Das Investment: Rechtsanwalt Norman Wirth klärt auf: Das müssen Vermittler bei der Zusammenarbeit mit Tippgebern beachten

sjb_werbung_das_investment_300_200Was müssen Produktgeber und Vermittler bei der Zusammenarbeit mit Tippgebern beachten? Rechtsanwalt Norman Wirth weiß Antwort.

Der Tippgeber ist ein fester Bestandteil der Vertriebskultur in Deutschland. Allerdings sollten zentrale Aspekte der Zusammenarbeit zwischen Produktgeber und Tippgeber oder zwischen Vermittler und Tippgeber vertraglich festgehalten werden, um die Risiken zu minimieren. Und ein umfangreiches Rundschreiben der BaFin zu diesem Thema sollte auch beachtet werden. Für den Vertrieb nahezu jeden Finanzproduktes ist inzwischen eine konkrete Gewerbeerlaubnis und damit eine Mindestqualifikation und eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung erforderlich.

Das betrifft Versicherungsprodukte, Finanzanlageprodukte und bald auch Wohnimmobilienkredite. Oft stellt sich dann im Vertrieb die Frage, wie man auch Mitarbeiter ohne Gewerbeerlaubnis anbinden kann beziehungsweise ob man selbst – ohne die notwendige Zulassung – solche Produkte überhaupt empfehlen darf.

Grundsätzlich ist dies als Tippgeber möglich. Denn nach den entsprechenden Regelungen der Gewerbeordnung ist nur die Vermittlung eines Vertragsabschlusses, also die Abschlussvermittlung, beziehungsweise die Beratung zu den Produkten erlaubnispflichtig.

Eine gesetzliche Definition des Tippgebers gibt es nicht. Die gerade verabschiedete IDD (Versicherungsvermittlerrichtlinie) sagt zumindest, dass sie – die Richtlinie – nicht für rein vorbereitende Tätigkeiten, etwa bestehend in der Weitergabe von Daten und Informationen über potentielle Versicherungsnehmer an Vermittler oder Versicherungsunternehmen gilt. Ergänzend würde noch passen, dass die Handlung nicht auf eine konkrete Willenserklärung des Interessenten zum Abschluss eines Vertrages, der Gegenstand der Vermittlung ist, abzielen darf (Bundestags-Drucksache 16/1935 Seite 17).

Die Grenzen der Tippgebereigenschaft hin zum Vermittler wurden schon verschiedentlich ausgelotet, unter anderem von Rewe/Penny (Urteil Landgericht Wiesbaden, Aktenzeichen 11 O 8/08) und Tchibo (Urteil Bundesgerichtshof, Aktenzeichen 1 ZR 7/13). Die Gerichte haben die Tippgebereigenschaft jeweils sehr eng ausgelegt und gingen von der Vermittlung statt Tippgeberei aus.

Da für die Tätigkeit des Tippgebers gesetzliche Regelungen fehlen und unklar ist, ob diese Handelsvertreter sind, sollte für die Zusammenarbeit unbedingt eine schriftlicher Vertrag abschlossen werden. In einer solchen Vereinbarung sollte die Leistung als Vermittlung von Kundenkontakten beschrieben werden.

Dem Tippgeber sollte vertraglich jede Beratung des Kunden beziehungsweise Vertragsvermittlung untersagt werden. Denn wenn seine Tätigkeit anderenfalls als Untervermittlung gewertet wird, fehlt es bei eventuellen Beratungsfehlern am Schutz durch eine Haftpflichtversicherung.

Unter Umständen könnten solche Fehler sogar dem (Ober)Vermittler oder Produktgeber zugerechnet werden. Zudem hat die BaFin Versicherern bei einer Zusammenarbeit mit Vertriebsunternehmen zur Auflage gemacht, diese zu verpflichten, nur mit Untervermittlern zusammenzuarbeiten, die den Anforderungen der Gewerbeordnung genügen.

An der Eigenschaft als Tippgeber ändert sich nichts, wenn die Vergütung für die Kundenvermittlung erfolgsabhängig, also für den Fall eines Vertragsabschlusses mit dem Kunden vereinbart wird.

Auch kann die Berechnung der Vergütung vom Wert des vermittelten Vertrages oder der vom tatsächlichen Vermittler erhaltenen Provision abhängig gemacht werden. Ob die Vergütung als Abschlussprovision und/oder als Bestandsprovision vereinbart wird, ist ebenfalls unschädlich.

Ein Versicherungsnehmer oder die im Vertrag mit eingeschlossenen Personen können jedoch nicht Tippgeber für den eigenen Vertrag sein. Dieses wäre eine Umgehung des noch bis 30.6.2017 offiziell bestehenden jedoch rechtswidrigen Provisionsabgabeverbots und ist damit (noch) irgendwie verboten. Wenn die nicht mitversicherte Ehefrau der Tippgeber wäre, würde das zulässig sein.

Die Rückforderung der Vergütung kann für den Fall vereinbart werden kann, dass der Produktvertrag des Kunden storniert wird. Auch kann bei einer regelmäßigen Tätigkeit eine Stornohaftungszeit und eine Stornoreserve vereinbart werden.

Jedoch kann dem Tippgeber, wenn dieser als Handelsvertreter anzusehen ist, nicht die Stornonachbearbeitung übertragen werden. Denn einerseits ist Vermittlungsgegenstand nicht der Produktvertrag sondern der Kundenkontakt und dieser kann nicht ins Storno gehen.

Eine Nachbearbeitung des stornierten Produktvertrages würde andererseits eine Kundenberatung in Bezug auf einen konkreten Vertrag und gegebenenfalls eine Vermittlung und damit wieder eine Gewerbeerlaubnis erfordern.

Problematisch ist, ob die Tätigkeit des Tippgebers umsatzsteuerpflichtig, also die Vergütung zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen ist, wenn dieser gewerblich tätig wird. Nach der Rechtsprechung der für Steuern zuständigen Finanzgerichte ist es für die steuerfreie Vermittlungstätigkeit wesentlich, Kunden zu suchen und diese mit dem Produktgeber zusammenzubringen. Diese Vermittlung kann in einer Nachweis-, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen, wobei sich die Tätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, beziehen muss. Beschränkt sich die Tätigkeit auf das reine Tippgeben – wie oben dargestellt – so kommt danach eine Umsatzsteuerfreiheit nicht in Betracht.

Als Folge aus dem Debeka-Skandal sah im Übrigen auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin in Bezug auf den Versicherungsvertrieb Handlungsbedarf beim Tippgeberthema. Angestellte des Versicherers hatten jahrelang Adressen von Lehrern und anderen Beamten gekauft, um deren Kollegen oder Berufseinsteigern eine Krankenversicherung zu vermitteln. Die BaFin führte ein umfangreiches Konsultationsverfahren durch und erstellte sodann in dem Rundschreiben 10/2014 klare Vorgaben für die Zusammenarbeit von Versicherern und Tippgebern beziehungsweise Vermittlern und Tippgebern. Es ist auch für andere Finanzproduktgruppen empfehlenswert, diese Vorgaben der BaFin zu beachten.

Wesentlicher Inhalt des BaFin Rundschreiben dazu ist:

Tippgebervereinbarung

Sofern es sich bei der Zusammenarbeit zwischen Versicherer oder Versicherungsvermittler und Tippgeber um eine regelmäßige Tätigkeit handelt, soll darauf geachtet werden, dass eine schriftliche Tippgebervereinbarung besteht.

Vergütungstabelle und Zahlungen

Eine Vergütungstabelle soll Bestandteil der Vereinbarung sein.

Nebentätigkeitsgenehmigung/anzeige

Die Tippgebervereinbarung sollte die Verpflichtung des Tippgebers enthalten, vor dem Beginn der Zusammenarbeit nach Maßgabe der gesetzlichen Erfordernisse beispielsweise eine Nebentätigkeitsgenehmigung einzuholen und diese dem Versicherungsunternehmen oder dem Versicherungsvermittler auch vorzulegen.

Datenschutz

Tippgebervereinbarungen sollen den Tippgeber in angemessener Weise für datenschutzrechtliche Aspekte sensibilisieren. Der Tippgeber sollte sich vom potentiellen Kunden eine Einverständniserklärung zur Weitergabe von personenbezogenen Daten geben lassen.

Delegierung dieser Anforderungen

Sofern das Versicherungsunternehmen keine vertragliche Beziehung zu Tippgebern unterhält, sollen die Vertriebspartner des Versicherers verpflichtet werden, die vorgenannten Mindestanforderungen bei der Zusammenarbeit mit Tippgebern zu beachten. Eine vertragliche Vereinbarung mit Hinweis auf das Rundschreiben ist ausreichend.

Fazit: Tippgeber wird es für alle Finanzprodukte auch in Zukunft geben. Sie können über die richtige vertragliche Gestaltung gut in Vertriebsstrukturen eingebunden werden. Klare vertragliche Vereinbarungen insbesondere zur Vergütung sind unbedingt empfehlenswert.

Von: Norman Wirth

Quelle: DAS INVESTMENT.

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