In der ersten Jahreshälfte ist Stefan Böttchers Frontier-Markets-Strategie voll aufgegangen. Auch im zweiten Halbjahr will der Charlemagne-Manager beim Magna New Frontiers Fund einen Schwerpunkt auf seine aktuellen Favoriten legen – und andere, in den Indizes zum Teil hoch gewichtete Märkte komplett meiden.
DER FONDS: In den Frontier-Märkten ist zurzeit viel los. Welches ist das wichtigste Thema für Sie?
Stefan Böttcher: Es gibt viele Themen, die wir aktuell spielen, aber auch solche, die wir bewusst nicht spielen. Afrika ist ein Reizthema, von dem wir die Finger lassen. Die entscheidenden Märkte sind Kenia und Nigeria. Kenia sieht noch etwas besser aus, ist aber relativ teuer. In Nigeria ist es aufgrund der limitierten Währungskonvertibilität nach wie vor sehr schwierig zu investieren. Ein ähnliches Problem sehen wir in Ägypten.
Im Juni wertete die nigerianische Zentralbank die Währung Naira um 40 Prozent ab. Wie geht es weiter?
Die Abwertung dürfte noch nicht ganz vollzogen sein. Noch sind nicht sämtliche ausstehenden Geschäfte abgewickelt. Die Zentralbank muss weitere Gelder finden, schätzungsweise 1,5 bis 2 Milliarden Dollar. Das heißt, die Währung könnte noch einmal um gut 10 Prozent abwerten. Das Kartenhaus fällt so langsam zusammen. Das heißt allerdings nicht, dass Nigeria nicht in zwei, drei Jahren wieder interessant sein könnte. Kurzfristig sehen wir allerdings noch keinerlei Licht am Ende des Tunnels.
Wo sieht es denn positiver aus?
In vielen Ländern. In Vietnam, Argentinien, Rumänien, Pakistan, zum Teil im Mittleren Osten. Auch Georgien ist zwar klein, aber sehr attraktiv.
In Vietnam haben Sie fast 20 Prozent des Fondsvermögens investiert. Was gefällt Ihnen an dem Markt?
Vietnam ist politisch stabil und die Wirtschaft wächst stark. Das Entscheidende ist jedoch, dass sich Vietnam im Rahmen der internationalen Handelsabkommen verpflichten musste, sich für ausländische Investoren zu öffnen. Das betrifft auch die Kapitalmärkte. Bislang war hier der Zugang für Ausländer limitiert, diese Begrenzungen werden jetzt Schritt für Schritt aufgehoben. Vinamilk, der größte Milchproduzent des Landes, öffnet gerade sein Aktienregister weiter. Sobald weitere Aktien für Ausländer frei handelbar sind, wird die Börse einen Schub bekommen. Die Gewichtung von Vietnam wird sich dadurch in den Frontier-Markets-Indizes verdoppeln. In den ETFs wird Vinamilk die größte Aktie sein, bislang ist sie gar nicht vertreten.
MSCI spielt schon länger mit dem Gedanken, den Frontier Market Pakistan zum Emerging Market aufzuwerten. Im Juni hat der Indexanbieter verkündet, dass diese Aufwertung im nächsten Frühjahr erfolgt. Ist die größte Kursfantasie damit vorbei?
Im Gegenteil, die Kursfantasie geht jetzt erst los. Durch die Aufwertung müssen sich passive Fonds stärker auf den Markt fokussieren, dadurch könnte im nächsten Frühjahr bis zu einer halben Milliarde Dollar in die Börse des Landes fließen. Ich halte die MSCI-Entscheidung hier allerdings nicht für so wichtig wie damals die Aufstufung von Katar, Abu Dhabi und Dubai. Pakistan handelt nach wie vor mit einem erheblichen Abschlag gegenüber anderen Märkten, da das Land bislang von den größeren Gesellschaften nicht berücksichtigt wird. Aktive Anlagemanager werden beginnen, sich mit dem Markt zu beschäftigen, ihn zu analysieren– und werden sicherlich auch investieren. Pakistan bietet eine Kombination aus einem Upgrade und einer relativ stabilen politischen Situation, sehr gutem Wachstum und einer extrem attraktiven Bewertung.
Auch für Argentinien denkt MSCI – wahrscheinlich für 2018 – über ein Upgrade nach. Werden wir hier einen ähnlichen Effekt sehen?
Argentinien ist ein anderes Thema. Schon seit den Wahlen im Herbst 2015 sehen wir hier Veränderungen. Es wurde umstrukturiert, die Währung wurde liberalisiert, eine Einigung mit den alten Anleihegläubigern getroffen. Argentinien hat wieder freien Zugang zu den Kapitalmärkten. Was noch fehlt, ist die Öffnung des lokalen Kapitalmarkts. Internationale Anleger können nach wie vor nicht in Buenos Aires investieren, sondern nur im ADR-Markt in New York. Das könnte sich in den nächsten sechs Monaten ändern. Es gab in jüngster Zeit schon einige Börsengänge, an denen wir uns beteiligt haben, und wir erwarten weitere.
Gibt es interessante Länder, die noch nicht im Frontier-Market-Index enthalten sind?
Wir sind schon länger in Saudi-Arabien investiert, das bislang nicht dazugehört. Allerdings wollen die Saudis aufgrund ihrer Größe direkt in den MSCI Emerging Markets. Saudi-Arabien hat die größte Neuemission der Welt angekündigt. 5 bis 10 Prozent von Saudi Aramco soll an die Börse kommen. Der Wert des Öl-Giganten wird auf 2 Billionen US-Dollar geschätzt. Der Börsengang hätte dann ein Volumen von 100 bis 200 Milliarden Dollar.
Werden Sie sich dort beteiligen?
Eher nicht. Ich kenne das Land sehr gut. Wir können uns daher auf kleinere lukrative Firmen konzentrieren. Zurzeit haben wir zwei Krankenversicherer im Portfolio. Nicht nur dort setzen wir auf das Thema Gesundheitswesen, es zieht sich durch alle Märkte. In den meisten Frontier Markets hat der Gesundheitsbereich einen hohen Nachholbedarf und wächst entsprechend stark. Wir haben diverse Krankenhäuser und Pharmaunternehmen im Portfolio.
Der Fonds hat im ersten Halbjahr 11 Prozent zugelegt. Was ist gut gelaufen?
Das Wichtigste für mich als Fondsmanager ist, dass nichts danebengegangen ist. Einige Fonds sind sehr schlecht gelaufen, weil sie große Positionen in Nigeria hatten. Wir sind dort schon seit über einem Jahr nicht mehr investiert. Gut gelaufen ist Vietnam. Eine Einzelhändler-Aktie hat um 50 Prozent zugelegt, auch Vinamilk ist gut gelaufen. Unsere Aktien aus dem Gesundheitswesen haben sich stark entwickelt. Der Krankenhausbetreiber NMC Healthcare aus den Vereinigten Arabischen Emiraten gehörte zu den besten Performern.
Wie ist Ihr Ausblick fürs zweite Halbjahr?
Wir setzen darauf, dass die Neubewertung in Pakistan anhält. Wir rechnen damit, dass sich Vietnam weiter öffnet und wir hier noch einige weitere attraktive Titel finden. Ein großes Fragezeichen bleibt für Afrika. Ich habe kürzlich eine ganze Woche auf einer Afrika-Konferenz verbracht, wir haben die Märkte nach wie vor auf dem Radar, sind aber noch nicht bereit, dort zu investieren. Spannend bleibt auch der Ölpreis. Wenn er weiter konsolidiert, könnten wir wieder stärker in Saudi-Arabien investieren. Aktuell halten wir dort nur etwa 2 Prozent.
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Von: Sabine Groth
Quelle: Das Investment