Das Investment: OLG Frankfurt: Streitfrage: Wann greift die Aufklärungsbedürftigkeit?

sjb_werbung_das_investment_300_200SJB | Korschenbroich, 11.08.2015. Laut Bundesgerichtshof spielen die bisherigen Investment-Erfahrungen eines Anlegers für die Aufklärungspflicht eine Rolle.

Der Fall: Ein Anleger, obwohl einschlägig anlageerfahren, klagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten. Er sei insbesondere nicht über das allgemeine Emittentenrisiko aufgeklärt worden.

Das Urteil: Das Oberlandesgericht Frankfurt bejahte die Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers über das allgemeine Emittentenrisiko, obwohl dieser bereits zuvor Zertifikate gezeichnet hatte. Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung auf (Urteil vom 24. Februar 2015, XI ZR 202/13).

Zu den Umständen, die die Beratungspflicht im konkreten Fall bestimmen, gehören die Person und deren Wissensstand über die anstehenden Anlagegeschäfte. Der BGH verwies die Sache zurück an das OLG.

Das meint der Experte

Während das Landgericht Frankfurt die Klage noch abgewiesen hatte, gab das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt) ihr statt. Das OLG bejahte die Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers auch über das allgemeine Emittentenrisiko, obwohl dieser in der Vergangenheit bereits Zertifikate gezeichnet hatte.

Denn der Anleger hatte plausibel angegeben, auch mit diesen Empfehlungen unzufrieden gewesen zu sein.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Entscheidung jedoch auf und verwies die Sache an das OLG Frankfurt zurück. Er bestätigte seine ständige Rechtsprechung, wonach zu den Umständen, die die Beratungspflicht im konkreten Fall bestimmen, die Person des Anlegers und sein Wissensstand über die anstehenden Anlagegeschäfte gehören. Nicht aufklärungsbedürftig sind nur Kunden, die über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit den beabsichtigten Geschäften verfügen oder sich als erfahren gerieren. Pauschale Feststellungen, so der BGH, verböten sich hier. Es käme vielmehr stets auf die konkreten Umstände an.

Die Entscheidung des BGH ist zwar an sich nichts Neues. Sie sensibilisiert jedoch im Hinblick auf die nach wie vor zahlreichen Schadensersatzprozesse. Gerade Zeichner von geschlossenen Beteiligungen haben vielfach mehr als eine Beteiligung erworben.

Zur Rückabwicklung stehen aber meist nur die Beteiligungen an, die sich wirtschaftlich nachteilig entwickelt haben. Es ist daher neben der Risikoaufklärung im konkreten Fall stets von großem Interesse, welche sonstigen Wertpapiere und Vermögensanlagen ein Kläger aufgrund welcher Informationen gezeichnet hatte.

Mit diesen Angaben lässt sich zudem auch die sogenannte Kausalität zwischen einer Fehlberatung und der Zeichnung einer Kapitalanlage an-greifen. Diese kann nämlich entfallen, wenn ein Anleger trotz nachträglicher Risikoaufklärung an vergleichbaren Kapitalanlagen festhält (Bundesgerichtshof vom 8. Mai 2012, XI ZR 262/10).

Von: Philipp Mertens

Quelle: DAS INVESTMENT.

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