Das Investment: Stagflation: Der neue Teufel an der Wand

sjb_werbung_das_investment_300_200Seit die Briten für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt haben ist ein Wort in aller Munde, ein düsteres Szenario: „Stagflation“. Doch was genau bedeutet das? Droht dem Vereinigten Königreich – und vielleicht sogar dem Rest der Welt – eine Stagflation? Und welche Strategien stehen verunsicherten Anlegern jetzt zur Verfügung?

Nach dem Kunstbegriff „Brexit“ – für „Britain“ und „exit“ – bildet nun eine neue Wortkonstruktion das Stichwort vieler Marktanalysen: „Stagflation“. Der Begriff vereint „Stagnation“ und „Inflation“. Er wird verwendet, wenn eine Wirtschaft sich in einer Phase schwachen Wachstums befindet, und das bei gleichzeitig hohen Inflationsraten.

Übrigens: Zum ersten Mal wurde der Ausdruck von Ian Macleod in einer Ansprache vor dem Britischen House of Commons im Jahr 1965 verwendet. Häufiger wird er allerdings mit der US-Wirtschaft während der Ölkrise von 1973 in Zusammenhang gebracht.

Wie entsteht das Szenario?

Stagflation kann entstehen, wenn folgende Finanz-Kulissen eintreten: Notenbanken pumpen zu schnell zu viel Geld in den Markt und die Wirtschaft kann sich nicht schnell genug anpassen. Die Preise steigen schneller als die Löhne, alles wird teurer und die Kaufkraft nimmt ab. Im zweiten Szenario erhöhen sich die Produktionskosten. Dies geschieht aufgrund von übermäßiger staatlicher Einmischung – so zum Beispiel bei Lohn- und Preisregulierungen – oder aber wenn sich Rohstoffe verteuern, so wie etwa in den 1970er Jahren infolge der Ölkrise.

Stagflation entsteht also, wenn eine Erweiterung des Geldumlaufs mit Angebots- oder Lieferengpässen einhergeht. Welche Faktoren existieren in der gegenwärtigen britischen Wirtschaft – und auch der Weltwirtschaft –, die eine Stagflation begünstigen würden?

Brexit als Auslöser?

Ein Blick über den Ärmelkanal zeigt: Der Brexit hat die britische Wirtschaft „so stark abstürzen lassen wie seit den Nachwehen der globalen Finanzkrise Anfang 2009 nicht mehr“, schreibt die Bild. Ein Dominoeffekt, der zu einer dramatischen Verschlechterung der Konjunktur führt: Stornierungen von Aufträgen, weniger Neugeschäft, Verschieben oder Einstellen von Projekten. Laut Markit-Chefökonom Chris Williamson wird die britische Wirtschaft im dritten Quartal um 0,4 Prozent schrumpfen – zu Jahresanfang war sie noch um 0,4 Prozent gewachsen.

Unsicherheit besteht auch in Bezug auf die zukünftigen Außenhandelsbeziehungen des Vereinigten Königreiches. So rechnete UBS-Fixed-Income-Experte Joshua McCallum mithilfe der Spieltheorie vor, dass Großbritannien bei möglichen Verhandlungen mit anderen Staaten im Alleingang viel schlechtere Karten haben wird, als im Verhandlungskollektiv der EU. Entsprechend ist unklar, welche Märkte dem Vereinigten Königreich offen stehen werden. Sicher ist nur, dass Großbritannien es auch im Außenhandel schwerer haben wird.

Ein Abwärtstrend zeigt sich auch beim Britischen Pfund. Dieses stürzte am Freitag nach der Abstimmung auf ein 30-Jahres-Tief gegenüber dem US-Dollar und hat sich seitdem kaum erholt. Dadurch steigen die Kosten für Importgüter und so auch die Lebenshaltungskosten – Inflation in einem schwachen Wirtschaftswachstum.

Auch die Weltwirtschaft?

Doch der Schaden würde nicht auf das Inselreich begrenzt bleiben. Auch für die Weltwirtschaft besteht in den kommenden drei bis fünf Jahren durchaus das Risiko einer Stagflation, schreibt Daniel Saurenz, ehemaliger FTD-Redakteur und Börse Online-Experte auf wallstreet-online. Die Stärke des Dollar könnte sowohl für die USA selbst als auch für Schuldner in den Schwellenländern zum Problem werden. Dies wäre für China ein Anlass, den Yuan abzuwerten und so die globalen Wachstums- und Deflationssorgen zu verschlimmern. Gleichzeitig könnten Rohstoffpreise wieder einbrechen und das Szenario vom vergangenen Jahr wieder heraufbeschwören.

Hinzu kommen die laut Pimco sehr wahrscheinlichen Maßnahmen der Zentralbanken, die angesichts der stagnierenden Wirtschaft diese werden stimulieren wollen und entsprechend von einer Straffung der Geldpolitik absehen. Fließt aber die „überbordende Liquidität“ über Kreditvergabe an Unternehmen und Verbraucher in die Realwirtschaft, droht Inflation – und es ist fragwürdig, ob die Notenbanken rechtzeitig gegensteuern können, um Preisstabilität zu sichern.

Hauptsache Diversifikation

Angesichts dieses sehr düster erscheinenden Ausblicks stellt sich für Anleger die Frage: Welche Assetklassen können noch Sicherheit bieten und wo bestehen Chancen?

Investoren sollten sich weiterhin nicht von kurzfristigen Entwicklungen und Stimmungen an den Börsen leiten lassen. Denn „es handelt sich in erster Linie um eine politische Krise, nicht um eine ökonomische“, so Dr. Georg Graf von Wallwitz, Fondsmanager der Phaidros Funds und Geschäftsführer der Eyb & Wallwitz Vermögensmanagement GmbH. Statt also auf Emotionen zu hören und überstürzte Entscheidungen zu treffen, seien vielmehr Betrachtungen von Fundamentaldaten angebracht. Denn viele Aktien seien im Moment unterbewertet und „es bieten sich attraktive Anlagegelegenheiten“, bemerkt Daniel Zindstein, Leiter Portfoliomanagement des Vermögensverwalters Gecam AG.

Um sich gegen unterschiedliche Dynamiken abzusichern und dabei auch Rendite zu erzielen, ist ein gut diversifiziertes Portfolio mit Titeln aus unterschiedlichen Branchen sowie verschiedenen Assetklassen entscheidend. Eine kluge Wahl sind hierbei Multi-Asset-Fonds: Diese garantieren eine breite Risikostreuung und können von Fondsmanagern jeweils an die wirtschaftliche Lage und in Reaktion auf Änderungen der Prognosen angepasst werden. Je nach Fonds können sie in verschiedene Titel, Branchen, Regionen und Anlageklassen investieren – und auf diese Weise einen „Warenkorb“ zusammenstellen, der unterschiedlichste Entwicklungen vorwegnimmt. Auch eine langfristige Krise in Großbritannien.

Von: Elena Ekkert

Quelle: Das Investment

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