SJB | Korschenbroich, 21.05.2014. Ewigkeitsklausel und Stiftungszweck machen Stiftungen zu konservativen Anlegern, die nach planbaren Ausschüttungen streben. Ähnlich dürfte es dank Finanzkrise und Niedrigzinsphase auch anderen Anlegern gehen. Stiftungsfonds bieten genau das.
Eins haben die Bill & Melinda Gates Foundation und die Yehudi-Menuhin-Stiftung gemeinsam: das Gründungsjahr 1999. Während allerdings Erstere mit einem Stiftungsvermögen von umgerechnet 26 Milliarden Euro Berge versetzen kann und sich für Entwicklungs- und Gesundheitsprojekte einsetzt, musste Letztere, bekannt geworden durch ihr Schulprojekt „Muse“, nach knapp zwölf Jahren im März 2011 die Insolvenz anmelden.
Damals hatte die Bezirksregierung Düsseldorf Fördergelder gesperrt. Zuvor hatte es eine längere Auseinandersetzung wegen mangelnder Buchführung und fehlender Nachweise über die Ausgaben der Stiftung gegeben. Dass Stiftungen, in aller Regel und von Amts wegen für die Ewigkeit gedacht, auch pleitegehen können, ist wahrscheinlich für so manchen nicht vorstellbar. Ein großes Stiftungssterben in Deutschland gab es allerdings schon mal.
Knapp 100 Jahre ist es her, dass viele Stiftungen im Zuge des Ersten Weltkriegs Kriegsanleihen des deutschen Staats zeichneten und nach Kriegsende 1918 leer ausgingen. Die Hyperinflation von 1923 und die wenige Jahre später einsetzende Weltwirtschaftskrise taten dann ihr Übriges, um viele Stiftungen an den Rand des Abgrunds oder einen Schritt weiter zu bringen.
Drei Kriterien für Stiftungsfonds
Die Zeiten haben sich geändert, das Grundproblem ist das gleiche geblieben. „Stiftungen bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Kapitalerhalt des Vermögens und angemessener Ertragserzielung“, bringt es Erwin Lochten, Manager des LAM-Stifterfonds-Universal (WKN: A0J ELN), auf den Punkt.
Dabei sind die Verantwortlichen in aller Regel der Ewigkeitsklausel verpflichtet. Sogenannte Verbrauchsstiftungen, die ihr Vermögen zur Erfüllung des Stiftungszwecks aufbrauchen dürfen, gibt es kaum. Das Stiftungskapital muss deswegen gewahrt bleiben, lediglich dessen Erträge dürfen für den Stiftungszweck eingesetzt werden. Der Kapitalerhalt ist folglich ein naheliegendes Ziel, genauso das Interesse an Ausschüttungen.
Gerade eher kleinere Stiftungen haben früher auf solide und sichere Kapitalanlagen gesetzt. „Die Geldanlage in Bundesanleihen oder Sparbriefen ergibt in der heutigen Zeit aber überhaupt keinen Sinn mehr“, gibt Kai Rohde, Stiftungs-Experte der Vermögensverwaltung Lange Assets & Consulting in Hamburg, zu bedenken. Also müssen Alternativen her.
Eines der Rohde zufolge größten Probleme der jeweiligen Finanzentscheider: sich für einen Vermögensverwalter zu entscheiden. Abhilfe schaffen kann das seit Anfang 2013 angebotene Lange Assets Stiftungskonzept. Dieses Vermögensverwaltungskonzept richtet sich an kleinere und mittelgroße Stiftungen, die mit seiner Hilfe in mehrere ausgewählte Stiftungsfonds investieren.
Anderen Anlegern, die vor ähnlichen Problemen stehen, bleibt zumindest eine größere Auswahl an sogenannten Stiftungsfonds. Rund 50 für den normalen Publikumsverkehr zugelassene Produkte dieser Art gibt es mittlerweile in Deutschland. Klar abgrenzen lässt sich die Fondskategorie nicht. Denn dem Kapitalerhalt oder einer hohen Ausschüttungspolitik verpflichtet fühlen sich viele Fonds – das macht sie aber keineswegs alle zu Stiftungsfonds.
Auch müssen nicht alle infrage kommenden Produkte zwangsläufig den Begriff Stiftungsfonds im Namen führen. Vielmehr ist meistens die Entstehungsgeschichte bei der Auflegung entscheidend. „Oft entsteht die Idee aus der Zusammenarbeit eines Vermögensverwalters mit einer oder mehreren Stiftungen“, erläutert Rohde. Da es oft sehr ähnliche Vorstellungen bei der Geldanlage gebe, sei der Schritt zum speziellen Fonds nicht mehr weit.
Stiftungsfonds und Nachhaltigkeit
Neben Kapitalerhalt und Ausschüttungen ist das Thema Nachhaltigkeit ein wichtiges Kriterium für Stiftungen und damit auch für Stiftungsfonds. „Die Grundsätze des Vermögensmanagements dürfen nicht dem Stiftungszweck entgegenstehen. Idealerweise gehen sie sogar Hand in Hand“, erläutert Stefan Amenda, Manager des Meag Fair Return (A0R FJ2)
Dabei geht jeder Stiftungsfonds an dieses Thema individuell heran. Amenda beispielsweise nutzt die Dienste der Nachhaltigkeitsagentur Oekom Research. Mit ihrer Expertise hilft sie, nachhaltige Grundsätze im Portfoliomanagement umzusetzen. Zudem seien die Investmentprozesse der Meag in Bezug auf unternehmerische Verantwortung den gleichen strengen Vorschriften unterworfen, die auch im Mutterkonzern Munich Re gelten.
Wie der Meag Fair Return folgen viele Stiftungsfonds einem vermögensverwaltenden Ansatz. In der Regel sind es defensive Mischfonds, die wie der Meag-Fonds in Europa oder weltweit anlegen (siehe Tabelle auf Seite 34). Ähnlich wie bei anderen Mischfonds hatten die Produktgeber in den vergangenen Jahren Erfolg damit, sie am Markt zu platzieren.
Das summierte Fondsvolumen aller Stiftungsfonds beträgt mittlerweile rund 6 Milliarden Euro. Die meisten Produkte investieren größtenteils in Anleihen und dürfen Aktien und Cash beimischen. Im Falle des Meag Fair Return leitet Amenda die Obergrenzen aus der Volatilität der Märkte ab. Sie sind bis zu einem gewissen Grad flexibel.
Die aktuelle Aufteilung der Asset-Klassen zeigt jedoch, dass der Fonds als defensiv einzuschätzen ist. 80 Prozent entfallen auf Anleihen, 15 Prozent auf Aktien und 5 Prozent auf Cash. „In der Regel bewegt sich der Aktienanteil zwischen 0 und 15 Prozent“, so Amenda. Viel mehr Offensive als jetzt geht also nicht.
Kein Aktien-Pessimist
Anders verfährt Lochten mit dem LAM-Stifterfonds-Universal: „Im derzeit unruhigen Marktumfeld nutzen wir die maximale Aktienquote nicht voll aus.“ Mit 25 Prozent des Portfolios kann der Fondsmanager Aktien kaufen, derzeit sind es 18 Prozent. Ein Aktien-Pessimist ist er deswegen aber nicht. Den Kassenbestand von 9 Prozent hält er, um nach weiteren Rückschlägen bei Aktien substanzstarke Titel zuzukaufen.
Auf der Rentenseite hält Lochten vor allem Covered Bonds, die er aufgrund ihrer hohen Sicherheitsmerkmale gegenüber anderen Anleihe-Typen bevorzugt. Darüber hinaus entscheide ein aktives Management über die Fondsperformance. „Im Niedrigzinsumfeld ist die aktive Steuerung der Duration und Laufzeitenstruktur wichtiger denn je“, sagt Lochten.
Insgesamt komme die Outperformance gegenüber der Benchmark aus den Entscheidungen zu Ländergewichtungen, der Aufteilung nach Staatsanleihen, Covered Bonds sowie Unternehmens- und Finanzanleihen und nicht zuletzt aus der Einzeltitelauswahl der Anleihen und Aktien.
In puncto Nachhaltigkeit verzichtet der LAM-Manager auf Investments, die klar erkennbar gegen die Wertevorstellung vieler Stiftungen verstoßen: „Kapitalanlagen in der Rüstungsindustrie sind zum Beispiel tabu.“
ESG-Kriterien: Ökologie, Soziales, gute Unternehmensführung
Härteren Nachhaltigkeitskriterien, nach den englischen Wörtern für Ökologie, Soziales und guter Unternehmensführung auch oft ESG-Kriterien genannt, unterliegt der KCD-Union Nachhaltig Mix (975000). Union Investment, die den Fonds für die genossenschaftlichen Kirchenbanken managt, hat ein eigenes ESG-Team, das Unternehmen und Länder auf Ausschlusskriterien untersucht. Unterstützt wird es zudem von der Nachhaltigkeitsagentur Imug.
Unternehmen, die mit Rüstungsgütern, Tabak, Alkohol oder Glücksspiel ihr Geld verdienen, kommen grundsätzlich nicht infrage. „Staaten, die Menschenrechte systematisch verletzen oder in denen es noch die Todesstrafe gibt, werden ebenfalls ausgeschlossen“, erklärt Fondsmanager Michael Flaschka. „Dann wählen wir diejenigen Emittenten aus, die unser Nachhaltigkeitskonzept am besten umsetzen. Erst danach kommen die Renditeerwartungen ins Spiel.“
Die Drei-Jahres-Performance des bereits 1990 aufgelegten Fonds kann sich mit 18,6 Prozent im Vergleich zu anderen Stiftungsfonds dennoch sehen lassen. Ähnlich eng setzen der Sarasin-Fairinvest-Universal-Fonds (A0M QR0) und der Fair World Fonds (A0Y CZ3) die ESG-Kriterien um. Letzterer unterscheidet sich von der Konkurrenz, da er zusätzlich entwicklungspolitische Ziele verfolgt.
Weitere Unterschiede gibt es auch in der grundsätzlichen Ausrichtung der Fonds. So investiert das Management des DJE Stiftungsfonds Renten (A0R L91) ausschließlich in festverzinsliche Papiere. Höchstens 40 Prozent können Unternehmensanleihen sein, darunter auch Nachranganleihen. Die Anleihen müssen mindestens über ein Rating von A- verfügen. Damit ist das Universum enger gefasst als der Investment-Grade-Bereich, der bis zur Rating-Note BBB- reicht.
Gesunde Skepzis gegenüber Aktienmarkt
Ähnlich monolithisch geht Frank Fischer mit dem Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen (A1J SWP) vor – mit dem Unterschied, dass er vor allem in die Aktien kleinerer europäischer Unternehmen investiert. „Unser Fonds ist kein reiner Stiftungsfonds im klassischen Sinne“, so der Fondsmanager. „Er ist konzipiert für die Aktienquote von Stiftungen.“
Fischer muss mindestens 51 Prozent Aktien im Fonds halten, damit dieser Aktienfonds heißen darf. Andere Einschränkungen gibt es nicht. Aktuell beträgt die Aktienquote 53 Prozent. 27 Prozent liegen in der Kasse, 20 Prozent sind in Anleihen investiert. Diese Aufteilung zeigt, dass Fischer die Höhenflüge der Aktienmärkte mit einigem Argwohn betrachtet. Seine Anleger haben davon enorm profitiert.
Der Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen belegt im Drei- und Fünf-Jahres-Zeitraum mit rund 50 beziehungsweise 180 Prozent nicht nur unter Stiftungsfonds die vordersten Ränge. Der Erfolg hat aber auch Spuren hinterlassen: So ist der Fonds innerhalb kürzester Zeit auf ein Volumen von rund 700 Millionen Euro angewachsen.
„Es ist richtig, dass wir nicht mehr in die ganz kleinen Titel gehen können“, erläutert Fischer. „Allerdings haben wir unser Team ausgebaut und den regionalen Fokus erweitert. Im Prinzip sehen wir daher noch keine Einschränkungen. Das Anlageuniversum von 6.000 Unternehmen ist weiter groß genug.“
Nach dem Fonds Deka Stiftungen Balance (589 686) ist Fischers Aktienfonds mittlerweile der weitgrößte Stiftungsfonds mit deutscher Vertriebszulassung. Und wer weiß, ob der Fonds nicht auch schon in der Kapitalanlage der 26 Milliarden schweren Bill & Melinda Gates Foundation eine Rolle spielt. Das würde zumindest einen Teil der Mittelzuflüsse erklären.
Von: Ansgar Neisius
Quelle: DAS INVESTMENT.