Die Emerging-Markets-Story ist noch lange nicht vorbei, meint Stephanie Lang, Investment Strategist bei iShares, dem ETF-Anbieter von BlackRock. Immer noch lockt das immense Wachstumspotenzial. Die Rahmenbedingungen haben sich darüber hinaus verbessert und ermöglichen ein vielfältiges Angebot an ETFs – auch für Smart-Beta-Fans.
Ende der 1980er Jahre begannen erste institutionelle Investoren, das enorme Potenzial der Emerging Markets zu erkennen. Der Zugang zu den Aktienmärkten Lateinamerikas und Asiens wurde einfacher. Der Indexanbieter MSCI startete 1988 seinen ersten Emerging-Markets-Aktienindex. Dieser umfasste damals zehn Staaten und spiegelte rund ein Prozent der weltweiten Marktkapitalisierung wider. Heute enthält der MSCI Emerging Markets über 800 Aktien aus 23 Ländern und repräsentiert fast elf Prozent der globalen Börsenwerte.
Seit den 1980er Jahren, als der Begriff der Emerging Markets aufkam, kämpfen diese Länder gegen einen schlechten Ruf. Schwache, ineffiziente Regierungen, hohe Volatilität und immer wiederkehrende Krisen sind in vielen Köpfen eng mit den aufstrebenden Staaten verbunden. Diese haben sich jedoch in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend geändert. Viele Zentralbanken haben ihre Autonomie genutzt, um eine transparente Geldpolitik zu entwickeln und die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Die öffentlichen Haushalte wurden aufpoliert, die Hauhaltdefizite liegen seit 2008 im Schnitt bei unter zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts und sind damit geringer als in den Industriestaaten.
Starke Banksysteme federn externe Schocks ab
Gleichzeitig sind lokale Finanzunternehmen stark gewachsen. Finanziell gut ausgestattete inländische Banken helfen, externe Schocks abzufedern statt sie zu verstärken – statt Problemquelle sind sie Motoren des wirtschaftlichen Wachstums. Das deutlich gestiegene Emissionsvolumen von Anleihen in lokaler Währung unterstützt die Widerstandskraft der Märkte. Laut Weltbank-Daten waren 2011 weniger als 20 Prozent der Staatsschulden in ausländischer Hand.
Über die vergangenen 20 Jahre sind die aufstrebenden Volkswirtschaften im Durchschnitt um 5,5 Prozent pro Jahr gewachsen – mehr als doppelt so stark wie die entwickelten Staaten. Und trotz der jüngsten Schwäche hat der MSCI Emerging Markets über die vergangenen 15 Jahre ein jährliches Plus von acht Prozent erzielt (Stand Ende Februar 2016). Allerdings lohnt für Investoren ein genauerer Blick, denn die Performance-Unterschiede zwischen den einzelnen Märkten sind extrem. Das Anlageparadigma in den Emerging Markets ändert sich von einem einfachen hohem-Beta-Investment zu einem differenzierten Ansatz, bei dem es gilt, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Mehr als 18.000 Aktien im Angebot
Während sich die Emerging-Markets-Story zunächst vor allem um die Entwicklung der Wirtschaft und Infrastruktur drehte, tritt jetzt das Thema Demografie in den Mittelpunkt. Rund 80 Prozent der Weltbevölkerung leben in Emerging Markets. Diese sind ein Motor für den globalen Konsum. Die vorteilhafte Altersstruktur mit einem hohen Anteil an 25- bis 59-Jährigen sorgt für günstige Arbeitskräfte im Überfluss, die die wirtschaftliche Entwicklung vorantreiben. Zudem führt sie zu höheren Sparquoten, die das Wachstum der Wirtschaft und des Pro-Kopf-Einkommens fördern.
Mit der Wirtschaft haben sich auch die Aktienmärkte in den Emerging Marktes entwickelt. Vor zehn Jahren waren dort rund 7.000 Unternehmen an den Börsen gelistet, heute sind es mehr als 18.000. Auch wenn es sicherlich für aktive Manager noch möglich ist, hier Alpha zu erzielen, so stehen sie doch angesichts der enormen Datenmenge vor größeren Herausforderungen. Dank ihrer nachweisbaren Vorteile hinsichtlich Kosten, Effizienz, Liquidität und Zugänglichkeit formen Indexstrategien zunehmend den Kern vieler Emerging-Markets-Allokationen. Exchange Traded Funds (ETFs) bieten jede Menge Anlagemöglichkeiten: Einzelne Regionen, Länder oder gar Sektoren können abgebildet werden.
Schwankungsärmere Lösungen für volatile Märkte
Daneben wurden Alternativen zu den klassischen marktkapitalisiert gewichteten Indizes entwickelt, die ebenfalls über börsennotiere Indexfonds investierbar sind. Eine Lösung für die in Emerging Markets üblichen starken Kursausschläge bietet der von MSCI 2009 entwickelte Minimum Volatility Index für Emerging Markets. Weniger volatile Werte werden hier übergewichtet. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die hohen maximalen Verluste pro Kalenderjahr bei dieser Strategie geringer ausfielen als beim klassischen Index. Zudem hat sich das Risiko-Rendite-Profil verbessert.
Viele Investoren haben Emerging Markets aktuell untergewichtet, was sicherlich auch auf die schwächere Entwicklung im Vergleich zu den Aktienmärkten der Industriestaaten in den vergangenen Jahren zurückzuführen ist. Für diese Investoren bietet der Rückgang der Aktienkurse eine gute Gelegenheit, die Gründe für ihre Untergewichtung in den Emerging Markets auf den Prüfstand zu stellen. ETFs haben sich als brauchbare Instrumente erwiesen, um den Herausforderungen dieser Märkte zu begegnen und die potenziellen Vorteile zu nutzen.
Von: Stephanie Lang
Quelle: DAS INVESTMENT.