Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, wir haben in der Reihe Aktuelle Themen den folgenden Beitrag veröffentlicht: Ausblick Deutschland: Wachstum über Potenzial, keine Lohnexzesse
Unsere wichtigsten Aussagen:
Nach drei Jahren mit hoher BIP-Prognose-Genauigkeit lagen wir 2015 ein ganzes Stück daneben. Die Diskrepanz kann größtenteils mit unseren Annahmen zur Ölpreisentwicklung, dem US-Dollar und dem Ausmaß des Flüchtlingsandrangs erklärt werden. Aber auch ein ungünstiges Timing der Erstellung unserer 2015er Prognose, kurz vor massiven Dollar- und Ölpreiskorrekturen, trug zu der erheblichen Abweichung bei. Die Faktoren mit den größten Unwägbarkeiten im letzten Jahr dürften auch dieses Jahr die größten Prognose-Risiken darstellen.
Die Lohnrunde 2015 wurde mit einem robusten Plus von knapp 2 ½% abgeschlossen. Gerade angesichts der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns Anfang 2015 überrascht die relativ moderate Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Tarif- und Effektivlöhne. Das Arbeitsmarktumfeld spricht für eine anhaltend robuste Lohnentwicklung auch im laufenden Jahr. Angesichts unserer BIP-Wachstumsprognose dürfte die Arbeitsnachfrage weiterhin hoch bleiben. Dies dürfte die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer stützen, während die schwache externe Nachfrage und geopolitische Risiken in den Exportsektoren leicht dämpfen könnten. Anpassungen an unserem bisherigen Lohnmodell deuten darauf hin, dass strukturelle Veränderungen am Arbeitsmarkt auch die Entwicklung der Tariflöhne beeinflusst haben. Insgesamt erwarten wir ein Plus bei den tariflichen Stundenlöhnen von 2,7% im laufenden Jahr. Dies entspräche dem Schnitt der letzten vier Jahre.
Nach der Pressekonferenz vom 21. Januar erwarten wir nunmehr, dass die Europäische Zentralbank (EZB) auf der nächsten Sitzung am 10. März ihre Geldpolitik doch nochmals lockert. Obwohl sich die Euroland Konjunktur derzeit noch robust zeigt, möchte die EZB angesichts zunehmender Abwärtsrisiken wohl auf Nummer sicher gehen. Die Risiken mit Blick auf die Inflationsentwicklung sind offensichtlich. Mögliche Zweitrundeneffekte aufgrund dauerhaft niedriger Inflation werden von der EZB intensiv beobachtet. Nicht nur wegen der jüngsten Ölpreisentwicklung haben sich die Abwärtsrisiken für die mittelfristige Inflationsentwicklung und die Inflationserwartungen erhöht. Die Ankündigung einer technischen Überprüfung aller Instrumente bis März zeigt den Wunsch, falls nötig relativ schnell zu lockern. Die klare Ansage von Draghi, dass die EZB die Macht, den Willen und die Entschlossenheit zu handeln hat, unterstützt diese Einschätzung. Unser Basisszenario ist eine weitere Senkung des Einlagezinssatzes um zehn Basispunkte und Anpassungen beim Ankaufprogramm (APP). Diese dürften sich aber wahrscheinlich auf ein Vorziehen von Käufen (front-loading) beschränken.
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