2010 war ein Meilenstein für Südafrika. Das Land wurde neben Brasilien, Russland, Indien und China das fünfte Mitglied der „BRICS”-Gruppe unter den Schwellenmärkten. Johan Meyer, Managing Director South Africa für Franklin Templeton, glaubt an Südafrikas Potenzial für ein noch stärkeres Wirtschaftswachstum.
Südafrika ist sportbesessen. Das Land richtete bereits eine ganze Reihe internationaler Sportereignisse aus, darunter die Cricket-Weltmeisterschaft gemeinsam mit Kenia und Simbabwe im Jahr 2003 und die FIFA-Weltmeisterschaft im Jahr 2010.
Eine neue und sanierte Infrastruktur von Stadien, Verkehrsmitteln und Unterkünften schuf viele Arbeitsplätze. Sie führte zum Aufbau von Fachwissen und zu wertvollen Erfahrungen für die Ausrichtung solcher Veranstaltungen von Weltrang. Südafrika hat bewiesen, dass es die Fähigkeit zur Organisation und Durchführung großer Veranstaltungen auf der Weltbühne besitzt.
Das anhaltende Erbe dieser Ereignisse für die Wirtschaft zeigt sich heute vor allem in der Form von Chancen im Tourismusbereich.
Bergbausektor: Exportanteil von 22,7 Prozent
Die Prognose für das Wachstum des südafrikanischen Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegt für dieses Jahr bei 1,5 Prozent. Es ist somit stabil im Vergleich zum Vorjahr. Obwohl diese Zahl bereits positiv ist, glauben wir, dass Südafrika durchaus über die Mittel und das Potenzial für ein noch stärkeres Wirtschaftswachstum verfügt.
Eine Stromkrise ist einer der Faktoren, die das Wachstum in diesem Jahr gebremst haben. Kontrollierte Stromausfälle und -abschaltungen zur Entlastung des Stromnetzes haben die Produktionstätigkeit behindert.
Südafrika und seine Nachbarländer sind reich an Rohstoffen wie Gold, Diamanten und sogar Uran. Besonders in Südafrika gibt es einen starken Bergbausektor, dessen Beitrag zum nominalen BIP im Jahr 2013 8,3 Prozent betrug. Dieser Sektor ist eindeutig entscheidend für den allgemeinen wirtschaftlichen Zustand des Landes. Denn der Export von Primärerzeugnissen aus dem Bergbau hatte einen Anteil von 22,7 Prozent an den gesamten Exporten.
In den letzten Jahren wurde die Branche jedoch durch fehlende Kapazitäten bei der Stromproduktion und eine alternde Infrastruktur in vielen Minen lahm gelegt. Wenn die Rohstoffpreise niedriger sind, versuchen die Unternehmen, Kosten zu optimieren. Effizienz spielt somit eine wichtige Rolle. Einige Minenanlagen werden in einem Umfeld niedrigerer Preise schlichtweg untragbar, was sich wiederum negativ auf die Beschäftigungssituation auswirkt.
Ein Viertel der Bevölkerung ist ohne Arbeit
Wir halten die hartnäckig hohe Arbeitslosenquote von etwa 25 Prozent zweifelsohne für die derzeit bedeutendste Herausforderung für Südafrika. Sie stellt auch ein großes Hindernis für die Verbesserung der Lebensqualität großer Teile der Bevölkerung dar.
Infolge geringerer Unternehmensgewinne gerät gleichzeitig die Basis für Steuereinnahmen unter Druck. Zur Finanzierung von staatlichen Unterstützungsprogrammen, zum Beispiel für Kinder und Senioren, muss daher stärker auf Einkommens- und Verbrauchssteuern zugegriffen werden.
Meiner Ansicht nach ist eine Zusammenarbeit von Regierung, Arbeitnehmervertretungen und Arbeitgebern unabdingbar. Nur so kann eine flexiblere Arbeitsumgebung geschaffen werden, die weniger auf hohe Eintrittsgehälter, sondern eher auf die Verbesserung der Beschäftigungszahlen insgesamt konzentriert ist.
Regierung verspielt Wachstumschancen im Tourismussektor
Südafrikas Regierung sollte mehr auf konstruktive Kritik achten und größere Bereitschaft zeigen, Fehler zu erkennen und zu beseitigen. Ein Beispiel wären die kürzlich eingeführten Visabestimmungen. Besucher aus China, die für den Tourismus eine wichtige Rolle spielen, müssen Visa nun persönlich beantragen, damit ihre biometrischen Daten aufgenommen werden. Dadurch wird der Vorgang zeitaufwändig und teuer.
Darüber hinaus müssen mit Kindern reisende Familien ungekürzte Geburtsurkunden zusätzlich zu den Pässen der Kinder mitführen. Diese Bestimmung trat dieses Jahr in Kraft, um Kinderhandel auf dem Kontinent zu verhindern. Sie verkompliziert den bürokratischen Aufwand für Touristen allerdings zusätzlich. In einer Zeit, zu der die schwächere südafrikanische Währung (der Rand) Südafrika eigentlich zu einem attraktiven Reiseziel für internationale Besucher macht, nimmt die Zahl der Touristen somit tatsächlich ab.
Auslandsengagement sorgt für gute Aktienkursentwicklungen
Der südafrikanische Aktienmarkt zeigte eine Steigerung um 5,6 Prozent seit Jahresbeginn. Dies ist beachtlich, angesichts der Volatilität auf den weltweiten Märkten in letzter Zeit sowie schwachen internen Fundamentaldaten. Der Blick auf Unternehmen mit guten Aktienkursentwicklungen in den letzten Monaten zeigt ein recht durchgängiges Merkmal: Auslandsengagement des zugrundeliegenden operativen Geschäfts.
Da der südafrikanische Rand schwächer ist als der US-Dollar und andere wichtige Währungen, ist der Beitrag nichtsüdafrikanischer Geschäfte wichtig. Er ist auch zu einer Risikoabsicherung gegen Währungsschwankungen geworden. Diese Entwicklung gepaart mit allgemein soliden Bilanzen und starken Managementteams hat Anlagen in Südafrika attraktiver gemacht.
Die Konsumausgaben sind relativ stabil, besonders in den höheren Einkommensgruppen. Die Gehaltserhöhungen der Erwerbstätigen sind typischerweise höher als die allgemeine Inflationsrate, was sich in verstärkten Konsumausgaben auswirkt. Ein Rückgang ist bei den Anschaffungen langlebiger Konsumgüter, wie zum Beispiel Neuwagen, erkennbar. Deren Finanzierung wird infolge höherer Zinssätze schwieriger.
Die Betrachtung der Unternehmen in Südafrika zeigt uns ein eher konservatives Management und nur selten hohe Schulden. Die Aussicht auf weitere Zinssteigerungen dürfte daher keinen großen Einfluss auf die Finanzen der lokalen Unternehmen haben.
Von: Johan Meyer
Quelle: DAS INVESTMENT.