Bellevue | Küsnacht, 30.09.2019.
Die globale Ausbreitung von stoffwechselbedingten Leberkrankheiten hat die Entwicklung von neuen Therapieansätzen aus der Biotechbranche beschleunigt. Zahlreiche Medikamente mit einem hohen Marktpotenzial stehen mittlerweile vor der Zulassung.
Wenn die Leber aufgrund einer Erkrankung ihre Aufgabe nicht mehr wahrnehmen kann oder sogar versagt, dann wird es richtig teuer: Den Patienten drohen lange, kostspielige stationäre Behandlungen oder im schlimmsten Fall sogar Lebertransplantationen.
Umso mehr verwundert es, dass in den letzten Jahren nur wenige Arzneien auf den Markt kamen, deren Wirkprofil auf die vielfältigen Funktionsstörungen der Leber ausgerichtet ist. Relativ gut behandeln lassen sich Hepatitis-Infektionen, die weltweit am meisten verbreitete Lebererkrankung. Seit 2014 ist Hepatitis C dank des Medikaments dem Labor von Gilead Sciences bei 90% der Patienten heilbar. Insgesamt sind aktuell sechs Medikamente von drei Firmen auf dem Markt, die ihren Herstellern Blockbuster-Umsätze generiert haben.
„Volkskrankheit“ Fettleber
Doch noch immer gibt es einen grossen ungedeckten medizinischen Bedarf: Aufgrund von ungesunder Ernährung in Verbindung mit Bewegungsmangel ist nach aktuellen Erhebungen ein Viertel der Weltbevölkerung von der metabolischen Fettleber (NAFLD) betroffen, die in einem frühen Stadium relativ einfach geheilt werden kann. Geht die Krankheit aber in die entzündliche Form der nichtalkoholischen Fettleber (NASH) über, entwickelt sie eine fortschreitende Vernarbung (Fibrose) und am Ende eine strukturelle Organschädigung (Zirrhose). Primäre Todesursache bei der Fettleber sind die begleitend auftretenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Todesfolgen durch die Leberschädigung zeigen sich nachgelagert, sind aber trotzdem sehr relevant.
2018 war NASH zusammen mit der alkoholbedingten Lebererkrankung (ALD) für die Hälfte aller Lebertransplantationen in den USA verantwortlich. Für die global rapide steigende Zahl der ALDPatienten ist der steigende Alkoholkonsum verantwortlich. Allein in den USA entwickeln von den 15 Millionen Menschen mit chronischem Alkoholkonsum 90 bis 100 % eine chronische Fettleber, davon wiederum bis zu 38 % eine alkoholisch bedingte Fettleberentzündung (Steatohepatitis).
Neue Therapien vor dem Durchbruch
Für die alkoholische Fettleber kommen Medikamente mit Nischenpotenzial wie das in Europa und den USA zugelassene Medikament Vivitrol von Alkermes zum Einsatz, das 2018 einen Umsatz von USD 300 Mio. erzielte und Erkrankten hilft, die Alkoholsucht zu besiegen. Am weitaus interessantesten aus Investorensicht sind die neuen Therapien gegen NASH. Gab es noch vor zehn Jahren praktisch keine klinischen Studien, befinden sich heute mehr als 20 Kandidaten auf der Basis von mehr als fünf unterschiedlichen Wirkmechanismen in den Entwicklungspipelines von Biotechunternehmen. Am weitesten fortgeschritten ist Ocaliva (OCA) von Intercept. 2020 entscheidet sich ein möglicher Markteintritt für OCA für NASH. Allerdings lässt sich das Umsatzpotenzial noch nicht exakt abschätzen, da OCA zwar den Fibrosestatus verbessert, die Fettleberentzündung aber nur in der Tendenz und nicht signifikant behebt. Daher gibt es noch viel Raum für Konkurrenzprodukte.
Darüber hinaus wird die französische Biotechfirma Genfit noch 2019 die zulassungsrelevanten Wirksamkeitsdaten für Elafibranor präsentieren. Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk testet die zweite Generation seiner GLP-1-Rezeptor-Agonisten für die Diabetesbehandlung auch bei NASH. Während Saxenda Liraglutid mittlerweile erfolgreich auch bei Fettleibigkeit eingesetzt wird, räumen Branchenexperten Semaglutid ein noch grösseres Marktpotenzial ein, sollte das Produkt 2020 die Zulassung bei NASH bekommen. Für die orale Form des Produkts wurde der Zulassungsantrag zur Behandlung von Diabetes bereits gestellt. Die NASH-Studien befinden sich in der klinischen Phase II. Im Hinblick auf die Kommerzialisierung sind auch Therapien gegen seltene genetisch bedingte Lebererkrankungen wie die akute hepatische Porphyrie (AHP) äusserst lukrativ. 6000 registrierte Patienten in den USA und Europa sind von dieser Störung des Blutfarbstoffes betroffen. Mit Givosiran von Alnylam steht dafür erstmalig eine wirkungsvolle Therapie zur Verfügung. Das Medikament befindet sich im beschleunigten US-Zulassungsverfahren und sollte spätestens Anfang Februar 2020 verfügbar werden.
Das Fazit aus Anlegersicht lautet: In den Indikationen Hepatitis, seltenen Lebererkrankungen, Krebs und vor allem NASH bietet die Behandlung von Leberkrankheiten kurstreibende Innovationen. Wegen der Spezifität der Therapien sollten Anleger am Wachstumspotenzial am besten über Fondsprodukte partizipieren, in deren Portfolio diese Leberspezialisten vertreten sind. In den Fondsportfolios des Healthcare-Spezialisten Bellevue Asset Management bewegt sich die Investmentquote von Firmen mit Therapien gegen Lebererkrankungen zwischen 5 % und 15 %. Die Fonds sind in Intercept Pharma, aber auch in Novo Nordisk und Alnylam Pharma investiert. Spannend im Bereich Leberkrebs ist die Aktie von Exelixis. Die US-Biotechfirma erhielt im Januar 2019 die Zulassung für ein Medikament zur Behandlung von Leberkrebs (HCC).
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