SJB | Korschenbroich, 18.03.2015. Höhenflug und kein Ende: Am gestrigen Montag überschritt der Dax die 12.000-Punkte-Marke. Seit Jahresanfang legte der deutsche Leitindex um 22 Prozent zu. Woher kommt das? Und geht es in diesem Tempo weiter oder steht demnächst eine Korrektur an? DAS INVESTMENT.com fasst die Medienstimmen zum neuen Dax-Rekordhoch zusammen.
Teleboerse.de.: „Draghi kauft den Dax“
Grund für den jüngsten kometenhaften Aufstieg des deutschen Aktienindex ist hauptsächlich die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Darin sind sich die Experten einig. Draghi kauft den Dax, Peter Brandstaeter geschäftsführender Gesellschafter des Fonds Ladens, in einem Gastbeitrag für die Teleboerse.de.
„Die europäische Notenbank will die Finanzmärkte in den kommenden eineinhalb Jahren mit mindestens 1.140 Milliarden Euro fluten – das entspricht fast exakt der Marktkapitalisierung der 30 größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands. Da Anleihen guter Bonität selbst bei langen Laufzeiten keinen Zins mehr bieten, wird ein großer Teil dieser zusätzlichen Liquidität in die Aktienmärkte fließen. Natürlich nicht nur in die deutschen Börsen – wäre dies aber der Fall, könnte Mario Draghi gewissermaßen den gesamten Dax kaufen. Das verdeutlicht die Größenordnung des Kaufprogramms der EZB“
Twitter-Eintrag: „Dünne Luft“
„DAX-Rekorde? Dünne Luft. Das ist alles der schwache Euro“, twittert Alexander Heintze. Als Nachweis fügt er einen Bloomberg-Chart bei, der die Dax-Entwicklung in Euro und in US-Dollar vergleicht.
Süddeutsche Zeitung (SZ): „Ergebnis eines Anlage-Notstands“
Auch für den SZ-Redakteur Marc Beise hat der Dax-Rekord nicht viel mit den Fundamentaldaten der 30 größten deutschen Unternehmen zu tun. „Der Dax steigt auf 12 000 Punkte. Es also läuft gut – blöd nur, dass der normale Mensch davon nichts hat“, twittert er. In dem auf Twitter verlinkten Kommentar erklärt der SZ-Redakteur, warum der Dax so viel Beachtung gar nicht verdient. Der Dax-Höhenflug sei lediglich Ergebnis eines Anlage-Notstands, so die Kernaussage.
„Menschen mit Geld wollen dieses für sie arbeiten lassen, sie suchen an den Finanzmärkten nach lukrativen Anlagen. Weil aber die Zinsen so niedrig und die Wirtschaftslage vieler Staaten so schlecht ist, bringen die meisten Anlageformen in Europa heute kaum noch Rendite. Zugleich ist immer mehr Geld im Umlauf, erst recht, seitdem die Europäische Zentralbank nun sogar monatlich 60 Milliarden Euro in die Finanzmärkte drückt. Weil nichts anderes noch lukrativ ist, fließt das Geld in Aktien.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ): EZB wird Anleihekäufe zurückfahren
Und wie geht es weiter mit der EZB-Geldpolitik und dem Dax? Die EZB hat es mit ihrer Politik des billigen Geldes etwas übertrieben, vermutet die FAZ. „Offensichtlich hat man auch im Kreise der Zentralbanken nicht mit dieser heftigen Marktreaktion gerechnet“, zitiert das Blatt den Chefvolkswirt der DZ Bank, Stefan Bielmeier. Angesichts der starken Kursreaktionen kommen laut FAZ Spekulationen auf, dass die EZB ihr gerade erst begonnenes Ankaufprogramm mittelfristig im Volumen reduzieren oder das Tempo der Ankäufe verlangsamen könnte.
Tagesspiegel: 14.000 Punkte und eine Korrektur
Und was ist mit dem Dax? Die vom Tagesspiegel befragten Experten zeigen sich verhalten optimistisch. Solange es keinen externen Schock gebe, laufe der Markt weiter, meint Oliver Roth, langjähriger Chefhändler der Close Brothers Seydler Bank. Er rechnet damit, dass der Aktienindex in naher Zukunft „durchaus auch bis auf 13.000 oder 14.000 Punkte“ steigen könnte. Der Dax begibt sich zunehmend auf dünnes Eis“, glaubt Bernd Krampen, Aktienstratege bei der Nord LB. „Gewinnmitnahmen und eine Korrektur dürften anstehen.“ Einen Absturz des Dax erwartet aber auch Krampen nicht.
Manager Magazin: „Was hoch fliegt, kann umso tiefer fallen“
“Der Dax ist reif für eine Korrektur”, stimmt Analyst Christian Henke von IG Markets im Gespräch mit dem Manager-Magazin zu. Noch drastischer formuliert es FXCM-Analyst Jens Klatt: „Was hoch fliegt, kann umso tiefer fallen“. Nord LB-Stratege Tobias Basse schließt unterdessen nicht aus, dass die US-Notenbank Fed den Anlegern die Kauflaune verderben kann. Die Zentralbanker beraten am Dienstag und Mittwoch die Geldpolitik, und viele Experten rechnen damit, dass sie dann ein erstes klares Signal für eine Zinserhöhung im Sommer geben wird. Auf Dauer werde sich der europäische Markt laut Basse nicht von der Wall Street abkoppeln können – wie im bisherigen Jahresverlauf und in der vergangenen Woche.
Von: Svetlana Kerschner
Quelle: DAS INVESTMENT.