Das Investment: Streitfrage: Ist die Pauschalbesteuerung von Investmentfonds zulässig?

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 06.11.2014. Ob eine Pauschalbesteuerung von Investmentfonds zulässig ist, erklärt Heiko Wunderlich, Fachanwalt für Steuerrecht und Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte.

Der Fall: Die Anleger hielten von 2004 bis 2008 Anteile an sogenannten intransparenten ausländischen Investmentfonds. Die Erträge daraus erklärten sie gegenüber dem Finanzamt anhand von Belegen und Zeitungsinformationen.

Das Finanzamt setzte jedoch eine Pauschalbesteuerung an mit dem Ergebnis, dass die Besteuerungsgrundlage auf mehr als das Dreifache kletterte. Die Anleger klagten vor dem Finanzgericht.

Das Urteil: Auf Vorlage des Finanzgerichts Düsseldorf entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die deutsche Pauschalbesteuerung von Erträgen aus Investmentfonds, die ihre Besteuerungsgrundlagen nicht im Bundesanzeiger veröffentlichen, gegen Europarecht verstößt (Urteil vom 9.10.2014, C-326/12).

Die Luxemburger Richter sahen in der Regelung des § 6 Investmentsteuergesetz (InvStG) eine nicht gerechtfertigte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs. Anleger könnten davon abgehalten werden, Anteile an einem ausländische Investmentfonds zu zeichnen, weil sie hier eine für sie nachteilige pauschale Besteuerung befürchten müssen.

Der Umstand, dass es für die Anleger keinerlei Möglichkeit gibt, ihre tatsächlichen Einkünfte aus dem Fonds nachzuweisen, gehe über das hinaus, was erforderlich ist, um das Ziel einer wirksamen steuerlichen Kontrolle zu erreichen.

Der EuGH verwies außerdem darauf, dass die Finanzbehörden auch auf andere geeignete Maßnahmen zurückgreifen könnten wie zum Beispiel Amtshilfeersuchen zu anderen Mitgliedstaaten, um die Besteuerungsgrundlage hinreichend zu prüfen.

Das meint der Experte: § 6 InvStG regelt, dass Erträge, die Anleger aus einem Investmentfonds beziehen, pauschal besteuert werden, wenn die Fondsgesellschaft die Transparenz- und Bekanntgabepflichten des § 5 InvStG nicht erfüllt.

Der Paragraf stellt hier zwar formal inländische und ausländische Investmentfonds gleich. In der Praxis erfüllen jedoch deutsche Investmentfonds die Voraussetzungen des § 5 InvStG fast ausnahmslos; für ausländische Fonds gilt dies indessen häufig nicht. De facto unterfallen somit ausländische Investmentfonds weit häufiger der Pauschalbesteuerung als deutsche Fonds.

Bei der Pauschalbesteuerung muss der Anleger dann sämtliche Ausschüttungen, einen etwaigen Zwischengewinn sowie 70 Prozent der Wertsteigerung im Kalenderjahr, bemessen an der Differenz zwischen dem ersten und dem letzten Rücknahmepreis in einem Kalenderjahr versteuern; mindestens sind aber 6 Prozent des letzten Rücknahmepreises in einem Kalenderjahr zur versteuern.

In den meisten Fällen liegt das Ergebnis dieser Rechnung weit über dem, was der Anleger tatsächlich an Ertrag aus dem Fonds realisiert hat. Dass der EuGH hier nun ansetzt, ist sachgerecht. Denn es gibt keine Rechtfertigung für die auch Strafbesteuerung genannte pauschale Besteuerung.

So betont der EuGH zu Recht, dass gerade die fehlende Möglichkeit, die tatsächlichen Erträge nachzuweisen für ihn das wesentliche Argument für die Qualifizierung der Vorschrift als rechtswidrig ist.

Außerdem sieht der EuGH auch deshalb keine Rechtfertigung, da der deutsche Fiskus aufgrund des EU-weiten Informationsaustausches die Möglichkeit hat, sich die entsprechenden Daten zu beschaffen, um einer möglichen Steuerverkürzung wirksam entgegenzutreten.

Infolge des Urteils werden die Finanzämter nun Nachweise der tatsächlichen Erträge akzeptieren müssen – und zwar sowohl bei deutschen als auch bei ausländischen Investmentfonds.

Denn mit Blick auf die Entscheidung des EuGH würde ein deutsches Finanzgericht § 6 InvStG nicht anwenden, wenn sich der Steuerpflichtige gegen eine auf diese Vorschrift gestützte Steuerfestsetzung mit Rechtsmitteln wehrt.

Anlegern ist daher zu raten, die Pauschalbesteuerung nicht zu akzeptieren und ihrer Steuererklärung Nachweise über die tatsächlichen Erträge beizufügen, falls diese geringer sind.

Fondsgesellschaften / Finanzberater sollten deshalb Anleger gleich mit den notwendigen Informationen versorgen, damit diese die Besteuerungsgrundlagen nicht in mühsamer Detailarbeit selbst heraussuchen müssen.

In vielen Fällen wird dies ohne Hilfestellung der Fondsgesellschaft ohnehin nur schwer möglich sein. Darüber hinaus wird der Gesetzgeber aktiv werden müssen und § 6 InvStG ändern müssen. Europarechtskonformität könnte zum Beispiel durch eine Öffnungsklausel erreicht werden, die Steuerpflichtigen ermöglicht, die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen nachzuweisen.

Von: Heiko Wunderlich

Quelle: DAS INVESTMENT.

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