SJB | Korschenbroich, 24.02.2015. David Whitten, leitender Fondsmanager des Henderson Horizon Global Natural Resources Fund, über die Anlagechancen, die sich aus dem Ölpreisverfall und dem starken US-Dollar ergeben.
Rohstoffpreise sind immer zyklisch. In den letzten 30 Jahren hat sich der Ölpreis mehrmals halbiert, diese Entwicklung ist also nicht neu. Vielmehr ist es durchaus normal, dass sich Rohstoffe als Reaktion auf ein verändertes Verhältnis von Angebot und Nachfrage rasant verbilligen. Daher weisen Rohstoffaktien von Natur aus zyklische Merkmale auf und auf schwache Phasen folgt nicht selten eine kräftige Erholung. Der Grund für den aktuellen Einbruch bei den Ölpreisen war das Zusammenspiel aus einer rückläufigen Nachfrage seitens diverser Länder als Folge des schwachen Weltwirtschaftswachstums und der Entscheidung der OPEC, den Ölpreis nicht zu stützen, um keine Marktanteile an die nordamerikanischen Schieferölproduzenten zu verlieren.
Ich denke jedoch nicht, dass es dieses Mal anders als früher ablaufen wird. Kostenintensive Ölproduzenten und hoch verschuldete Unternehmen werden den Ölpreissturz zwar möglicherweise nicht überleben. Viele andere Rohstofffirmen aber werden sich von diesem zyklischen Tief erholen, vor allem solche, die eine gute Kapitaldecke haben und operativ wie finanziell gut aufgestellt sind.
Da es schwierig ist, die Auswirkungen auf den Energiesektor vorherzusagen, sind wir gegenüber Upstream-Produzenten im Öl- und Gassektor und den damit verbundenen Dienstleistern zurückhaltend. Dennoch halten wir an unseren Positionen bei herausragend gut positionierten Unternehmen im vorgenannten Sektor fest.
Ölpreis wird sich nicht rasch erholen
Es gehört zwar nicht zu unseren Aufgaben, kurzfristige Preisentwicklungen zu prognostizieren, aber nach unserer Einschätzung wird sich der Ölpreis nicht rasch erholen. Bis die Folgen niedriger Ölpreise im System spürbar werden, vergeht meist eine gewisse Zeit. In Nordamerika haben zum Beispiel einige Firmen ihre Ölgeschäfte gegen Preisschwankungen abgesichert. Deshalb stellt sich die Frage, ob sie ihre aktuelle Produktion aufrechterhalten können oder sie zurückfahren müssen, erst in acht bis neun Monaten, wenn ihre Absicherungsgeschäfte auslaufen.
Dabei unterschätzen viele Ölgesellschaften, wie lange es dauert, bis sich die Preise wieder erholen. Einige denken, dass hiermit in ein oder zwei Quartalen zu rechnen ist. Saudi-Arabien, das einflussreichste OPEC-Mitglied, wird an seiner Entscheidung, den Ölpreis nicht durch eine Senkung seiner Fördermengen zu stützen, wahrscheinlich noch eine Weile festhalten. In diesem Fall könnten Gewinnkorrekturen und eine Kürzung der Explorationsausgaben folgen. Vor diesem Hintergrund erwarten wir eine Überreaktion des Marktes, aus der Anlagechancen entstehen werden.
Starker US-Dollar lässt Gewinnschub bei einigen Rohstoffproduzenten erwarten
Die meisten Rohstoffe werden in US-Dollar abgerechnet, daher sinken generell die Preise in den Sektoren Bergbau, Energie und Landwirtschaft. Kurzfristig wirkt sich dies auf die Aktienkurse aus, aber auf längere Sicht entstehen hieraus Chancen für Rohstoffproduzenten aus Ländern wie Australien, Kanada und Südafrika. Deren Betriebskosten fallen in den jeweiligen Landeswährungen an, sodass wir einen deutlichen Gewinnschub bei diesen Firmen erwarten.
Verstärktes Engagement in Pipeline- und Raffinerie-Betreiber
Durch die schwächeren Rohstoffpreise, insbesondere bei Kohle, Eisenerz und Rohöl, in Verbindung mit einem starken US-Dollar und langsamerem Wachstum in China hat sich die Preissetzungsmacht zunehmend zugunsten der Mid- und Downstream-Unternehmen und zulasten der Upstream-Rohstoffproduzenten verschoben, insbesondere in den Bereichen Bergbau sowie Öl und Gas. Unser Fonds kann von dieser Entwicklung profitieren, dank seiner Fähigkeit, die Gewichtungen entlang der gesamten Rohstofflieferkette flexibel zu verändern. Das hilft, konstantere, weniger schwankungsanfällige Renditen zu generieren.
So haben wir zum Beispiel im Energiesektor unsere Positionen im Explorations- und Produktionsbereich sowie bei Energiedienstleistern verkleinert und in den Mid- und Downstream-Teilsektoren wie Pipeline-Betreiber, integrierte Dienstleister und Raffinerien aufgestockt.
Volatilität nutzen
Anleger sollten die Volatilität nicht meiden, sondern vielmehr versuchen, sie gewinnbringend zu nutzen. Rohstoffe verhalten sich von Natur aus zyklisch, weil sie sehr stark vom Angebots-Nachfrage-Verhältnis abhängen, das sich im Nu ändern kann. Die gute Nachricht in der aktuellen Situation lautet, dass die Ursache auf der Angebotsseite bei der OPEC zu suchen ist. Und diese Art von Problem lässt sich sehr viel schneller lösen als Probleme auf der Nachfrageseite. Die Nachfrage ist unseres Erachtens unverändert solide, denn China benötigt nach wie vor große Mengen Eisenerz und Öl.
In einem zyklischen Sektor bieten sich immer Investmentchancen. Während zum Beispiel Eisenerz und Rohöl billiger geworden sind, ist der Goldpreis gestiegen. Bei Minengesellschaften fallen derzeit die Produktionskosten, weil Öl günstiger geworden ist. Wie bereits erwähnt, haben wir das Portfolio auf Unternehmen mit Preissetzungsmacht ausgerichtet, wie zum Beispiel Kinder Morgan und Enbridge. Beide sind weniger abhängig vom Ölpreis und haben in einem sehr schwachen Energiemarkt Marktanteile hinzugewonnen.
Kinder Morgan ist das drittgrößte Energieunternehmen Nordamerikas und eine der größten Positionen in unserem Portfolio. Sein Geschäft ist volumenabhängig, seinen Cashflow generiert das Unternehmen vor allem aus Transportgebühren. Und niedrigere Ölpreise stimulieren die Ölnachfrage. Es wird erwartet, dass Kinder Morgan in den nächsten fünf Jahren ein Wachstum von 10% pro Jahr erzielt. Zudem rechnen wir mit steigenden Dividenden. Die aktuellen Bewertungen vieler Rohstofffirmen erscheinen uns jedenfalls attraktiv vor dem Hintergrund eines auf lange Sicht wohl weiter günstigen makroökonomischen Umfelds.
Über David Whitten:
David Whitten ist leitender Fondsmanager und gleichzeitig Executive Chairman. Er kam im Juli 2011 als gleichberechtigter Partner und Anteilseigner zu 90 West. Als ausgebildeter Geologe blickt er auf mehr als drei Jahrzehnte Erfahrung mit Rohstoffinvestments zurück. Von 1997 bis 2010 war David Whitten Head of Global Resources und leitender Fondsmanager bei Colonial First State Investments. Er war verantwortlich für den Einstieg des Vermögensverwalters in den Rohstoffsektor und überwachte das innerhalb eines Jahrzehnts auf mehr als 5 Milliarden Dollar angewachsene, global in der Rohstoffbranche angelegte Vermögen.
Begonnen hat er seine berufliche Laufbahn Anfang der 1980er Jahre als Geologe in der Erkundung von Rohstoffvorkommen, bevor er die Branche wechselte und Analyst und später Portfoliomanager wurde.
Von: David Whitten
Quelle: DAS INVESTMENT.