Pressemitteilung Bellevue Asset Management: Daniel Koller: «Am Ende erzielen einige einen hohen Gewinn»

Bei der FondsAuswahl zählt die Unabhängigkeit vom Anbieter! Bellevue | Küsnacht, 17.02.2021.

Daniel Koller, Leiter des Investmentteams von BB Biotech, äußert sich in seinem Interview in “Finanz und Wirtschaft” zu den Aussichten der Branche und zum Schub, den die Pandemie einigen Unternehmen verliehen hat.

Herr Koller, der Biotech-Sektor hat sich 2020 sehr gut entwickelt. Setzt sich das so fort, oder zieht die Karawane bald weiter?

Es gibt laufend unterschiedliche Börsenzyklen. In anderen Sektoren geht es seit drei oder gar fünf Jahren nur in eine Richtung, nämlich nach oben. Nach einigen Jahren der Seitwärtsbewegung vieler Biotech-Werte haben wir seit einem Jahr und vor allem im vierten Quartal einen Schub erlebt. Ich glaube, dass sich diese Aufwärtsbewegung fortsetzen kann.

Weshalb genau?
Risikokapital bewegt sich auf Rekordniveaus und führt zu vielen Unternehmenslancierungen und Entwicklungsprojekten. Am Ende kommen mehr Medikamente auf den Markt. In den Nullerjahren hat die US-Gesundheitsbehörde jährlich zwanzig bis dreissig Medikamente zugelassen. Heute sind es fünfzig und mehr. Angesichts der grossen Zahl von Wirkstoffen in den letzten Phasen klinischer Entwicklung wird dieser Trend eher beschleunigt. Dies dürfte die Aussicht auf steigende Kurse an den Börsen verbessern. Biotech gilt als riskant. Viele Leute, mit denen ich spreche, sind hier unter- oder kaum investiert. Sie neigen immer noch zu Aktien grosser Pharmakonzerne, allenfalls zu den lang bestehenden Biotech-Large-Caps. Pharma ist eine sehr wichtige Branche für die Gesundheitssysteme. Sie erzielt im Schnitt 2 bis 3% Umsatzwachstum, es gibt weiterhin Preisdruck, ausserdem verlieren in den breiten Produktportfolios immer einige ältere, umsatzstarke Medikamente den Patentschutz: Allein damit erklärt sich, wieso jüngere Unternehmen für uns spannender sind. Mit der Biotech-Branche liess sich in der Vergangenheit mehr Rendite erzielen. Dies gilt meiner Einschätzung nach auch künftig; vielleicht nicht kurzfristig, aber mittel- bis langfristig.

Wie könnten sich Biotech-Aktien im Vergleich zu anderen Branchen schlagen?
Ich bin vorsichtig mit der Einschätzung anderer Branchen, denn ich kenne vor allem unsere gut. Sie ist mit einer zweistelligen Kurssteigerung ins Jahr gestartet. Aus fundamentaler Sicht dürfte es wieder ein Jahr mit vielen Medikamentenzulassungen werden. Biotech sollte deshalb gute Aussichten für dieses Jahr haben.

Wie sieht es 2021 mit Übernahmen aus?
Mergers & Acquisitions werden weitergehen. Im vergangenen Jahr wurden die Transaktionen im ersten Semester coronabedingt ausgebremst. In der zweiten Hälfte gab es eine Beschleunigung. Die Managementteams sind zwar noch im Lockdown-Modus, aber wir glauben, dass die Dynamik andauern wird. Big Pharma und zunehmend auch Big Biotech wie Amgen, Gilead oder Vertex werden auf externes Wachstum zurückgreifen, und das Kapital bleibt günstig.

Welchen Einfluss könnte die US-Gesundheitspolitik auf die Branche ausüben?
Wir glauben, dass US-Präsident Joe Biden mit anderem als Reformen des Gesundheitswesens beschäftigt sein wird. Der Fokus liegt auf der Coronabewältigung und der Wirtschaft. Im Gesundheitswesen glauben wir, dass seine Ansätze dieselben sind, wie sie schon in der Vergangenheit vorgebracht wurden. Diesen möglichen Einflüssen stehen die neuen Technologien gegenüber, die schneller voranschreiten und viel wichtiger sind.

Wie sieht die Lage in der Pandemie aus?
Wir haben die Situation, dass nach den beiden mRNA-Impfstoffen auch der von AstraZeneca zugelassen ist und bald weitere Angebote entstehen werden. Darunter befinden sich Impfstoffe von Johnson & Johnson und Novavax, die kürzlich Daten aus ihren Phase-III-Studien vorgelegt haben. Für die zweite Jahreshälfte oder Anfang 2022 erwarten wir weitere Kandidaten. Die Biotech-Branche hat in der Pandemiebekämpfung eine führende Rolle eingenommen.

Was bringt das der Branche konkret?
Die Impfstoffklasse dürfte an Bedeutung gewinnen, nicht nur aus Anlegersicht. Es wird die Entwicklung vieler Unternehmen beschleunigen, die Fortschritte mit Coronaimpfstoffen aufzeigen konnten. Den Namen Moderna kannte vor einem Jahr noch kaum jemand in der Schweiz. Heute werden Ärzte, Krankenkassen bis hin zur breiten Bevölkerung damit konfrontiert. Davon sollten solche Unternehmen auch mittel- bis längerfristig profitieren. Könnte die Hoffnung auf eine Imagepolitur nicht verfrüht sein und das nächste Bashing kommen, wenn die Unternehmen hohe Gewinne einfahren? Das werden auch Sie und andere Medien beeinflussen. Bei vielen Fragen ist ein kritischer Unterton zu hören. Ich glaube im Gegenteil, dass die Preise für eine Impfdosis, die je nach Land 2 bis 3, 10 oder 35$ betragen, extrem günstig sind für den erbrachten Wert, aber auch im Vergleich zu allen Alternativen, die wir haben. Am Ende werden gewisse Unternehmen einen hohen Umsatz und Gewinn erzielen. Das wird sicher kritisiert, aber diese Kritik ist systeminhärent und wird kommen, egal, für welchen Sektor, der sich in der Pandemie erfolgreich entwickelt hat.

Was entgegnen Sie den Kritikern?
Wir sehen es als sehr positiv an, dass etwa Moderna sagt, sie werde den Gewinn in die Entwicklung anderer Impfstoffe und Medikamente investieren. Das Geld verschwindet also nicht in irgendeiner Kasse. Solche Innovationszyklen prägen die Branche. Erlauben Sie mir, den Spiess umzudrehen und zu sagen: Jetzt habt Ihr den Beweis, dass positive Anreize für die Privatwirtschaft tatsächlich zum Erfolg führen. Dies hat sehr gut funktioniert und sehr rasch sehr gute Lösungen generiert. Es wird bemängelt, dass reiche Länder alle Impfstoffe aufkaufen. Die Frage, was wir mit den Ländern der südlichen Hemisphäre machen, wird unter anderem in der WHO angegangen und durch die Covax-Initiative organisiert. Als Gesellschaft wollen wir natürlich, dass der Zugang zu Impfstoffen in der Pandemie überall gewährleistet ist. Solange wir weltweit Kapazitätsengpässe haben, wird das aber noch Monate dauern. Sie waren schon vor der Pandemie in Moderna investiert. Im Januar 2018 sind wir bei einer privaten Finanzierungsrunde eingestiegen. Es war für uns das einzige Private-Equity-Investment der letzten Jahre. Wir wollten Zugang zu dieser mRNA-Technologie haben. In den RNA-basierten Wirkstoffen waren wir schon seit 2010 mit Ionis und zwei Jahre später mit Alnylam investiert. Sie sind technologisch gesehen quasi am gegenüberliegenden Pol von Moderna aktiv. Ihre Aufgabenstellung lautet: Wie kann die von Messenger-RNA, mRNA, vorgesehene Expression eines Eiweisses blockiert werden? Moderna hingegen setzt die mRNA ein, um die Produktion von gewünschten Eiweissen zu erzielen. Wir haben das IPO von Moderna unterstützt und an der Börse nachgekauft. 2020 konnten wir auch Gewinnmitnahmen realisieren.

Weshalb?
Die Bewertung war nicht mehr nachhaltig. Zum Jahresstart 2020 notierten die Aktien um 20$, später waren es zeitweise 170 bis 180$. Moderna wird dieses Jahr profitabel sein und hat 2020 den Weg zurückgelegt, den andere Unternehmen in vier bis fünf Jahren gehen. Der Markt hat dies auch so eingepreist. Wir sind stolz, dass Moderna immer noch unsere zweitgrösste Position ist, und wir wollen sie weiterhin als Kerninvestment halten. Sie entwickelt mehrere Impfstoffe, unter anderem gegen die saisonale Grippe, die wiederkehrend in einer breiten Population eingesetzt werden können. Dies ist wichtig, denn die Pandemie bedeutet Unsicherheit und hoffentlich kein nachhaltiges Geschäft. Das erschwert die Bewertung des Unternehmens.

Erwägen Sie weitere Engagements in mRNA-Unternehmen?
Wir haben einen konzentrierten Portfolioansatz und fahren maximal 35 Investments. In der Pandemie sind wir nicht bei weiteren mRNA-Titeln eingestiegen. Historisch haben wir uns bei Moderna engagiert, weil sie einen Fokus auf die Impfstoffentwicklung gelegt hat und ihre Plattform auf der chemisch modifizierten mRNA abstützt. Das haben wir früh als wichtig erachtet. BioNTech setzt auch modifizierte mRNA ein, sie ist aber in der Pandemie therapeutisch umgeschwenkt.

Was heisst das?
Sie war in erster Linie bei Onkologieimpfstoffen tätig und konnte auch dank der Zusammenarbeit mit Pfizer einen erfolgreichen Coronaimpfstoff entwickeln. Es gibt weitere Firmen wie CureVac, Translate Bio oder Arcturus Therapeutics und einige mehr. Sie setzen teilweise nicht modifizierte mRNA ein. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich das bewährt. Einzelne sind mit ihren Coronaimpfstoffen schon gescheitert, weitere werden folgen. Wir glauben, dass Moderna aufgrund ihres Know-how und der Produktionsfähigkeiten das Feld weiter anführen wird. Mit Lonza hat sie zudem einen wichtigen Produktionspartner an der Seite.

INTERVIEW: RUPEN BOYADJIAN

Bellevue Asset Management

Bellevue Asset Management sowie die in Oberursel bei Frankfurt ansässige Schwestergesellschaft StarCapital sind Teil der Bellevue Group, einer unabhängigen schweizerischen Finanzgruppe mit Sitz in Zürich und Listing an der Schweizer Börse SIX. Bellevue wurde 1993 gegründet und zählt heute mit verwalteten Vermögen von CHF 10.6 Mrd. zu den führenden Investmentboutiquen in den Bereichen Healthcareaktienstrategien, traditionelle und alternative Anlagestrategien.

Für weitere Informationen:
Bellevue Asset Management AG, Seestrasse 16 / Postfach, CH-8700 Küsnacht/Zürich
Heiko Ulmer, Tel. +41 44 267 72 73, hul@bellevue.ch

www.bellevue.ch

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