Pressemitteilung Fidelity Worldwide Investment: Fidelity Makroausblick: Schlüssel zum Aufschwung liegt in Fiskal- und weniger in Geldpolitik

teaser_pm-fidelity_300_200Fidelity | Kronberg, 31.08.2016.

Der Makroausblick spiegelt die Meinung des Multi-Asset-Teams von Fidelity International wider:

• Eurozone: (Noch) kein Brexit-Effekt, starke Binnennachfrage und lockere Kreditkonditionen dürften Wirtschaft weiter auf Kurs halten
• Großbritannien: Raueres Klima nach Brexit-Votum hinterlässt erste Spuren bei Wirtschaftsdaten
• USA: Wachstumsbelebung in kommenden Monaten erwartet
• Schwellenländer: Außer in China dürfte Wachstum aufgrund lockerer Kreditbedingungen und abflauendem Rohstoffpreisschock anziehen

Kronberg im Taunus, 31. August 2016 – Die Weltwirtschaft hat sich von der Flaute im ersten Quartal erholt, und das Gros der Wirtschaftsindikatoren lässt auf eine sich weiter beschleunigende Wachstumsdynamik schließen. Ausschlaggebend für die konsumgetriebene Belebung ist die in den meisten Industrieländern solide Tendenz bei Beschäftigung, Verbrauchervertrauen und Reallöhnen. Eine Ausnahme bildet Großbritannien. Dort dürften die durch den Brexit hervorgerufenen Unsicherheiten die Konjunktur auf kurze Sicht dämpfen, was sich in abgeschwächter Form auch im Euroraum bemerkbar machen könnte. Nach wie vor uneinheitlich ist die Entwicklung in den Schwellenländern, von denen nur wenige mit starken Fundamentaldaten aufwarten. Die entspannten Kreditkonditionen sollten jedoch dazu beitragen, dass ihr Wirtschaftswachstum weiter Tritt fasst. Aber trotz der günstigen Rahmenbedingungen findet die Weltwirtschaft derzeit keinen Weg aus Mini-Wachstum und Mini-Inflation. Langsam aber sicher geht den großen Zentralbanken das Pulver aus. Es wachsen die Zweifel, ob zusätzliche geldpolitische Maßnahmen die Nachfrage ankurbeln werden. Daher ist es künftig an der Fiskalpolitik, die Wirtschaft mit Konjunkturspritzen anzukurbeln. Entsprechende Stimulusmaßnahmen könnten wir noch binnen Jahresfrist sehen, spätestens 2017/18. Zusätzlich spricht zudem weiter alles für eine weltweit lockere Geldpolitik.

Eurozone: Kein Brexit-Effekt – noch nicht

In der Eurozone wächst die Wirtschaft weiter ansehnlich bei gleichzeitig schwachem Preisauftrieb. Spanien und Deutschland ließen Italien und Frankreich hinter sich. Der zusammengefasste Einkaufsmanagerindex (PMI) für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor tendiert mit rund 53 Zählern praktisch seit sechs Monaten unverändert. Die Beschäftigung schnellte weiter nach oben auf den Höchststand seit 2011. Deutschland setzte sich mit neuem Jahreshoch an die Spitze, Frankreich liegt weit abgeschlagen am Ende. Seit nunmehr neun Monaten steht das Land an der Schwelle zum Abschwung. Insgesamt jedoch spricht aus den Umfragedaten eine anhaltend gute Konjunkturentwicklung im Euroraum. Ungebrochen ist die starke Binnennachfrage, getragen von einer besseren Beschäftigungslage und steigenden Realeinkommen. Die Finanzierungsbedingungen sind nach wie vor sehr entspannt. Und auch die Fiskalpolitik tritt nicht mehr ganz so auf die Bremse. Ihre Zügel könnten sogar weiter gelockert werden. Für die nächste Zeit rechnen wir mit einem leichten Inflationsanstieg, geschuldet vor allem Basiseffekten und den höheren Energiepreisen. Der vom Brexit ausgehende Dämpfer für die britische Wirtschaft wird die Stimmung und das Wachstum im Euroraum im zweiten Halbjahr wahrscheinlich etwas trüben – und abhängig von den Fortschritten bei den Brexit-Verhandlungen vermutlich auch darüber hinaus. Da das Vereinigte Königreich mehr als 7 Prozent der Warenexporte des Euroraums ausmacht, werden sich die Erstrundeneffekte direkt über den Handel bemerkbar machen. Zum Jahresende ist daher in der Eurozone mit einer gewissen Wachstumsabkühlung zu rechnen.

Großbritannien: Raueres Klima nach Brexit-Votum hinterlässt erste Spuren bei Wirtschaftsdaten

In Großbritannien haben sich die Umfragen nach dem EU-Referendum abgeschwächt. Laut erster Schätzung ist das Bruttoinlandsprodukt im Juli um 0,2 Prozent zum Vormonat geschrumpft. Hinter den Erwartungen zurück blieb im Juli der PMI in der Dienstleistungsbranche, der weit unter die Wachstumsschwelle fiel. Ebenfalls eingebrochen ist der PMI des verarbeitenden Gewerbes. Parallel gab das Verbrauchervertrauen so stark nach wie zuletzt 1989. Der Abschwung am Immobilienmarkt, das langsamere Beschäftigungswachstum und die größere Konsumzurückhaltung werden zunehmend Spuren beim Wachstum hinterlassen. Beschleunigen dürfte sich in nächster Zeit der Preisauftrieb, denn mit dem schwachen Pfund werden Importe teurer. Vor diesem Hintergrund war eine geldpolitische Lockerung der Bank of England gerechtfertigt. Aber ihr sehr umfangreiches Maßnahmenpaket vom August erscheint übereilt. Schließlich hat der massive Rückgang der Anleiherenditen und des britischen Pfund bereits erheblich zum Abfedern des Brexit-Schocks beigetragen, womit die Märkte der Zentralbank einen Teil ihrer Arbeit abgenommen haben. Zudem ist fraglich, in welchem Maße sich die quantitative Lockerung auf die Realwirtschaft auswirkt. Einiges deutet darauf hin, dass ihre Wirkung mit der Zeit verblasst. Hinzu kommt, dass bislang kaum etwas zu den Brexit-Verhandlungen an die Öffentlichkeit dringt. Das deutet auf einen langwierigen Prozess hin, in dessen Verlauf die Geldpolitik der Wirtschaft wohl unter die Arme greifen muss. Dabei läuft die Bank of England nun Gefahr, dass ihr schon bald die Munition ausgeht. Zusätzlich sind Haushaltsmaßnahmen und Strukturreformen unausweichlich, um die britische Wirtschaft in den nächsten Monaten durch die Brexit-Turbulenzen zu steuern. Fiskalische Stimulusmaßnahmen wie Infrastrukturinvestitionen und Konjunkturprogramme für mehr Konsum und Unternehmensinvestitionen – gegebenenfalls auch über Steuersenkungen – könnten helfen, die Brexit-Folgen zu begrenzen.

USA: Wachstumsbelebung in kommenden Monaten erwartet

Trotz der zuletzt etwas enttäuschenden Wirtschaftsdaten ist der Ausblick für die US-Wirtschaft gut. Im zweiten Quartal hielt das Wirtschaftswachstum nicht mit den Erwartungen Schritt. Als größte Belastung erwiesen sich die stark schwankenden Vorräte. Für den Konsum wurden dagegen die zweithöchsten Zuwächse seit der Finanzkrise gemeldet. Die Investitionen gaben das dritte Quartal in Folge nach, und für lange Gesichter sorgten die etwas stärker als erwartet gefallenen Umfrageergebnisse für das verarbeitende Gewerbe und die Dienstleistungsbranche. Dennoch deuten die Ergebnisse ein Wachstum deutlich über dem Niveau des ersten Halbjahres an. Erfreulich war der Arbeitsmarktbericht für Juli: Mit 255.000 neuen Stellen außerhalb der Landwirtschaft übertraf er die Erwartungen. Unterdessen sind die Stundenlöhne mit im Schnitt 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr so schnell gestiegen wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Nach dem schleppenden Jahresauftakt dürfte sich das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr auf rund 1,5 Prozent summieren. Damit reicht es nicht an unsere ursprünglichen Erwartungen heran, passt aber zu den Prognosen einer Abkühlung verglichen mit 2015. In der zweiten Jahreshälfte wird die Wirtschaft vermutlich Fahrt aufnehmen. Rückenwind dürfte vom beschleunigten Vorratsaufbau, der starken Dynamik am Immobilienmarkt und dem anhaltend soliden Konsum ausgehen. Im weiteren Verlauf könnte eine gelockerte Fiskalpolitik der Konjunktur auf die Sprünge helfen. Wie stark die Unterstützung ausfallen wird, lässt sich erst nach den Präsidentschaftswahlen sagen: Stärker vermutlich für den Fall, dass eine Partei die Mehrheit in beiden Häusern erringt. Unterdessen ist eine Zinserhöhung der Fed noch in diesem Jahr nicht völlig ausgeschlossen.

Japan: Stimulusmaßnahmen der Zentralbank werden ihre Wirkung erst 2017 voll entfalten

In Japan haben sich die Konjunkturdaten leicht abgeschwächt. Eine schwächere Auslandsnachfrage, sinkende Investitionen und Verbraucherausgaben waren die Gründe. Nicht ganz so schlecht waren die Umfragen der Einkaufsmanager für Juli, aber auch in ihnen spiegelt sich das matte Wachstum wider. Der PMI für das verarbeitende Gewerbe ist zwar den zweiten Monat nacheinander gestiegen auf den höchsten Stand seit Februar. Mit 49,3 Zählern bleibt er aber unterhalb der Wachstumsgrenze. Der Dienstleistungssektor schaffte dagegen knapp den Sprung über die Wachstumsschwelle, denn das Neugeschäft machte einen Teil des im Juni verlorenen Bodens gut. Aus unserer Sicht wird sich Japans Konjunktur ausgehend vom niedrigen Niveau im Vorjahr etwas beschleunigen. Allerdings geht das aus den Daten bislang nicht hervor. Das schwache Geschäftsvertrauen und der seit Mitte 2015 erheblich aufgewertete Yen schlagen sich in Gegenwind für die Industrie nieder. Dagegen werden die angekündigten zusätzlichen Stimulusmaßnahmen das Wachstum in den kommenden Monaten wohl leicht ankurbeln, ihre Wirkung aber erst 2017 voll entfalten.

China: Minizyklus hat seinen Höhepunkt überschritten

Im vergangenen Monat hat sich die Datenlage insgesamt etwas verschlechtert. Uneinheitlich fielen die Umfragen bei Einkaufsmanagern aus. Im Juli hat sich der Anstieg der Industrieproduktion und der Einzelhandelsumsätze etwas verlangsamt. Zugleich hat der Privatsektor im Jahresvergleich deutlich weniger investiert. Auch die staatlich gelenkten Investitionen und der Wohnungsbau schalteten vom hohen Tempo im ersten Halbjahr einen Gang zurück. Der Anstieg bei den Gesamtinvestitionen verlangsamte sich auf nur noch 3,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr und damit auf den niedrigsten Stand seit mindestens zehn Jahren. Zudem ist die Kreditvergabe langsamer gewachsen, was auf eine gewisse Rücknahme der jüngsten Stimulusmaßnahmen hindeutet. Nach der geldpolitischen Unterstützung in der ersten Jahreshälfte mehren sich die Anzeichen, dass der Minizyklus wegen der zurückgefahrenen Stimulusmaßnahmen seinen Höhepunkt überschritten hat. Das entspricht unseren ursprünglichen Erwartungen einer Stabilisierung zu Jahresanfang, gefolgt von einer Konjunkturabkühlung im weiteren Jahresverlauf. Aber angesichts der weltweit sehr günstigen Finanzierungsbedingungen dürfte diese Abkühlung gering ausfallen. Eine allmähliche Wachstumsabkühlung in den nächsten Monaten und Jahren ist jedoch eine unvermeidliche Folge des in China eingeleiteten Wirtschaftsumbaus. Aus jetziger Sicht rechnen wir aber weder mit einer harten Landung noch mit finanziellem Stress oder gar einer Finanzkrise.

Schwellenländer: Wirtschaftswachstum fasst dank entspannter Kreditkonditionen weiter Tritt

Für die Schwellenländer erwarten wir für dieses Jahr ein moderates Wachstum, denn der Rohstoffschock des vergangenen Jahres liegt wohl hinter uns. Die stabileren Rohstoffpreise verschaffen den Schwellenländern eine gewisse Verschnaufpause. Ihre Entwicklung verläuft indes nach wie vor uneinheitlich und nur wenige können derzeit mit starken Fundamentaldaten aufwarten. Der zusammengefasste PMI zum verarbeitenden Gewerbe für die Schwellenländer (ohne China) hat mit 50,2 Zählern knapp die Wachstumsgrenze überschritten und den höchsten Wert seit Anfang 2015 erreicht. Südafrika ist jedoch das einzige Land, dessen Zahlen wirklich Mut machen. Indiens Wirtschaft wächst zwar wieder den vierten Monat in Folge, aber zur Euphorie besteht kein Anlass. In Russland konnte der PMI seinen starken Anstieg vom Juni nicht fortsetzen. Mit 55,0 Zählern boomt der Dienstleistungssektor. Ihm ist es auch zu verdanken, dass das Wachstum insgesamt den höchsten Stand seit Februar 2013 erklommen hat. Die Binnenwirtschaft in Asien wächst derzeit mit annehmbarem Tempo. Ein Lichtblick war Indonesien mit überraschend starkem Wachstum von 5,2 Prozent im zweiten Quartal – so hoch wie seit 2013 nicht mehr. Insgesamt sollten die weltweit entspannten Kreditkonditionen dazu beitragen, dass das Wirtschaftswachstum der Schwellenländer weiter Tritt fasst. Zudem haben die in den letzten beiden Jahren deutlich abgewerteten Währungen viele Schwellenländer wettbewerbsfähiger gemacht. Dass sich ihre Währungen zuletzt stabilisiert haben, hat das Vertrauen gestärkt. Dank des geringen Inflationsdrucks sind viele Schwellenländer nun in der Lage, ihre Geld- und Fiskalpolitik zu lockern. Mit deutlich mehr Wachstum als derzeit ist allerdings nicht zu rechnen. Dem dürften die Abkühlung in der chinesischen Industrie entgegenstehen und der in vielen Ländern mangelnde Reformeifer.

Siehe auch

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