Brasiliens Regierung fördert den Aufschwung und erleichtert in dem Zuge per Gesetz auch ausländischen Investoren den Zugang. Unter anderem soll die Infrastruktur des Landes ausgebaut werden. Dessen Vorzüge erläutert hier Roberto Jaguaribe, Botschafter und Präsident der brasilianischen Handels- und Investitionsförderungsagentur Apex-Brasil.
Brasilien befindet sich nach schwierigen Jahren wieder im Aufschwung. Es ist ein beliebtes Ziel für Investitionen, und das trotz der durch die Krise von 2015/2016 verursachten Schwankungen. Seit 2010 gehört Brasilien zu den zehn wichtigsten Empfängerländern für ausländische Direktinvestitionen. Im letzten Jahr lagen diese bei fast 70 Milliarden US-Dollar. In diesem Jahr dürften sie auf 80 Milliarden US-Dollar ansteigen.
Die Größe des brasilianischen Binnenmarktes spielt dabei eine wichtige Rolle: Brasilien stellt mit 208 Millionen Einwohnern die fünftgrößte Bevölkerung der Welt – ein Drittel der lateinamerikanischen Bevölkerung. Das Land ist global die siebtgrößte Wirtschaftsnation mit einem Bruttoinlandsprodukt von 1,772 Billionen Dollar (2015). Vor allem aber ist Brasilien nach Jahren der Wirtschaftskrise wieder in Bewegung geraten, nicht zuletzt aufgrund der Auslandsinvestitionen, die einen großen Teil zum wirtschaftlichen Aufschwung beitragen. Derzeit werden von der brasilianischen Regierung zahlreiche Änderungen bei Gesetzgebung und Vorschriften vorgenommen, um den Aufschwung zu fördern und das Umfeld für Investoren weiter zu verbessern.
Infrastruktur hat Nachholbedarf
Treiber für Investitionen und Wachstum ist die Modernisierung der brasilianischen Infrastruktur. Energie-, Öl- und Gas-Sektor, Automobilbranche, das Gesundheitswesen sowie Forschung und Entwicklung bieten zahlreiche Investitionsmöglichkeiten. Denn Brasilien hat in Sachen Infrastruktur Nachholbedarf. Das Land investierte bislang nur rund zwei Prozent seines BIP in die Infrastruktur. Mindestens drei Prozent wären notwendig, um eine Abwertung der bestehenden Infrastruktur zu vermeiden. Daher setzt die brasilianische Regierung auf private Partnerschaften und Gesetzesänderungen, um ausländischen Investoren mehr Attraktivität und Sicherheit zu bieten.
Im September 2016 wurde das Programm „Crescer (To Grow) – Building a Brazil of Opportunities“ ins Leben gerufen, um Konzessionen und Privatisierungen von Infrastrukturprojekten in den Bereichen Autobahnen, Eisenbahnen, Häfen, Flughäfen, Bergbau, Öl und Gas sowie Elektrizität zu realisieren. Von 145 im Rahmen des Programms qualifizierten Projekten wurden mittlerweile bereits 56 bereits versteigert oder erneuert. Schätzungen der Regierung zufolge werden die Investitionen über Auktionen 133 Milliarden US-Dollar, die damit verbundenen Zuschüsse 28 Milliarden US-Dollar übersteigen.
Erneuerbare Energien und Agritech bieten weitere Wachstumschancen
Dabei kristallisieren sich zwei weitere Wachstumsbereiche heraus. Zum einen die Erneuerbaren Energien: Brasilien ist der drittgrößte Weltmarkt und der größte lateinamerikanische Markt für Erneuerbare Energien. Es wird erwartet, dass ihr Anteil von 16,5 Prozent im Jahr 2015 auf 53 Prozent im Jahr 2040 ansteigen wird. Zum anderen bietet der Agrarsektor große Chancen für Investitionen. Die Nachfrage nach Nahrungsmitteln für die wachsende Weltbevölkerung, die bis 2050 voraussichtlich 9 Milliarden erreichen wird, steigt weiter an. Brasilien wurde in den letzten zwei Jahrzehnten zu einem der größten Agrarproduzenten der Welt. Das Land wurde von der Welternährungsorganisation (FAO) als grundlegend für die weltweite Lebensmittelversorgung bis 2030 genannt. Aus diesem Grund bieten die Bereiche Agritech und agrarwirtschaftliche Infrastrukturen für ausländische Investoren interessante Investitionschancen mit langfristig guten Wachstumsaussichten.
Europa stark engagiert
Im Jahr 2015 lag Brasilien auf Platz drei der europäischen Direktinvestitionen im Ausland und auf Platz eins unter den BRICS-Staaten und den Staaten Lateinamerikas. Im Vergleich der BRICS-Staaten waren die Direktinvestitionsbestände der Europäischen Union in Brasilien 1,14-mal so hoch wie in China (einschließlich Hongkong) und deutlich höher als in Russland (1,9), Südafrika (4,2) oder Indien (6,4).
Mit dem Auktions- und Bieterprogramm bietet Brasilien ein sicheres und transparentes Investitionsumfeld, das sich laufend erweitert. Hier eröffnen sich damit auch für deutsche Investoren große Chancen, ihre Positionen weiter auszubauen. Zwischen 2011 und 2016 war Deutschland der viertgrößte Investor im brasilianischen Markt und Brasilien auf Platz acht der deutschen Investitionen in der Welt. In einigen Branchen, wie z.B. der Automobil- und Gesundheitsbranche, haben sich bereits seit mehreren Jahren große deutsche Unternehmen in Brasilien angesiedelt. Auch im Bereich Flughäfen ist Deutschland sehr aktiv, die Fraport AG Frankfurt Airport Services etwa hat im März vergangenen Jahres die Lizenzrechte für die Flughäfen Fortaleza (Hauptstadt von Ceará, im Nordosten Brasiliens) und Porto Alegre (Hauptstadt von Rio Grande do Sul, im Süden) erworben.
Chancen für deutsche Investoren
Trotz dieser starken Stellung ist das Potenzial für weiteres Engagement noch längst nicht ausgereizt. Vergleicht man Deutschland beispielsweise mit Italien, Spanien, Frankreich und den Niederlanden, so haben diese Länder ihr Engagement in letzter Zeit stärker ausgebaut. Wir sind aber zuversichtlich, dass auch Deutschland seine Investitionen in Brasilien in naher Zukunft wieder verstärken wird. Weitere Impulse werden vom Freihandelsabkommen zwischen dem Gemeinsamen Markt Südamerikas (Mercosur) und der Europäischen Union ausgehen, wenn es 2018 in die Praxis umgesetzt wird. Es wird die Anreize für ausländische Unternehmen, in Brasilien zu investieren, zusätzlich erhöhen, aber auch bessere Möglichkeiten für brasilianische Unternehmen schaffen, in der Europäischen Union tätig zu werden.
Über Apex-Brasil: Apex-Brasil ist die brasilianische Handels- und Investitionsförderungsagentur zur Förderung brasilianischer Produkte und Dienstleistungen im Ausland und unterstützt bei der Gewinnung ausländischer Investitionen in bestimmten Sektoren der brasilianischen Wirtschaft. Die Agentur vertritt mehr als 11.000 Unternehmen an 80 verschiedenen Standorten mit einem Export von Waren und Dienstleistungen in 200 Märkte.
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Quelle: Das Investment