Die großen Wirtschaftsnationen arbeiten hart daran, ihre Währungen zu schwächen. Auf diese Weise wird jedoch keine Währung deutlich auf- oder abwerten, wie Robert Halver feststellt. Für den Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank senkt der Wettstreit aber immerhin die Währungsrisiken für deutsche Anleger in ausländischen Wertpapieren.Es gab eine Zeit, da war der US-Dollar noch eine wahre Leitwährung. Gegenüber DM oder Yen war er so stark wie Herkules. Wegen der Wirtschaftspolitik Ronald Reagans – massive staatliche Ausgabenprogramme und Steuersenkungen, die auf Pump finanziert waren – stand der Dollar zur DM am 25. Februar 1985, umgerechnet in Euro, bei 0,5669!
Heute steht er bei knapp 1,16. Zwischen Ende 1979 und Anfang 1985 wertete der Dollar 51 Prozent auf und machte so aus Amerika ein Sommerschlussverkauf-ähnliches Exportparadies für zum Beispiel deutsche Autos.
Die Welt produzierte und Amerika konsumierte
Damals hatte der starke Dollar Deutschland aus dem langen Ölkrisen-bedingten Dämmerschlaf wachgeküsst wie der Prinz das Dornröschen. Denn der reißende Export ließ auch die Binnenkonjunktur schließlich aufgehen wie Hefekuchen mit Hilfe von Dr. Oetkers Backpulver.
Die Segnungen der Dollar-Stärke sorgten ebenso für Big in Japan. Im Land der aufgehenden Sonne strahlten die Exportlegenden Toyota, Sony oder Toshiba wie die Flutlichtanlagen in Sportarenen. Damals hing in allen Vorstandsetagen das Konterfei Reagans als Heiligenikone an der Wand.
Nicht zuletzt hatte der starke Dollar den Politikern der Exportländer viel wirtschaftspolitische Drecksarbeit abgenommen. Selbst ohne eigene Anstrengungen konnte ein sagenhafter Wirtschaftsaufschwung nicht verhindert werden.
Auch Amerika ist sich selbst der Nächste oder das Ende der Strong-Dollar-Policy
Diese weltwirtschaftsdemütige Dollar-starke Haltung können und wollen sich die Trump-USA nicht mehr leisten. Amerika ist bis über beide Ohren verschuldet. Der Kredithebel ist also weniger wirksam. Uncle Sam kann nicht mehr die weltweiten Regale leerkaufen, sondern muss selbst etwas verkaufen. Man will heraus aus den kolossalen Handelsbilanzdefiziten gegenüber Deutschland, Japan oder China. Amerikanische Zahnpasta, Windeln, Turnschuhe und sogar all der Social-Media-Schnick Schnack reichen dazu offensichtlich nicht aus.
Dazu müssen die USA zunächst ihre Standortqualitäten verbessern, damit eigene Unternehmen wieder mehr in der Heimat produzieren und ausländische Hersteller mit Amerika fremdgehen. Auf dieses Ziel ist u.a. eine Senkung der Unternehmenssteuern abgestellt. Allerdings muss man dann auch noch vernünftige Güter zu verkaufen haben. Hier scheinen z.B. amerikanische Autos die Verbraucher in Übersee nicht hinter dem Ofen hervorzulocken. Da hilft dem Präsidenten Trump auch kein Handelsprotektionismus. Dieser sorgt nicht für Qualitätsverbesserung von US-Produkten. Tatsächlich ist Amerika industrietechnisch im Vergleich zu den bislang führenden Giganten Deutschland und Japan vielfach nur zweitklassig.
Aber, mit der Digitalisierung haben die USA tatsächlich eine vielversprechende Wirtschaftsvision gefunden, wieder „First“ zu sein. Die Apples, Googles usw. können zukünftig jede Menge Wertschöpfung in vielen technischen und Industriebereichen entfalten und uns und den Japanern zusetzen.
Die Fed – Dein Freund und Export-Helfer
Diese vielversprechenden Perspektiven soll ein stark aufwertender Dollar bloß nicht kaputtmachen. Ohnehin nimmt der internationale Konkurrenzdruck zu, da sich die Weltkonjunkturtorte nicht mehr wie früher als eine alle satt machende Sahne-, sondern als weniger kalorienreicher Rührkuchen präsentiert. Und so hat Amerika für sich das Dollar-Dumping entdeckt. Washington ist in den Währungsabwertungswettlauf eingetreten. Damit kann der handelspolitische Balkonnörgler Trump dem exportüberschüssigen Deutschland, Japan und China alternativ das Leben schwer machen.
Und wer drückt den US-Dollar? Die Drückerkolonnen der Fed natürlich! Attestieren Sie der Fed bitte nicht zu viel geldpolitisches Stabilitätsgedankengut. Mit der Deutschen Bundesbank hat sie so viel gemein wie eine Couch Potatoe mit Triathlon. Die US-Notenbank sieht sich ganz klar in der Verantwortung, auch dem amerikanischen Außenhandel das Füßchen zu kraulen.
Überhaupt, mit dem neuen Fed-Präsidenten Jerome Powell muss niemand Angst vor scharfen Zinserhöhungen in Amerika, damit einem starken Dollar und schließlich einem schwachen amerikanischen Export haben. Als ehemaliger Investmentbanker ist er ein natürlicher, ein im Fell gefärbter Feind steigender Zinsen. Der Fuchs wird nicht zum Vegetarier, nur weil er sein Revier wechselt.
Alle Notenbanken sind egoistische Währungs-Dumper
Wenn also Amerika Dollar-Schwäche betreibt, werden Europa und Japan den Teufel tun, mit restriktiver Geldpolitik die eigene Währung zu stärken. Insofern betreibt die EZB noch nicht einmal leichte, sozusagen geruchsarme Entblähungen ihrer bis zum Bersten mit Anleihen gefüllten Notenbankbilanz. Im Gegenteil, zunächst werden sogar weitere 270 Milliarden Euro Liquidität in die Euro-Finanzmärkte gepumpt. Schwache Anleiherenditen sollen wie „Hau-ab-Spray“ Euro-aufwertende Zuflüsse in den Euroraum verhindern. In diesem Zusammenhang ist auch noch lange nicht an Leitzinserhöhungen zu denken. Wenn die Fed egoistisch ist, wird Mario Draghi nicht Sankt Martin spielen und den europäischen Export-Rock teilen.
Aber auch zwischen den klassischen Exportländern tobt der Währungsabwertungskrieg. Mit freizügiger Geldpolitik kämpft Draghi auch gegen die Aufwertung des Euros zur Exportkonkurrenzwährung Yen. Im Moment betreibt die Bank of Japan die hemmungsloseste Währungsabwertung aller Notenbanken. Diese Offensive will Japan so lange fortsetzen, bis die Inflation in Japan stabil über zwei Prozent liegt. Und da in Japan die Inflationsdaten schamlos geschönt sind, wird dieser Zeitpunkt wohl erst dann kommen, wenn Japan „reisfrei“ ist.
Wenn jedes Exportland versucht, seine eigene Währung zu schwächen, wird jedoch keine Währung deutlich auf- bzw. abwerten. Denn Währungen handeln ja immer X gegen Y. Einen Vorteil hat dies auf jeden Fall. Wenn die Schwankungen der Währungen untereinander zurückgehen, nehmen ebenso die Währungsrisiken für deutsche Anlagen in ausländischen Wertpapieren ab.
Die Unterschiede zwischen Stark- und Schwachwährungen haben sich auf Dauer deutlich verringert. Währungen sind ein Stück langweiliger geworden, wenn auch nicht so langweilig wie die 100. Wiederholung der Sissi-Spielfilme an Weihnachten.
Von: Robert Halver
Quelle: Das Investment