikern ersonnen werden, die selber noch nie eine Aktie in ihrem Leben besessen haben. In den Vereinigten Staaten hingegen kommen die Finanzminister in aller Regel von der Wall Street und bringen die notwendigen Kenntnisse über Banken, Börsen und Finanzmärkte mit.
Ich selber war immer der Meinung, die Aufgabe der Politik liege darin, Regelungen und Rahmenwerke bereit zu stellen, die eine gute Wohlstandsentwicklung der Bevölkerung ermöglichen. Passiert ist das Gegenteil: Durch unsinnige Regulatorik, ausufernde Bürokratie besonders bei den sog. Aufzeichnungspflichten, eine allgemeine Eigenkapitalfeindlichkeit und unkluge Steuersysteme ist es so gekommen, dass die meisten Bürger den Weg in die Aktienmärkte nie gefunden haben. Dabei wäre dies aber aufgrund der Demographie und der Abschaffung positiver Habenzinsen dringend vonnöten gewesen.
Mit Verwunderung, Grimm und Neid blickt man auf den Wohlstandsmotor Wall Street. Ohne die Wall Street sind Erfolgsgeschichten wie Amazon.com oder Tesla überhaupt nicht vorstellbar. Eine florierende Finanzmarktkultur hat es Amerika ermöglicht, ein großes Wohlstandsgefälle zu Europa aufzubauen. Bekanntlich ist ja gerade in Deutschland die Entwicklung des privaten Geldvermögens aufgrund des ökonomischen Analphabetismus und der daraus folgenden Sachwertfeindlichkeit besonders schwach. Und über den Zustand der Banken in Europa, zumal in Deutschland, wollen wir gar nicht erst sprechen. Es ist ein Trauerspiel. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass alle großen Finanzmarktbereiche (Rating, Research, Banking, Venture Capital, Hedge Fonds, Private Equity, Indizes, etc.) von amerikanischen Adressen dominiert werden.
Nun aber deutet die EU an, sie wolle sich die Dinge nochmals überlegen und ggf. Teile von MiFID zurückrollen. Zur Begründung heißt es lapidar, man wolle der ökonomischen Erholung nach der Corona-Pandemie Unterstützung verleihen. Indes lautet der wahre Grund: MiFID ist krachend gescheitert und hat die Vermögensentwicklung der Menschen in Europa negativ beeinflusst. Lediglich als Beschäftigungsprogramm für Wirtschaftsprüfer und stetig wachsende staatliche Aufsichtsbehörden war MiFID ein Erfolg.
Aber immerhin, die späte Einsicht ist zu loben. Wie wäre es übrigens, wenn man einmal überlegte, wie Europa sich an die Spitze beim Thema Finanzmarkt setzen könnte? Dazu aber bedürfte es eines radikalen Umdenkens in Brüssel und auch in Berlin. Darauf deutet allerdings nichts hin.
Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns