Immer öfter heißt es „Maschine statt Mensch“, und das längst in den verschiedensten Bereichen des Alltags. Die schöne neue Roboterwelt eröffnet Unternehmen und Anlegern gleichermaßen eine Menge spannender Zukunftschancen.
von Raja Korinek
Das hatte man sich wohl selbst beim japanischen Telekom-Konzern Softbank nicht gedacht. Vergangenen Sommer startete der Verkauf eines neuen Roboters mit dem lebhaften Namen „Pepper“. Das Besondere daran: Die humanoide Maschine gilt als erster „emotionaler“ Roboter, der äußerliche menschliche Züge erkennen und damit zur Interaktion der persönlichen Kommunikation eingesetzt werden soll. Allein: Pepper, den Softbank gemeinsam mit dem Roboterproduzenten Aldebaran umsetzte, kostet gut 1400 Euro. Immerhin, das Interesse an „Maschinenmenschen“ ist scheinbar groß. Denn die ersten 1000 Stück waren bereits in wenigen Minuten nach dem Verkaufsstart vergriffen.
Das zeigt auch, wie breit die Welt der Robotik bereits gefacht ist. Waren es vor Jahrzehnten einfache Dienste am Fließband, kommen Roboter inzwischen auch in vielen Alltagsbereichen zum Einsatz, etwa in Krankenhäusern, bei der Altenpflege – und sogar beim Kaffeeverkauf. Denn in Japan setzt Nestlé die kleinen „Pepper“ nun zum Verkauf von entsprechenden Maschinen ein. Jan-Hendrick Hein, Associate Director – Head of German Speaking Regions bei ETF Securities, präzisiert: „Wir glauben, dass die Welt eine frühe Phase der Transformation einer neuen wirtschaftlichen Ära durchläuft, angetrieben durch den zunehmenden Einsatz von hoch entwickelten Robotern und der Automatisierungstechnologie in allen Bereichen der Industrie sowie dem täglichen Leben.“
Ähnlich die Einschätzung der Experten bei Pictet AM. Tatsächlich dürfte das Wachstum in der gesamten Branche im kommenden Jahrzehnt voraussichtlich viermal so schnell expandieren wie die Weltwirtschaft. Karen Kharmandarian, Senior Investmentmanager des Pictet-Robotics: „Fortschritte der IT, etwa im Cloud Computing, und starke neue Mikroprozessoren revolutionieren die Robotik sowie die Technologien der Automatisierung, die sich somit aus den Fabrikhallen heraus in unser Alltagsleben ausweiten.“
Genauere Prognosen zur weiteren Entwicklung liefert dabei die US-amerikanische Boston Consulting Group. Dort haben die Analysten schließlich berechnet, dass die weltweiten Ausgaben für die Herstellung von Robotern bis zum Jahr 2025 immerhin 50,4 Milliarden Dollar erreichen dürften. Noch im Jahr 2010 lag diese Zahl bei rund zehn Milliarden Dollar (siehe auch die Grafik dazu). Dabei gibt es aber große regionale Unterschiede bei der bisherigen Entwicklung, auf sie verweist die International Federation of Robotics (IFR). So sind etwa in Japan pro 10.000 Angestellte gut 332 Roboter, in Deutschland 273 tätig. Dabei handelt es sich zugleich auch um die weltweit größten „Roboternationen“. Denn noch wird der Großteil in der Automobilherstellung eingesetzt, wo beide Länder eine große Produktion haben. In China sind es lediglich 23 Stück. Und weltweit liegt der Durchschnitt bei gut 66 Robotern pro 10.000 Angestellte.
Chancen an der Börse
Kein Wunder, dass auch immer mehr Unternehmen rund um den Globus auf diesen Trend aufspringen. Dabei werde die Industrie voraussichtlich von derzeit 63 Mrd. Dollar auf 1,2 Billionen Dollar in den kommenden zehn Jahren wachsen, hebt Hein hervor. Allein, während sich zahlreiche Gesellschaften dabei auf unterschiedliche Nischen innerhalb der Roboterwelt spezialisiert haben, ist es für manche große Konzerne immerhin ein wachsendes Nebengeschäft. Und weil viele dieser Unternehmen zudem an der Börse notiert sind, lohnt sich ein genauer Blick aus Anlegersicht ebenso – auch wenn die Produktvielfalt derzeit noch begrenzt ist.
Dennoch, für Investoren sind Wachstumsperspektiven der Robotik- und Automatisierungsbranche eindeutig, ist Hein überzeugt: „Wir haben uns an diesem neuen Trend im Rahmen unserer Suche nach innovativen Produkten orientiert, um Investoren bei der Diversifizierung ihrer globalen Aktienportfolios einen Mehrwert zu bieten.“ Herausgekommen ist der ETFS ROBO Global Robotics and Automation GO UCITS ETF.
Dabei lohnt sich auch ein Blick auf den zugrunde liegenden Index, der unter anderem mit einem eigenen Bewertungssystem punkten kann. Grundsätzlich sind der traditionelle Global Industry Classification Standard sowie die Industry Classification Benchmark dafür zuständig, weltweit verschiedene Branchen zu standardisieren. Doch beide hätten „Robotik“ bzw. „Automation“ noch nicht als offizielle Branchenklassifikation eingeführt: „Um diese Lücke zu schließen, hat ROBO Global das erste Branchenklassifizierungssystem der Welt erstellt und entsprechend einen Referenzindex für den globalen Robotik- und Automatisierungsmarkt eingeführt“, erklärt der ETFS-Experte. Dabei hält ein Management-Team sowie strategische Berater bei ROBO Global laufend nach neuen Innovationen in Industrie Ausschau – und selektieren dann gezielt Unternehmen verschiedener Größen und Aufgabenbereiche.
Unterschiedliche Schwerpunkte
Die Aufteilung im Index ist ebenfalls leicht aufgezeigt, in der Regel sind 75 Prozent der Unternehmen kleiner bis mittlerer Marktkapitalisierung, 25 Prozent sind Großunternehmen. Doch das ist nicht alles. Der Index besteht sowohl aus sog. „Bellwether“ (40 Prozent), als auch aus „Non-Bellwether“ (60 Prozent) Unternehmen. Bellwether Unternehmen sind führende und etablierte Marktteilnehmer, deren Kerngeschäft in direktem Zusammenhang mit Robotik und Automatisierung steht, erklärt Hein. Non-Bellwether Unternehmen haben einen deutlichen Geschäftszweig und Einnahmequellen in der Robotik sowie der Automatisierungstechnik. Auch können sie das Potenzial durch Innovationen bzw. Marktakzeptanz ihre Produkte, aber auch ihre Dienstleistungen ausbauen.
Konkret zählen zu den größten Indexmitgliedern etwa Cyberdyne (japanischer Hersteller von Roboteranzügen), Faro Technologies (US-Hersteller von 3-D-Messtechnologie), Daifuku (automatisiertes Logistiksystem aus Japan) sowie Keyence. Das japanische Unternehmen ist wiederum ein weltweit operierender Anbieter von Komponenten für die Automatisierungstechnik.
Anders der Zugang beim Pictet-Robotics-Fonds. Fast die Hälfte des Portfolios entfällt auf Aktien aus Nordamerika, ein Viertel auf Europa. Und mehr als die Hälfte der insgesamt 49 Aktien sind Large Caps. Zu den größten Positionen zählen Intuitive Surgical aus den USA (stellt Roboter für die Chirurgie her), die Google-Mutter Alphabet, Fanuc (japanisches Elektronik- und Maschinenbauunternehmen) und Siemens.
Abseits der Fonds gibt es auch Zertifikate, die Robotik als Thema abdecken. UBS bietet ein Zertifikat auf den Solactive Robotics and Drones Index an, der insgesamt fünf Aktien umfasst. Dazu gehört ebenfalls Intuitive Surgical, aber auch Kuka, der deutsche Hersteller von Industrierobotern. Weiters enthalten ist die deutsche Cognex (stellt unter anderem Barcode-Lesegeräte her), IRobot (Hersteller von Roboter-Staubsaugern aus den USA) sowie der US-Drohnenbauer Aerovironment.
Fazit: Um einen kurzfristigen Hype dürfte es sich in diesem Bereich nicht handeln. Dennoch sollten Anleger breit gestreut in das Segment investieren.