Allianz | Frankfurt, 24.03.2016.
Als „Big Data“ bezeichnet man im Silicon Valley Informationsmengen, die so groß und komplex sind, dass sie im Grunde nur mit Hilfe eigens dafür entwickelter Instrumente analysiert werden können. Ein Begriff, der gut auf die in der kommenden Woche anstehende Flut an Wirt-schaftsdaten zu passen scheint. Eine Welle von Daten aus dem Euro-raum, aus Großbritannien, aus den USA, China und Japan wird über die Anleger schwappen – und manche Veröffentlichungen könnten durch-aus zu Kursausschlägen führen.
Am Montag geht es gleich mit Einkommens- und Konsumdaten aus den USA los. Bei beiden Indikatoren dürfte im Februar eine Abkühlung fest-zustellen sein, was sich auch auf das US-BIP im ersten Quartal auswirken könnte. Wer sich für die Geldpolitik interessiert, sollte die US-Inflationsrate (PCE – die bevorzugte Datenreihe der Federal Reserve für die Inflationsmessung) am Montag daraufhin überprüfen, ob die neuen Zahlen etwas an den Zinsprognosen für dieses Jahr ändern könn-ten. Aufgrund von Basiseffekten sollte sich die Gesamtinflation im ver-gangenen Monat verlangsamt haben. Die Kernrate könnte sich dagegen auf 1,8% gegenüber dem Vorjahr beschleunigt haben und damit nicht mehr weit vom Zielwert der Fed (2%) entfernt sein.
Am Dienstag dürften widersprüchliche Daten zur japanischen Wirt-schaft veröffentlicht werden. Die Arbeitslosenquote verharrte im Febru-ar wahrscheinlich nahe dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren, und das Verhältnis zwischen offenen Stellen und Bewerbern sollte weiterhin nahe dem höchsten Stand seit 25 Jahren liegen. Aber die Arbeitsmarktsi-tuation scheint für Japans rasch alternde Bevölkerung nur von geringer Bedeutung zu sein. Die realen Konsumausgaben, die einen Anteil von knapp 60% am BIP haben, könnten im Februar im sechsten Monat in Folge zurückgegangen sein. Darüber hinaus werden am Dienstag Daten zum Verbrauchervertrauen in den USA und Italien und zum Geldmengenwachstum im Euroraum veröffentlicht.
Mittwoch ist ebenfalls ein wichtiger Tag. In Europa werden die ersten Verbraucherpreisinflationsdaten für Deutschland für März veröffent-licht. Wegen der niedrigen Energiepreise ist wohl mit einem noch stärkeren Preisrückgang zu rechnen. Außerdem steht der Geschäfts-klimaindex für den Euroraum an; die Schwäche in der Industrie hat zuletzt auch auf den Dienstleistungssektor durchgeschlagen. In den USA werden die ADP-Schätzungen für die Beschäftigung im März bekannt-gegeben; voraussichtlich ist der Anstieg der Beschäftigung schwächer ausgefallen. Und im Fernen Osten erfahren Anleger in Japan, ob sich die Industrieproduktion im Februar nach dem Einbruch zum Jahresbeginn erholt hat.
Auch am Donnerstag stehen mehrere wichtige Daten an – z.B. Auf-tragseingänge im japanischen Bausektor, Arbeitslosenzahlen für Deutschland und das Verbrauchervertrauen in Großbritannien –, wobei die Inflationsrate für den Euroraum wohl die größte Bedeutung haben dürfte. Trotz umfangreicher geldpolitischer Impulse seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) lahmt die Inflation weiterhin. Der erneute Ölpreiseinbruch zum Jahresbeginn 2016 wirkt sich auf die Gesamtinflationsrate aus. Analystenschätzungen zufolge könnten die Preise insgesamt im März ähnlich wie im Februar um 0,2% gegenüber dem Vorjahr gesunken sein. Die Kerninflationsrate dürfte sich dagegen leicht von 0,8% auf 0,9% beschleunigt haben.
Und zum Wochenende hin gibt es ein weiteres Datenfeuerwerk, nämlich Zahlen zum verarbeitenden Gewerbe in China, Großbritannien, Italien und Japan, Arbeitslosenzahlen für den Euroraum und Arbeits-marktdaten für die USA. Besonders wichtig sind dabei die Daten zum verarbeitenden Gewerbe in China (voraussichtlich wird im siebten Monat in Folge ein Rückgang zu verzeichnen sein) und zum US-Arbeitsmarkt. Im März könnten 200.000 neue Stellen geschaffen worden sein (Februar: 242.000) und die Arbeitslosenquote dürfte stabil bei 4,9% liegen. Dieser Zuwachs ist zwar moderat, dürfte aber für einen Anstieg der durchschnittlichen Zahl der Arbeitsstunden und des Durch-schnittslohns ausreichen (vgl. auch unsere Grafik der Woche). Zusam-men mit der zu erwartenden Beschleunigung der Kerninflationsrate, die wir in den Daten am Montag sehen könnten, sollte dies bei den Fed-Beobachtern für weitere Spannung sorgen.
Aus technischer Sicht hat sich die Marktbreite verbessert und der S&P 500 ist über seinen gleitenden 200-Tages-Durchschnitt geklettert. Dennoch deuten die technischen Indikatoren darauf hin, dass man „in der Rallye verkaufen“ sollte. Im Rohstoffsektor scheint sich der Ölpreis einer wichtigen Widerstandslinie anzunähern, was eine erneute Korrek-tur möglich macht. Bei Gold scheint dagegen ein solider Aufwärtstrend zu erkennen zu sein. Anleihen dienen weiterhin als „sicherer Hafen“.
Auf dass Sie die Datenflut in der Hand haben.
Ihr Greg Meier