Pressemitteilung Aberdeen Asset Management: Warum Abe in Japans Wirtschaft hart durchgreifen muss

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 Aberdeen | Frankfurt, 10.02.2015.

Sehr geehrte Damen und Herren, nach Ansicht von Kwok Chern-Yeh, Head of Investment Management Japan, Aberdeen Asset Management, muss der japanische Premier jetzt hart durchgreifen, um die Wirtschaft des Landes wieder auf den Wachstumspfad zu bringen:

„Unabhängig von seinen sonstigen Ambitionen muss die Wirtschaft nun höchste Priorität für Premierminister Shinzo Abe besitzen. Japan läuft Gefahr, wieder in die Deflation abzurutschen, und weitere geldpolitische Anreize der Zentralbank bewirken nur noch geringe Resultate. Abe wird etliche unbequeme Entscheidungen treffen müssen, die seine Beliebtheitswerte sinken lassen werden.

Aber wenn er das Ruder ernsthaft herumreißen und dem nationalen Niedergang Einhalt gebieten will, muss er Geldgeber der Politik, Interessengruppen und selbst Mitglieder seiner eigenen Partei, von denen viele rivalisierenden Flügeln angehören, matt setzen.“

Lesen Sie den gesamten Beitrag von Kwok Chern-Yeh im Original weiter unten.

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Mit freundlichen Grüßen

Dr. Andreas Jaensch
aberdeen@newmark.de
+49 69 944180 15

 

Kwok Chern-Yeh, Kommentar, Februar 2015

Das japanische Filmstudio Toho plant für dieses Jahr die Dreharbeiten für seinen ersten Godzilla-Film seit über zehn Jahren. Puristen ziehen jedoch das ursprüngliche, von einem Mann in einem Gummikostüm verkörperte Monster jedem viele Millionen Dollar schweren Hollywood-Remake vor. Aber das Schwarzweiß-Original aus dem Jahr 1954 hatte eine ernsthafte Anti-Atom-Botschaft, die in Einklang stand mit einem Land, das nur neun Jahre zuvor die Gräuel von Hiroshima und Nagasaki erlitten hatte und durch die amerikanischen Nuklearwaffentests auf dem Bikini-Atoll erneut in einen Alarmzustand versetzt war.

Für japanische Zuschauer, die den zweiten Weltkrieg überlebt hatten, war der Anblick einer Stadt, die von Kräften jenseits ihrer Kontrolle verwüstetet wurde, nicht einmal sehr weit hergeholt.
Es wird erwartet, dass Premierminister Shinzo Abe, der gerade einen Wahlsieg feiern konnte, nunmehr einen Plan zur Wiederaufnahme des japanischen Atomprogramms, das nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima-Daiichi im Jahr 2011 ausgesetzt worden war, vorantreiben wird.

Viele der Menschen, die im vergangenen Monat bei der Wahl zum Unterhaus des Parlaments für die Liberal-Demokratische Partei (LDP) gestimmt haben, haben aber große Bedenken, die wirtschaftliche Zukunft des Landes von einer Energiequelle abhängig zu machen, die extrem anfällig für die bekanntlich hohe seismische Aktivität in der Region ist. Darüber hinaus mögen sie sich unwohl fühlen bei Abes Vision eines selbstbewusster auftretenden Japans und seiner Absicht, die auf den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs beruhende pazifistische Verfassung durch die Erweiterung des Mandats der Streitkräfte über Selbstverteidigung hinaus umzuschreiben.

Und dann gibt es noch „Abenomics“, den Plan des Premierministers zur Wiederbelebung der japanischen Wirtschaft, der diese wieder auf Wachstumskurs bringen soll. Nur allzu gerne interpretiert Abe seinen Wahlsieg als Volksabstimmung über seine Wirtschaftspolitik. Fakt ist jedoch, dass viele Japaner diese für nicht funktionsfähig halten.

Die Preise steigen stärker als die Löhne, und – wie überall auf der Welt – sind die Hauptnutznießer die Reichen, die vom steilen Anstieg der Immobilienpreise und Aktienkurse profitieren. Die Cash hortenden Unternehmen tätigen noch immer keine Investitionen, die im eigenen Land mehr Arbeitsplätze schaffen. Die Menschen können den Nutzen von Abenomics nicht erkennen. Die Umsatzsteuererhöhung vom April schlug sich so stark auf das Konsumentenvertrauen nieder, dass die Wirtschaft wieder in die Rezession abglitt, die Zentralbank gezwungen war, zusätzliche Anreize zu setzen und die geplante weitere Erhöhung der Mehrwertsteuer um 18 Monate verschoben werden musste.

Somit wurde Abe nicht von einer Euphorie-Welle in sein Amt getragen wie Narendra Modi im letzten Jahr in Indien oder auch Barrack Obama bei seinem ersten Wahlsieg 2008. Zwar stimmt es, dass sich die LDP und ihre Partner von der Komeito-Partei zusammen eine komfortable Zweidrittelmehrheit der 475 Sitze des Unterhauses sichern konnten und damit eine so genannte Super-Mehrheit besitzen, so dass die Koalition das Oberhaus der Legislative problemlos überstimmen kann. Allerdings signalisiert die Wahlbeteiligung von rund 52 Prozent vor allem eins, nämlich Gleichgültigkeit.

Die harte Realität ist, dass Abe die Wahl gewonnen hat, weil es keine glaubwürdige Alternative gab. Die oppositionelle Demokratische Partei Japans konnte nach ihrer desaströsen Legislaturperiode von 2009
bis 2012, die durch Unentschlossenheit und interne Grabenkämpfe gekennzeichnet war, das Vertrauen der Wähler nicht zurück erobern. Auch macht sich in Japan Resignation breit, dass das Land den wirtschaftspolitischen Rubikon zwar überschritten hat, dass eine Umkehr oder ein Kurswechsel dem Land aber noch mehr schaden könnten.

Bleibt Abe vier weitere Jahre an der Macht, kann er einer der dienstältesten Premierminister Japans seit dem Zweiten Weltkrieg werden. Allein im letzten Vierteljahrhundert hat Japan 17 Premierminister verschlissen. Abe hingegen könnte lange genug an der Macht bleiben, um etwas zu bewirken – ein Luxus, der nur wenigen seiner Vorgänger vergönnt war.

Unabhängig von seinen sonstigen Ambitionen muss die Wirtschaft nun höchste Priorität für ihn besitzen. Japan läuft Gefahr, wieder in die Deflation abzurutschen, und weitere geldpolitische Anreize der Zentralbank bewirken nur noch geringe Resultate. Abenomics hatte nur zwei Jahre, um Ergebnisse zu liefern. Nur kühnste Optimisten können sich durch das Aufrütteln von Branchen, in denen sich seit einem halben Jahrhundert nichts bewegt hat, echte Fortschritte erhofft haben. Beispielsweise werden aufgrund eines abartigen Systems von Agrarsubventionen japanische Reisbauern von der Regierung dafür bezahlt, dass sie keinen Reis anbauen. Arbeitnehmer (zumindest die Glücklichen unter ihnen, die eine Vollzeitstelle haben) genießen einen so hohen Kündigungsschutz, dass die Unternehmen nicht wagen, neue Mitarbeiter einzustellen. Viele Teile der Wirtschaft sind gegenüber jedem Wettbewerb aus dem Ausland abgeschottet. Rund 70 Prozent der Unternehmen zahlen keine Steuern.

Abe wird etliche unbequeme Entscheidungen treffen müssen, die seine Beliebtheitswerte sinken lassen werden. Aber wenn er das Ruder ernsthaft herumreißen und dem nationalen Niedergang Einhalt gebieten will, muss er Geldgeber der Politik, Interessengruppen und selbst Mitglieder seiner eigenen Partei, von denen viele rivalisierenden Flügeln angehören, matt setzen. Vielleicht kann er einem überdimensionierten, fauchend und stampfend durch eine Stadt stampfenden Filmmonster gleich das Land durch kreative Zerstörung aus seiner Lethargie reißen.

Kwok Chern-Yeh, Leiter Investment Management, Japan, Aberdeen Asset Management

Siehe auch

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