Allianz | Frankfurt, 31.03.2017.
Pünktlich zum Frühlingsbeginn bestimmen ganz verschiedene Stimmungslagen die Börsen. Dabei nimmt sich die Wirtschaft in weiten Teilen der Welt ein Beispiel an der Natur. Gemäß den vorläufigen Einkaufsmanagerindizes für März gedeihen und wachsen die wichtigsten Volkswirtschaften weiter mit ansprechendem Tempo, vor allem die Eurozone blüht geradezu auf. Sowohl der Einkaufsmanagerindex als auch der deutsche Stimmungsindikator des Ifo-Instituts befinden sich auf Sechs-Jahreshochs (siehe auch unsere Grafik der Woche). In den USA wiederum ist das vom Forschungsinstitut Conference Board ermittelte Verbrauchervertrauen der Amerikaner sogar auf den höchsten Stand seit Dezember 2000 gestiegen.
Ganz anders gestaltet sich dagegen die Stimmung auf dem politischen Parkett der Vereinigten Staaten: Die am Ende abgesagte Abstimmung über den American Health Care Act – die von der neuen Regierung ausgearbeitete Neuordnung des amerikanischen Gesundheitswesens – bedeutet die erste krachende Niederlage für Präsident Donald Trump. Dies führt zu Nervosität in einigen Marktsegmenten, die besonders stark von der Hoffnung auf wachstumsfreundliche Impulse der Regierung Trump profitiert haben, wie zum Beispiel amerikanischen Bankaktien. Auch der Staatsanleihenmarkt reflektiert gegenwärtig über fallenden Renditen gestiegenes Misstrauen gegenüber der politischen Agenda von Donald Trump.
Ebenfalls mit sehr gemischten Gefühlen dürfte die Woche in Großbritannien zu Ende gehen. Das Land hat wie erwartet den Scheidungsantrag von der Europäischen Union (EU) eingereicht. Ab jetzt läuft die Zeit, eine saubere Trennung von der EU zu vollziehen und Abmachungen für die Zeit danach zu treffen – eine Herkulesaufgabe, die vermutlich deutlich länger als die veranschlagten zwei Jahre dauern wird. Nicht einfacher macht es in diesem Zusammenhang die Ankündigung der Schotten, zwischen Herbst 2018 und Frühjahr 2019 erneut über ihre Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich abstimmen zu wollen.
Die kommende Woche steht ganz im Zeichen der März- Einkaufsmanagerindizes für eine Reihe wirtschaftlicher Schwergewichte von den USA (Mo) über Großbritannien und Deutschland (Mo) bis China (Mo, Do) und der Frage wie lange die Frühlingsgefühle beim globalen Wachstum noch anhalten werden. Die vorab veröffentlichten Flash-Zahlen deuten zumindest auf eine fortgesetzt starke Wachstumsdynamik hin.
Außerdem erfahren wir mehr über:
1) Die japanische Wirtschaftsstimmung im ersten Quartal (Tankan-Bericht, Mo),
2) die Entwicklung der Währungsreserven in China im März (Fr) und ob sich diese nach der leichten Dollarabwertung weiter sta-bilisieren können und
3) die geldpolitischen Denkprozesse innerhalb der US-Zentralbank, anhand des Sitzungsprotokolls der März-Sitzung (Mi). Hier werden die Anleger auf Hinweise zur Geschwindigkeit weiterer Zinserhöhungen schielen. Schrittweise rückt zudem in den Fokus, wie die Federal Reserve gedenkt, mit den Staatsanlei-hen auf ihrer Bilanz umzugehen.
Handeln.
Wir bleiben bei unserer Einschätzung, dass die starken Wirtschaftsda-ten bis auf weiteres die Kraft besitzen, an den Kapitalmärkten die politische Querelen zu überstrahlen. Dennoch schauen wir mit Argusaugen auf die Dynamik der globalen Konjunkturdaten, die in den kommenden Monaten vermutlich nachlassen wird. Die Wider-standsfähigkeit des Marktes gegenüber politischen Ereignissen könnte also etwas abnehmen. Gleichzeitig gilt, dass einige politische Trends in die richtige Richtung zeigen: So liegt Emmanuel Macron in Umfragen zur französischen Präsidentschaftswahl weiter deutlich vor Marine Le Pen und in Deutschland hat die national-populistische Partei AFD bei der saarländischen Landtagswahl überraschend wenige Stimmen geholt.
Lassen Sie Ihren Frühlingsgefühlen freien Lauf, meint
Ihr
Stefan Rondorf