SJB | Korschenbroich, 10.12.2014. Das von Krisen geprägte Jahr 2014 neigt sich dem Ende zu. Doch wird nun alles besser?
Oder fällt die Weltwirtschaft noch tiefer in die Negativspirale? Lothar Koch, Portfoliomanager der GSAM + Spee Asset Management in Düsseldorf, und Wolfgang Köbler, Vorstand der KSW Vermögensverwaltung in Nürnberg, nehmen Stellung.
Pro: Lothar Koch, Portfoliomanager der GSAM + Spee Asset Management, Düsseldorf
„Die Jahresendrallye kommt. Und es geht noch weiter“ Das Börsenjahr 2014 wurde durch viele Auf’s und Ab’s geprägt. Phasen der Euphorie mit neuen Dax-Höchstständen wurden durch Phasen der Panik mit starken Kursrückschlägen, meist bis um die 9.000 Punkte, abgelöst.
Dann folgte im Oktober der Rückschlag auf unter 8.400 Punkte, minus 17 Prozent. Ebola, Ukraine, IS oder die explodierende Staatsverschuldung. Gründe für fallende Kurse gab und gibt es auch heute noch genug. Trotzdem gehe ich beim Dax von einer Jahresendrallye mit einem Kursziel von 10.000 Punkten und einem erfolgreichen Verlauf des Börsenjahres 2015 aus.
Nach wie vor liegen die Zinsen nahe 0 Prozent. Auf der anderen Seite ist die Liquidität im Markt so hoch wie nie. Dieses Geld von jenseits und diesseits des Atlantiks sucht Anlage. Und da der US Dollar aktuell verhältnismäßig stark ist und vermutlich auch noch weiter an Stärke gewinnen wird, können vor allem US-Investoren in Europa sehr günstig Qualitätsaktien einkaufen.
Auf der anderen Seite fällt es den europäischen Unternehmen bei einem schwachen Dollar noch leichter, ihre Produkte und Dienstleistungen in das außereuropäische Ausland zu verkaufen. Hinzu kommt, dass europäische und auch deutsche Aktien im Vergleich zu den US-Titeln deutlich günstiger bewertet sind.
Zum Beispiel liegt das Kurs-Buchwert-Verhältnis im S&P 500 bei 2,54. Der Vergleichswert des Dax liegt bei 1,53 und der Euro-Stoxx 50 bei noch niedrigeren 1,39. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis des S&P 500 liegt bei 16,04. Der Vergleichswert des Dax liegt bei 12,93 und das des Euro-Stoxx 50 liegt bei 13,54.
Vor allem US-Investoren können dann günstiger bewertete Titel zu günstigeren Preisen aufgrund der Währung einkaufen. Normalerweise würde der schwache Euro zu der Argumentation führen, dass der Einkauf von Rohstoffen, vor allem aber des Öls, die Konjunktur in Europa belastet.
Das ist aktuell nicht der Fall, da vor allem der Ölpreis verhältnismäßig niedrig ist und vermutlich weiter fallen wird. Aus diesem Grund fällt uns Europäern die Schwäche des Euro nicht so auf. Unter dem Strich geht es also bis zum Jahresende und auch 2015 deutlich aufwärts.
Contra: Wolfgang Köbler, Vorstand der KSW Vermögensverwaltung, Nürnberg
„Börsen sind keine Einbahnstraßen“
Die Aktienindizes haben sich in diesem Jahr sehr unterschiedlich entwickelt. So reicht die Spanne von plus 40 Prozent für Indien bis minus 35 Prozent für Russland.
Größere Schwankungen durften bisher alle Indizes in diesem Kalenderjahr durchleben. Märkte können plötzlich höhere Volatilitäten aufweisen. Das hat der Oktober eindrücklich bewiesen.
Die Anleger sind durch die lockere Geldpolitik der Notenbanken leichtsinnig geworden. Ein Blick in die Bewertung einiger Märkte zeigt, dass Aktienwerte pauschal nicht mehr billig sind und man sich bei der Auswahl mehr Mühe geben muss, um fündig zu werden.
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt beträgt die Schuldenquote heute in Europa rund 90 Prozent, in den USA sind das sogar 115 Prozent. Die Staaten haben fiskalpolitisch kaum mehr Spielraum, um die Notenbankpolitik zu unterstützen. Der politische Stillstand zeigt sich besonders in Europa.
Zudem haben sich auf beiden Seiten des Atlantiks die Frühindikatoren eingetrübt. Insofern kann man nach wie vor nicht von einem langfristigen wirtschaftlichen selbsttragenden Aufschwung sprechen. Die Notenbanken müssen ihre Rolle noch einige Zeit weiter spielen und letztlich bleibt die Hoffnung der Rückkehr zu einer normalen Geldpolitik wie in den Jahren 2004 bis 2006.
Für die Anleger wird es in diesem Umfeld der Nullzinsen immer schwieriger, ihre Liquidität zu investieren. An den Rentenmärkten wird dies besonders deutlich: Die Preise sind durch die Anleihekäufe verzerrt und hier ist die Blase mittlerweile offensichtlich.
Deshalb ist die taktische Auswahl des richtigen Einstiegszeitpunktes für die nächsten Monate von großer Bedeutung. Verwerfungen in wenigen Tagen von mehr als 6 bis 10 Prozent stellen interessante Möglichkeiten dar, billiger gewordene Titel ins Depot zu legen.
Man sollte sich nur immer im Klaren sein, dass die Märkte die Entwicklungen der letzten vier Jahre nicht unentwegt fortschreiben werden. Marktentwicklungen in einer Größenordnung von 5 Prozent im Jahr können durchaus in den nächsten Jahren zur Normalität werden. Börsen sind keine Einbahnstraßen.
Von: Lothar Koch / Wolfgang Köbler
Quelle: DAS INVESTMENT.