Stark schwankende Aktienkurse bieten große Chancen für Anleger, erläutert Templeton-Manager Mark Mobius in einem aktuellen Marktkommentar auf DAS INVESTMEMT.com. Vorausgesetzt, sie haben zuvor ihre Hausaufgaben gemacht.
Die globalen Märkte sind gegen Ende des Sommers mächtig ins Wanken geraten. Mark Mobius, Chef der Templeton Emerging Markets Group, erkennt in solch volatilen Phasen jedoch großes Potenzial für Anleger: „Das ist genau der Zeitpunkt, zu dem sich der beste Wert finden lässt – wenn man seine Hausaufgaben gemacht hat.“
Wir können nicht mit Sicherheit sagen, ob die Marktkorrektur vorbei ist oder ob sie sich fortsetzen wird. Die Aktienmärkte der Welt haben schon seit vielen Jahren keine signifikante Korrektur mehr durchlaufen. Individuelle Märkte, wie Brasilien oder Russland, haben dieses Jahr zwar mehr als 30 Prozent verloren. Viele andere haben jedoch keine Verluste erlitten, die als Bärenmarkt (Baisse), bezeichnet werden können.
Aufgrund des allgemeinen Pessimismus und der Ungewissheit ist es möglich, dass einige Märkte noch weiter fallen, bevor es zu einer Stabilisierung kommt. In den letzten 20 Jahren hat unser Team jedoch einen generellen Anstieg der Volatilität in allen Märkten beobachten können. Grund dafür ist unserer Meinung nach der zunehmende Einsatz von Derivaten. Auch der starke Einfluss wechselnder Regierungspolitik, die durch exponentiell ansteigende Nachrichtenmeldungen über das Internet verbreitet wird, spielt eine Rolle.
Uns war bewusst, dass die Bewertungen in einer Reihe von Märkten und Sektoren immer teurer wurden. Daher kommt der Marktabschwung für uns nicht überraschend.Insbesondere in China ist es im inländischen A-Aktien-Markt zu intensiven Spekulationen gekommen. Diese haben den Markt beherrscht und ihn aufgrund staatlicher Anreize innerhalb von Rekordzeit auf nicht nachhaltige Höchststände getrieben.
Die chinesische Notenbank hat diese Woche zum fünften Mal seit November die Zinsen gesenkt und die Reserveerfordernisse gelockert. Notenbanker können wenig tun, wenn das Geld, das sich bereits im System befindet, nicht zurück in die Märkte fließt. Die Kreditvergabe haben die Banken allerdings nicht verstärkt. Grund hierfür ist nicht nur das verlorengegangene Vertrauen, sondern sind auch diverse aufsichtsrechtliche Erfordernisse. Die chinesische Notenbank hofft, dass ihre jüngsten Maßnahmen Geld aus dem Banksystem freisetzen werden.
Schwellenländer: Auf konsumorientierte Titel setzen
Obwohl Marktverluste für Anleger schmerzhaft sind, sind es gleichzeitig Phasen, die Chancen bieten. Ich habe mir die Aktienmärkte in Schwellenländern genau angeschaut. Ihre Bullenmärkte dauern generell länger, als ihre Bärenmärkte. Weiterhin tendieren die Bullenmärkte zu höheren Zugewinnen, als die Verluste der Bärenmärkte ausmachen. Aus dem Verhalten der Schwellenmärkte in der Vergangenheit lässt sich zwar nicht zwangsläufig auf ihr Verhalten in Zukunft schließen. Ich glaube aber, man muss eine langfristige Perspektive einnehmen.
Wir nutzen Marktkorrekturen, wie die derzeitige, um sehr selektiv Titel für unsere Portfolios auszuwählen. Im Moment interessieren wir uns besonders für konsumorientierte Titel in China und eine Reihe anderer Schwellenmarktländer. Dort erwarten wir langfristiges Wachstum.
Volatilität: Aussichtsreiche Reformen statt Kollaps
Trotz der jüngsten Marktvolatilität ist der langfristige Ausblick für den chinesischen Markt und die Wirtschaft des Landes gut. Wir werten die jüngste Korrektur nicht als den Beginn eines Kollapses des Marktes. Im Gegenteil:
Erstens soll die Wirtschaft durch Förderung von Exporten und Investitionen bis hin zu Binnenkonsum neujustiert werden. Letzterer dürfte nach wie vor von rasant steigenden Löhnen unterstützt werden. Auch die geldpolitischen Lockerungen in China, der Eurozone und in Japan unterstützen das Finanzsystem und die Nachhaltigkeit der Schulden.
Weiterhin gibt es Pläne zur Bekämpfung von Überkapazitäten und zur Förderung eines offenen, fairen und transparenten Marktes. All dies deutet auf eine tragfähigere Einstellung zur langfristigen Rentabilität staatlicher Unternehmen (State-Owned Enterprises, SOEs) hin. Wir glauben, ein stärker kommerziell orientierter Ansatz der Geschäftsführungen von SOEs, wie beispielsweise leistungsbezogene Bezahlung, hat einen positiven Einfluss.
Wirtschaftswachstum: China übertrifft trotz allem USA und Eurozone
Dem sich verlangsamenden Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in China kommt viel Aufmerksamkeit zu. Folgender Faktor wird dabei übersehen: das prozentuale Wachstum der Wirtschaft geht zwar zurück, die tatsächlichen Dollarbeträge steigen jedoch. Als die chinesische Wirtschaft 2010 um zehn Prozent stieg, flossen etwa 844 Milliarden US-Dollar in die Wirtschaft. Bei dem Wachstum um 7,7 Prozent im Jahr 2013 wurden ihr jedoch 986 Milliarden US-Dollar zugeführt.
Hinzu kommt, dass sieben Prozent Wachstum angesichts der Größe der chinesischen Wirtschaft immer noch ansehnlich ist. China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Selbst wenn wir von einem Wachstum von fünf Prozent ausgingen, läge es immer noch viel höher als das, was die USA oder die Eurozone seit vielen Jahren erzielen. Es dürfte kein Schock sein, dass das Wachstum sich verlangsamt.
Zinserhöhung USA: Indien und China am besten positioniert
Der generelle Abschwung der Schwellenmärkte in diesem Jahr kann unseres Erachtens auch den Befürchtungen im Zusammenhang mit Zinserhöhungen in den USA zugeschrieben werden. Denn sie werden die Liquidität eindämmen. Eine zusätzliche Volatilität, wenn die US-Zentralbank (Fed) die Zinsen tatsächlich erhöht, ist zunächst wahrscheinlich. Sobald die Ungewissheit nachlässt, dürfte allerdings eine gewisse Entspannung eintreten.
Die beiden größten Schwellenmärkte, China und Indien, scheinen besser positioniert zu sein, um steigende Zinsen in den USA zu verkraften, als andere Schwellenmärkte. Denn sie verfügen über interne Wachstumstreiber, die weniger von den USA abhängig sind. China und Indien dürften zu den wichtigsten Treibern globalen Wachstums werden – und nicht die USA oder Europa.
„Kapital erfolgreich anzulegen ist nicht so leicht“
Manchmal ist es ziemlich schwer, Phasen der Unsicherheit auszuhalten. Unsere wichtigste Botschaft an Anleger in solchen Zeiten? Haben Sie keine Angst zu kaufen, wenn alle anderen verkaufen. Es braucht Mut zu investieren, wenn die Aussichten schlecht sind und andere verkaufen. Aber das ist genau der Zeitpunkt, zu dem sich der beste Wert finden lässt – wenn man seine Hausaufgaben gemacht hat. Denn wie sagte einst Sir John Templeton, „Kapital erfolgreich anzulegen, ist nicht so leicht. Es erfordert Aufgeschlossenheit, laufende Analysen und kritisches Urteilsvermögen.”
Von: Franklin Templeton
Quelle: DAS INVESTMENT.